Die ausgewählten Startups gehen aus einem Verfahren hervor, bei dem 347 Unternehmen von Jurys aus InvestorInnen und UnternehmerInnen befragt wurden. Insgesamt hatten sich 969 Startups für den EIC Accelerator beworben. Die 68 ausgewählten Unternehmen erhalten die insgesamt 411 Millionen Euro in Form von Zuschüssen und Kapitalbeteiligungen. Die Gesamtsumme teilt sich dabei in 165 Millionen Euro für die Zuschüsse und geschätzte 245 Millionen Euro für die Kapitalbeteiligungen auf. Letztere orientieren sich an der durchschnittlichen Höhe der Investitionen, die der EIC-Fonds im Rahmen von Horizon Europe tätigt. Die Startups können also jeweils mit knapp 2,5 Millionen Euro Förderung rechnen. Die Kapitalbeteiligung liegt zwischen 0,5 und 15 Millionen Euro.
Die ausgewählten Unternehmen sind geografisch auf 17 Länder verteilt. 21 Prozent der ausgewählten Unternehmen werden von Frauen geführt. Aus München konnten sich in dieser Runde sieben Startups die Förderung sichern: Dcubed, Kiutra, Marvel Fusion, Phlair (früher Carbon Atlantis), Proxima Fusion, Tozero und Turn2x.
Dcubed
Das Münchner Spacetech Dcubed entwickelt und vertreibt unter anderem Aktuatoren, also Auslösemechanismen für entfaltbare Strukturen wie Antennen oder Segel, für die kommerzielle Raumfahrtindustrie und Nanosatelliten. Zudem hat das Startup in den Bereich des 3D-Drucks expandiert. Im Februar 2025 will Dcubed zeigen, wie die Rückenstruktur eines Solarmoduls während des Auslegens im Orbit direkt 3D-gedruckt wird.
Kiutra
Kiutra entwickelt vollautomatische Kühlungslösungen für die Erzeugung extrem tiefer Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt bei -273°C. Dabei setzen die Münchner auf ein magnetisches Kühlverfahren, das – im Vergleich zu konventionellen, auf Helium basierten Kühlmethoden – als äußerst benutzerfreundlich, wartungsarm und skalierbar gilt. So ermöglicht das Startup den Betrieb von Quantentechnologien im industriellen Maßstab.
Marvel Fusion
Das Münchner Startup Marvel Fusion arbeitet an einer auf Lasern basierten Fusionstechnologie zur Energieerzeugung. Die Technologie des Startups soll es ermöglichen, Fusionsreaktionen und Energieerzeugung im Vergleich zum bisherigen Standard deutlich effizienter auszulösen. Hierzu setzt das Unternehmen auf eine spezielle Nanostrukturierung seiner Treibstofftargets, um die Umwandlung der Laserenergie in fusionsrelevante Teilchen präzise zu steuern. Auf diese Weise müsste weniger Energie aufgewendet werden als bisher, um das Brennstoffplasma auf die für den Fusionsprozess nötigen Temperaturen zu erhitzen.
Phlair
Phlair (früher Carbon Atlantis) entwickelt ein elektrochemisches Direct Air Capture-Verfahren für CO2. Das abgeschiedene Gas wird dabei entweder dauerhaft gespeichert oder in kohlenstoffneutralen oder -negativen Produkten verwendet, etwa in der Zementherstellung oder chemischen Industrie (Carbon Capture Use and Storage, CCUS). Dies mache das System kostengünstig, modular und skalierbar, so das Startup.
Proxima Fusion
Mit Proxima Fusion schafft es ein zweites Münchner Fusions-Startup auf die Liste. Die Ausgründung des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) verfolgt den magnetbasierten Fusionsansatz und arbeitet auf dem Prinzip optimierter quasi-isodynamischer (QI) Stellaratoren und Hochtemperatur-Supraleitern. Dabei nutzt das Startup die Ergebnisse des Experiments Wendelstein 7-X (W7-X), dem weltweit größten Stellarator am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik.
Tozero
Tozero hat sich zum Ziel gesetzt, Europas führende Recyclinganlage für Lithium-Ionen-Batterien aufzubauen, mit einem Schwerpunkt auf der nachhaltigen Rückgewinnung von kritischen Materialien wie Lithium und Graphit. Durch die Wiedereinführung dieser Materialien in die Lieferkette möchte das Startup die Herstellung neuer Batterien unterstützen und eine Kreislaufwirtschaft fördern. Im vergangenen Jahr eröffnete Tozero seine Pilotanlage und auch die erste kommerzielle Lieferung von recyceltem Lithium aus Batterieabfällen konnte das Startup bereits feiern.
Turn2x
Turn2x entwickelt sogenannte RNG-Anlagen, bei denen erneuerbares Erdgas (Renewable Natural Gas, RNG) aus Wasser und Kohlenstoffdioxid hergestellt wird. Mittels Elektrolyse wird aus Wasser erst Wasserstoff und durch die Zufuhr von biogenem CO2, das etwa bei der Verbrennung von Biomasse entsteht, dann Methan, also Biogas. Die modularen RNG-Anlagen von Turn2x sollen fossile Brennstoffe ersetzen. Bis 2030 will das Startup so 23 Millionen Tonnen CO2 vermeiden.
Bewerbungsfristen beim EIC Accelerator
Startups können sich weiterhin mit ihren Ideen beim EIC Accelerator bewerben. Sie können ihre Unterlagen jederzeit einreichen, diese sollen dann innerhalb von etwa vier Wochen bewertet werden. Wer die EIC-Kriterien erfüllt, wird aufgefordert, einen Vollantrag zu stellen und zu einem der regulären Stichtage einzureichen. Die nächste Frist hierfür ist der 3. Oktober 2024.