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Qolware: Mit Smartwatches zu mehr Flexibilität in der Notfallunterstützung

Jeder redet von Digitalisierung – doch wenn ein älterer Mensch zuhause schnell (medizinische) Hilfe braucht, soll er auf den Hausnotruf zurückgreifen. Eine veraltete Technologie, die teilweise auch noch als stigmatisierend empfunden wird – findet zumindest das junge Münchner Startup Qolware. Mit seiner App LOLA will es dazu beitragen, dass Gesundheitsmonitoring und Notfallunterstützung intelligent werden – und so im Zeitalter der Digitalisierung ankommen.

Doch beginnen wir von vorne mit der Frage, wer eigentlich hinter Qolware steht? Ein Team, das Multidisziplinarität großschreibt, wie uns Co-Founderin Therese Tönnies versichert. Die promovierte Psychologin lernte ihre Mitgründerin Christina Soaz — ihres Zeichens Elektroingenieurin — bereits vor sechs Jahren kennen.  Beide sammelten im Rahmen ihrer Doktorarbeiten und ersten beruflichen Schritte Ideen und Eindrücke im Bereich Healthcare. 2016 starteten sie dann mit ihrem Vorhaben, Consumer-Geräte wie Smartphones und Smartwatches auch zum Nutzen von chronischen Patienten und Senioren auszulegen. Heraus kam: LOLA. Ein sensor-basiertes System, das Gesundheitsmonitoring und Notfallunterstützung intelligent machen soll. Aber gibt es sowas nicht schon längst? Therese Tönnies meint dazu:

„Eigentlich nicht wirklich: Derzeitige Lösungen bestehen aus veralteter Technologie — Stichwort Hausnotruf –, welche einerseits als sehr stigmatisierend empfunden wird, andererseits an den tatsächlichen Bedürfnissen der Nutzer vorbeiläuft. Zum Beispiel sollten diese Systeme eigentlich einen sicheren und aktiven Lebensstil fördern, sind jedoch in ihrer Reichweite auf zirka 10 bis 20 Meter beschränkt. Damit ist weder Gartenarbeit, der Spaziergang im Wald oder der Gang zum nächsten Bäcker unterstützt.“

„Wir reden teilweise von digitalen Uhren statt Smartwatches“

Mehr Flexibilität muss also her! Qolware setzt deswegen auf Smartwatches, die man auch „digitale Uhren“ nennen könnte. Denn, so verrät uns Gründerin Tönnies, bereits die Art der Kommunikation kann den Schrecken älterer Menschen vor neuer Technologie nehmen:

„Wir selber reden teilweise einfach von digitalen Uhren statt Smartwatches – und schon ist es ein bekanntes Gerät das man durchaus mal ausprobieren kann.“

Generell geht sie mit der Kritik, ob der Einsatz von digitalen Endgeräten überhaupt realistisch sei, gelassen um.  Ältere Menschen würden sich schließlich auch den Umgang mit Kommunikations-Apps aneignen, um in Kontakt mit der jüngeren Generation zu bleiben und um an deren Leben teilzunehmen.  Aus ihrer Sicht ist es alles eine Frage der Motivation und des tatsächlichen Wertes eines Services.

Welchen Wert hat LOLA also für den Nutzer? Mit Hilfe der Smartwatch werden physiologische Signale wie Körperbewegung und Herzfrequenz oder auch Abweichungen von täglichen Routinen erfasst und einer Analyse unterzogen.  Meint der Algorithmus, einen Notfall zu erkennen — beispielsweise bei einem Sturz –, wird ein Alarm ausgelöst, der manuell auch wieder abgebrochen werden kann.  Genauso manuell kann ein SOS-Call auch vom Nutzer systemunabhängig ausgelöst werden. Das System funktioniert — im Gegensatz zu einem Hausnotruf — ortsunabhängig und kann durch GPS-Tracking im Ernstfall sogar den Rettungskräften bei der Ortung des Trägers helfen. Zum anderen können die so erfassten Daten herangezogen werden, um Gesundheitsrisiken frühzeitig zu erkennen.  Ein weiterer Wert für den Nutzer: LOLA kann als Reminder und Tracking-Tool für die regelmäßige Einnahme der Medikation herangezogen werden. Diese Daten können nicht nur für den Patienten selbst, sondern auch für sein familiäres Umfeld oder seine medizinische Versorgung von Interesse sein.

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Mit seinem Ansatz betritt das Münchner Startup durchaus Neuland, das es auch immer wieder vor Herausforderungen stellt. Denn für die Erkennung von Bewegungs- und Gesundheitsmustern von Menschen, die bewegungsbeschränkt und gesundheitlich nicht einwandfrei fit sind, sind objektive Mess-Tools nötig, die weit über die üblichen Standards wie Schrittzähler oder Kalorienberechnung hinausgehen. Sensorik ist gefragt. Tönnies sieht ihr Startup hier gut aufgestellt:

„Genau hier helfen sowohl der sehr starke Forschungshintergrund unseres Entwicklungs-Teams als auch unsere Partnerschaften mit Kliniken und Forschungsinstituten.“

„Wir sind bereit, die erste Version unserer App auf den Markt zu bringen“

Und wie läuft das Geschäft?

„Wir haben in den letzten 18 Monaten ungefähr 220.000 Euro an öffentlichen Förderungen bekommen, unter anderem von BMWi Exist, EIT Health und ESA. Das hat uns ermöglicht die vielen kleinen und großen technischen Herausforderungen zu meistern, Partner bei den Wohlfahrtsverbänden und im klinischen Bereich zu gewinnen, unsere Strategie zu festigen und nicht zuletzt ein solides Team aufzubauen, so dass wir jetzt bereit sind, die erste Version unserer App auf den Markt zu bringen.“

Denn das Qolware-Team besteht nicht mehr nur aus den beiden Gründerinnen, sondern ist um fünf weitere Mitarbeiter aus den Bereichen Entwicklung, Marketing und Legal & Finances gewachsen.

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Und auch wenn die wenigsten im Team aus München kommen, fühlt sich das junge Startup in der bayerischen Landeshauptstadt wohl, denn:

„München ist ganz klar nicht Berlin, aber vielleicht ist die bayrische Startup-Szene gerade deshalb auch seriöser oder fundierter – sehr viele Startups sind Ausgründungen aus der Forschung, welche, so wie wir, mit solider Basis neue Ansätze in die Bereiche Healthcare, Mobilität und Energie bringen.“

Als seriös und fundiert könnte man auch das Ziel von Qolware einstufen, nämlich ein solides und wertbringendes Wachstum. Und laut Tönnies‘ Einschätzung scheinen die Chancen für genau dieses Ziel gerade ganz gut zu stehen:

„Der Gesundheits- und Pflegebereich ist träge, jedoch gerade jetzt, wo die alten Strategien den demographischen Trend ganz offensichtlich nicht langfristig adressieren können, wird händeringend nach neuen Lösungen und Businessmodels gesucht.“