Munich Startup: Was macht Ark Climate? Welches Problem löst Ihr?
Ruth Bosse, Gründerin und CEO von Ark Climate: Wir bauen moderne Software für Klimaschutz in Städten. Städte sind zentrale Spieler in der Klimawende. Denn sie sind für über 100 Megatonnen CO₂ in Deutschland allein zuständig und müssen auch regulatorisch bedingt und durch Druck der Bevölkerung Klimaschutz vor Ort vorantreiben. Ihr größtes Problem ist, dass sie nicht genug Leute haben: Die Klimaschutzabteilung in kleinen Städten ist oft nur eine Person, in größeren Städten sind es dann vielleicht fünf oder zehn Personen. Aber eine ganze Stadt klimaneutral zu bekommen ist natürlich eine Riesenaufgabe. Hier musst Du mit super vielen Stakeholdern arbeiten – und dafür haben die Städte einfach nicht genug Personal. Dazu kommt, dass Klimaschutz eine komplett neue Aufgabe für Städte ist und ihnen Erfahrung und belastbare Daten in diesem Bereich fehlen. Daher hören wir oft Fragen wie „welche Maßnahme bringt eigentlich am meisten, worauf sollten wir uns fokussieren?“.
Was wir mit Ark Climate machen: Wir bieten eine moderne Softwareplattform, die Prozesse vereinfacht und datenbasierte Entscheidungen ermöglicht. KlimaschutzmanagerInnen werden in allen zentralen Aufgaben entlastet. Sei es, dass man alle Informationen jetzt in der Softwareplattform hat und nicht mehr auf dem Desktop, in irgendwelchen Mails oder ausgedruckt in Ordnern oder dass durch AI-Berichte und Kommunikationsmaterial leicht erstellt werden können. Andererseits bringt die Software auch Wissen in die Städte, zum Beispiel dadurch, dass hinterlegt ist, welche Maßnahme wie viele Emissionseinsparungen ermöglicht.
„Eine ganze Stadt klimaneutral zu bekommen ist eine Riesenaufgabe“
Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!
Ruth Bosse: Naja, es gibt natürlich Software für Verwaltungen. Allerdings ist die meistens schon extrem veraltet und hat nicht die Möglichkeit, dass man neue Technologien wie KI integriert. Sie ist auch selten abteilungsübergreifend. Daher müssen ständig Daten von einem Tool in ein anderes übertragen werden. Dann kommt auch dazu, dass das ganze Thema Klima für Rathäuser ein komplett neues Thema ist, und in dem Bereich gibt es in der Tat relativ wenig Software.
Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?
Ruth Bosse: Ich persönlich habe einen Hintergrund im kommunalen Klimaschutz. Ich mache seit 17 Jahren Kommunalpolitik, habe zu politischen Klimaschutzmaßnahmen promoviert und vor der Gründung von Ark Climate bei der Unternehmensberatung McKinsey Städte zu Klimaschutz und -anpassung beraten und dabei unter anderem 2022 den Klimafahrplan für die Stadt Stuttgart entwickelt. Daher kommen meine Expertise und das Netzwerk in dem Bereich. Auf der anderen Seite ist mein Mitgründer Michi Softwareentwickler mit einem starken Fokus auf user centric, leicht zu verwendende Software, was für die Zielgruppe von Verwaltungen super ist.
Wir wissen, dass das ganze Thema Klimaschutz in Städten sowohl in strategischen Fragestellungen als auch in der operativen Umsetzung komplex ist. Genau da greift unsere Software. Sie bringt Struktur in die Prozesse, unterstützt inhaltlich und entlastet so Klimaschutzabteilungen.
Aktuell größte Herausforderung: Risikoaversion
Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?
Ruth Bosse: Die aktuell größte Herausforderung für uns ist die Risikoaversion im öffentlichen Sektor. Wir sehen schon, dass viele Rathäuser zögerlich sind, mit jungen Unternehmen zu arbeiten. In den Ausschreibungen wird zum Beispiel oft erwartet, dass man den Umsatz von vor drei Jahren angibt, oder zehn oder 20 Mitarbeitende in der Firma angestellt sind. Das wird uns langfristig helfen, wenn wir das Vertrauen der Städte gewinnen und uns einen Namen machen. Was wir schon jetzt sehen: Wenn Du einmal einen Kunden von Dir überzeugt hast, möchte er gerne wieder mit Dir arbeiten und empfiehlt Dich weiter. Aber den Markteintritt macht das natürlich schwerer. Um das anzugehen, kooperieren wir oft mit etablierten Partnern wie regionalen Klimaschutzberatungen oder Ingenieursbüros.
Munich Startup: Wie laufen die Geschäfte?
Ruth Bosse: Aktuell haben wir fünf Kunden. Das sind die Stadt Kassel, der Landkreis Freising hier im Münchner Raum, der Landkreis Calw und die Städte Quedlinburg und Überlingen. Wir haben damit kombiniert einen Umsatz von ungefähr 300.000 Euro.
Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?
Ruth Bosse: Man merkt, dass eine sehr starke Vernetzung zwischen Universitäten und dem Startup-Ökosystem da ist, beispielsweise über die UnternehmerTUM oder das CDTM, wo mein Mitgründer auch war.
Gerade im Climate-Bereich passiert in München sehr viel. Es gibt relativ viele Deep-Tech-Startups mit wahnsinnig spannenden Produkten und generell viele Ausgründungen aus der Wissenschaft.
Ark Climate: Beitrag zu besserer Politik und mehr Veränderung
Munich Startup: Hidden Champion oder Shooting Star?
Ruth Bosse: Oh, definetly shooting star! Veraltete, nutzerunfreundliche Software ist nämlich nicht nur ein Problem städtischer Klimaschutzabteilungen, sondern allgemein im öffentlichen Sektor. Wir wollen deshalb langfristig über den Klimaschutz hinaus moderne Software für Regierungen entwickeln. Dazu gehören zum Beispiel Bürgerservices, wie die Online-Passbeantragung oder auch Tools für das Steuer- und Haushaltsmanagement für die Kämmerei. Unsere Vision ist es, ein Operating-System für Regierungen weltweit zu bauen. Wir wollen es PolitikerInnen und Verwaltungsangestellten ermöglichen, effektiver zu arbeiten, bessere Entscheidungen zu treffen und näher an den Bürgern und Bürgerinnen zu sein. Ich persönlich hoffe auch, damit einen Beitrag zu besserer Politik und mehr Veränderung leisten zu können.