Foto: 2NA Fish

2NA Fish: Skalierbare Technologie für die Krebsbehandlung

Das Münchner Healthtech-Startup 2NA Fish will Therapieentscheidungen bei Krebs revolutionieren. Die Plattformtechnologie des Startups soll präzise und vorhersagbare Diagnosen für die Krebstherapie ermöglichen, basierend auf der räumlichen Analyse von Genaktivität. Das Gründungsteam Christina Port und Johannes Breulmann hat sich unseren 7 Fragen gestellt.

Zuerst veröffentlicht am: 26. Juli 2024

Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Ihr?

Christina Port, Gründerin 2NA Fish: Personalisierte Medizin erfordert personalisierte Diagnostik. Inzwischen ist bekannt, dass RNA-Biomarker bei der Therapieansprache von Tumorerkrankungen eine entscheidende Rolle spielen. (Anmerkung der Redaktion: RNA = engl. Ribonucleic acid = Ribonukleinsäure). Allerdings liefern vorhandene Technologien zur Analyse dieser RNA-Biomarker entweder nur unzureichende Informationen oder sind aus Kosten- und Komplexitätsgründen für den Einsatz in klinischen Laboren nicht geeignet.

Mit 2NA Fish haben wir eine bahnbrechende Technologie für die räumliche Analyse von RNA-Biomarkern („Spatial Transcriptomics“) entwickelt und patentiert. Wir kombinieren DNA (=Desoxyribonukleinsäure)-Nanotechnologie mit Künstlicher Intelligenz und reichern die Tumoranalyse so um eine neue, derzeit nicht verfügbare räumliche Dimension der RNA-Expression an. Damit möchten wir Therapieentscheidungen in der Krebsbehandlung revolutionieren!

Nanotechnologie in der Tumoranalyse

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Johannes Breulmann, Gründer 2NA Fish: Schön wär’s! Spatial-Transcriptomics-Technologien haben zwar einen regelrechten Boom erlebt in den letzten Jahren und wurden sogar zur „Nature Method of the Year” in 2021 gekürt. Allerdings sind diese Technologien bisher nicht für den Einsatz in der Klinik geeignet. Und zwar aus zwei Hauptgründen: Entweder die Technologien sind zu teuer und komplex in der Anschaffung, Durchführung oder Bildanalyse. Oder die Technologien sind nicht skalierbar. Sprich, sie dienen maximal zur Detektion von drei Biomarkern gleichzeitig, aber nicht zur Detektion von zehn oder zwanzig RNAs, sodass sie in der Anwendung limitiert sind. Unsere Technologie dagegen funktioniert auf der Standard-Ausrüstung, die pathologische Labore bereits jetzt besitzen und kann in bereits bekannte Workflows integriert werden.

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Johannes Breulmann: Ich würde es als „erzwungenen Zufall” bezeichnen. Nach dem Verkauf meines vorherigen Startups, InsureQ, habe ich eine neue Herausforderung gesucht. Mit InsureQ wollten wir eigentlich noch viel höher hinaus. Wir hatten es aber leider verpasst, eine Anschlussfinanzierung für unser 30 Leute starkes Team zu finden. Ich wollte also erneut gründen und am liebsten im Bereich der Biotechnologie, da ich schon seit Kindheitstagen ein Fable für Science-Fiction und die Grenze des wissenschaftlich Möglichen habe. Durch einen ehemaligen Praktikanten von mir, der von dieser Passion wusste, habe ich dann von Christina und ihrem Team an der TUM erfahren.

Fördergelder in Höhe von 1 Millionen Euro

Christina Port: Genau. Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon die Validierung der Technologie erarbeitet und unter viel Schweiß und Tränen Fördergelder in Höhe von über eine Millionen Euro eingetrieben. Gerade die Anfangszeit war brutal schwer und ich habe sämtliche Ersparnisse in die Gründung der Firma gesteckt. Als ich das Gefühl hatte, dass die Technologie jetzt so weit ist, den Schritt aus dem Labor zu gehen, habe ich aktiv nach einem Mitgründer mit Gründungserfahrung gesucht. Dass Johannes dann genau zu dem Zeitpunkt auf uns zugekommen ist, war tatsächlich ein glücklicher Zufall.

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Christina Port: Die allerersten Menschen davon zu überzeugen, an mich und das Produkt zu glauben, war mit Sicherheit eine der größten Herausforderungen bisher. Inzwischen haben wir ja bereits einige Preise und Fördermittel gewonnen, zum Beispiel den Medical Valley Award, den Science4Life Businessplanwettbewerb und auch den Munich Startup Award. Und wir haben prestigeträchtige Partnerschaften geknüpft. Das erleichtert es etwas, weitere gute Kontakte zu knüpfen und auch Investoren von unserer Idee zu überzeugen. Aber die allerersten Schritte waren, wie so oft, die schwierigsten.

2NA Fish: Erste Pilotprojekte gestartet

Munich Startup: Wie laufen die Geschäfte? 

Johannes Breulmann: Als EXIST-gefördertes Startup dürfen wir derzeit noch keine Umsätze machen. Trotzdem haben wir bereits mehrere Pilotprojekte mit renommierten Forschungseinrichtungen gestartet. Erste Umsätze erwarten wir dann gegen Ende des Jahres, wenn die EXIST-Förderung ausgelaufen ist und wir unsere Finanzierungsrunde abgeschlossen haben. Tatsächlich gibt es bereits eine Warteliste an Interessenten für unsere Technologie, die wir allerdings derzeit nur sehr langsam abarbeiten können. Wir haben zwar bereits acht MitarbeiterInnen, würden mit zusätzlichem Personal – insbesondere WissenschaftlerInnen – allerdings deutlich schneller wachsen können.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Christina Port: Das Netzwerk für Startups generell und Biotech-Startups im Speziellen ist bereits wirklich gut. Hervorheben möchte ich da insbesondere das BioM-Cluster, über das wir viele relevante Kontakte und Unterstützung bekommen haben. Aber auch im TUM Inkubator fühlen wir uns Dank Ivana Hecimovic, Joanna Whyte und vieler befreundeter Startups sehr gut aufgehoben. Natürlich gibt es immer etwas zu verbessern und gerade die Bürokratie rund um Verwaltung unserer Fördermittel ist nicht immer einfach – aber das Problem haben andere Standorte vermutlich auch

.Johannes Breulmann: Sehe ich ähnlich. Was aus meiner Sicht noch fehlt, ist eine Art Co-Working-Labspace im Zentrum Münchens – zum Beispiel im Werksviertel oder anderen Orten mit vielen Startups. Die Räumlichkeiten, die BioM mit dem MAxL gerade in Martinsried baut, sind ein gutes Beispiel. Gerne mehr davon.

Selber machen!

Munich Startup: Outsourcen oder selber machen?

Johannes Breulmann: Bisher klarer Fokus auf selber machen. Das gilt sowohl für den Kern unserer Technologie im Labor als auch die erste Kundenakquise. Wir wollen derzeit möglichst viel über unsere Technologie und Kunden lernen. Sobald wir das Gefühl haben, dass die Lernkurve abnimmt (tut sie das jemals?), würden wir es in Betracht ziehen, Produktion und Vertrieb unserer Technologie in andere Hände zu geben.

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