Deutsche Startups im Europa-Vergleich: Der European Startup Monitor

Der European Startup Monitor (EMS) 2016 ist frisch erschienen und soll einen umfassenden Überblick über die Gründerszene unseres Kontinents geben. Zwar konnte der zweite ESM seine Datenbasis deutlich ausbauen: Er befragte nun rund 2.500 Startups und mehr als 6.300 Gründer mit über 23.700 Mitarbeitern aus 18 Ländern. Mit 1.224 befragten Startups kommt knapp die Hälfte aller befragten Startups im ESM aber alleine aus  Deutschland.

Neu befragt wurden dieses Mal auch Gründer aus weiteren acht Ländern, u.a. Zypern, Finnland und Portugal. Der Ländervergleich gibt entsprechend gewisse Anhaltspunkte. Die Größe der Stichproben in den einzelnen Ländern unterscheidet sich jedoch stark. Nichtsdestotrotz wollen wir eine vergleichende Übersicht der Ergebnisse vorstellen und zeigen, wo deutsche Gründer eventuell anders ticken.

Der European Startup Monitor 2016 im Überblickesm_2016_teamgroesse

Im Schnitt sind die befragten europäischen Unternehmen 2,4 Jahre alt, gründen am liebsten in der Digitalwirtschaft und über 90% finden ihre aktuelle Geschäftssituation befriedigend bzw. gut. Drei Viertel der befragten Startups sind Team-Gründungen.

Wo sticht Deutschland hervor?

In Deutschland gründen vor allem Menschen mit deutschem Pass, nämlich 92% — in keinem anderen europäischen Land gründen so wenig Ausländer wie bei uns.  Immerhin bieten deutsche Startups ein internationales Arbeitsumfeld, denn rund 30% der Angestellten  kommen aus dem Ausland (was wiederum aber im europäischen Schnitt liegt).

Fokus auf den Heimatmarkt versus Internationalisierung

Die deutschen Startups legen im EU-Vergleich außerdem den stärksten Fokus auf ihren Heimatmarkt (59,6%). Dies hat sicherlich damit zu tun, dass es einen ausreichend großen bzw. starken inländischen Markt für Produkte und Dienstleistungen der Digitalwirtschaft gibt.

Gleichzeitig weisen deutsche Startups mit immerhin 45% ein im Studienvergleich hohes Level an Internationalisierung auf, weitere 33,7% wollen in den nächsten zwölf Monaten weiter expandieren. Jedoch: Knapp ein Drittel der Gründer in Deutschland plant überhaupt keine Internationalisierung und schneidet hier im Vergleich zu den 17 weiteren Ländern am schlechtesten ab, wo 8 von 10 Startups Auslandsmärkte erobern wollen.

Zugang zum Auslandsmarkt

Die größten Hürden bei der Internationalisierung sehen  Startups in der unterschiedlichen Gesetzgebung und Regulierung der anderen Märkte. Auf die Frage, mit welchen Strategien europäische Startups Zugang zu ausländischen Märkten und Kunden bekommen wollen,  gaben die meisten Jungunternehmen an, über Export (rund 40%) bzw. über Partnerschaften mit Firmen des Auslandsmarkt gehen zu wollen (fast ein Viertel). Andere Startups planen Lizenzierungs- oder Franchise-Strategien, Zweigniederlassungen oder Joint-Ventures.

Serial Entrepreneurs leicht überdurchschnittlich in Deutschland

Fast die Hälfte der befragten Deutschen haben bereits einmal oder mehrmals gegründet und liegen damit nur leicht über dem europäischen Durchschnitt. Europaweit lassen sich Gründer nicht einschüchtern:  62% der Befragten würden auch wenn ihr aktuelles Startup scheitern sollte erneut gründen. Die wenigsten Gründer haben bereits Erfahrungen mit Insolvenzen. Nur knapp 6% hatten aus diesem Grund frühere Unternehmungen nicht weiterverfolgt.

Jobmotor Startup

Obwohl im Schnitt erst 2,4 Jahre alt, beschäftigen die europäischen  Jungunternehmen durchschnittlich 12 Personen, inklusive der durchschnittlich 2,5 Gründer im Team. In Deutschland läuft der Jobmotor mit mehr Power, hier sind es 15,4 Angestellte inklusive 3,5 Gründer, nur in der Schweiz und in Finnland sind die Werte höher. Geplant sind außerdem in den nächsten zwölf Monaten im Schnitt 6,6   weitere Mitarbeiter.

Frauen unterrepräsentiert

Die Frauenquote in Startups ist quer durch Europa weiterhin niedrig. Sowohl als Gründer (unter 15%) als auch in Management-Positionen (unter 17%) sind Frauen unterdurchschnittliesm_2016_geschlechtch oft vertreten. In Deutschland liegt dieser Wert noch darunter.

Hier sind noch mal 1 Prozentpunkt weniger Gründerinnen unter den Startups, und auch nur 15,2 % Frauen im Management. Im Vergleich: Großbritannien oder Spanien haben mit 30%  ihre Management-Positionen doppelt so häufig weiblich besetzt.

Finanzierung am häufigsten durch eigene Ressourcen

Europaweit läuft die häufigste Gründungsfinanzierung über Ersparnisse der Jungunternehmer selbst (knapp 85%).   Mit weitem Abstand folgt die Finanzierung über Familie und Freunde (unter 30%) bzw. staatliche Zuschüsse und Darlehen (26,5%).

Deutsche Jungunternehmen beziehen im europäischen Vergleich mit 35,5% nach Österreich und vor Spanien am häufigsten staatliche Fördergelder. Gleichzeitig glauben aber nur die Hälfte der deutschen Startups, dass der Staat sie ausreichend unterstützt bzw. dass die Politik die Bedürfnisse der Startups versteht. Entsprechend ist der Hauptwunsch an den Staat von 60% der befragten  Startups, dass administrative Hürden gesenkt werden, rund 50% wünschen sich Steuererleichterungen bzw. noch mehr Unterstützung bei der Kapitalbeschaffung (33%).

Weitere Herausforderung: Vertrieb

esm_2016_aktuelle_herausforderungenAn sich ist jedoch die größte Herausforderung der befragten Startups der Vertrieb und die Kundengewinnung.  Immerhin drei von vier europäischen Startups kooperieren bereits mit etablierten Unternehmen. Jedoch geben fast 20% der Jungunternehmen diesen Bereich als problematisch an und sind auf der Suche nach Kooperationen mit etablierten Unternehmen. Große Pläne also für die europäischen Startups.

Alle Zahlen für Deutschland stammen aus dem Deutschen Startup Monitor (DSM). Lest hier unseren Kommentar zu den DSM-Ergebnissen.