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Audavis: KI-Co-Pilot für die Wirtschaftsprüfung

Die Wirtschaftsprüfung steht unter massivem Druck – strengere Regulierungen, steigendes Haftungsrisiko und akuter Fachkräftemangel setzen die Branche unter Stress. Audavis kombiniert Künstliche Intelligenz, Datenanalyse und Branchenexpertise, um Prüfende zu entlasten und Prüfprozesse effizienter zu gestalten. Mit vollautomatisierter Datenaufbereitung und intelligenter Anomalieerkennung bietet das Münchner Startup eine bahnbrechende Lösung, die Zeit spart, Fehler reduziert und die Prüfung technologisch unabhängig macht.

Munich Startup: Was macht Audavis? Welches Problem löst ihr?

Audavis: Wirtschaftsprüfer stehen derzeit unter einem enormen regulatorischen Druck immer neue Berichtspflichten von Unternehmen zu prüfen. Gleichzeitig wird erwartet, dass die Prüfung immer tiefer und detaillierter stattfindet und dem Prüfer nichts entgeht. Für die Branche kommen immer weiter verschärfte gesetzliche Haftungspflichten hinzu, was es zunehmend schwieriger macht, wirtschaftlich und ohne erhöhtes persönliches Haftungsrisiko Prüfungsaufträge zu bearbeiten.

In diese schwierige regulatorische Entwicklung kommt ein immer schlimmerer Fachkräftemangel hinzu. Laut einer Erhebung der FAZ aus dem Jahr 2022 sind über 33 Prozent der Wirtschaftsprüfer älter als 60 Jahre und 75,3 Prozent der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften leiden unter akutem Fachkräftemangel. Hinzu kommt, dass die Ausbildungszeiten neuer Wirtschaftsprüfer selbst nach abgeschlossenem Studium noch Jahre erfordert und daher sehr lange ist.

Die Audavis-Plattform vereint Datenanalyse, KI und Branchenexpertise, um Wirtschaftsprüfern über den gesamten Prüfungsprozess zu Co-pilotieren. Dabei übernimmt Audavis automatisiert die Aufbereitung und KI-gestützte Vorbeurteilung komplexer ERP- und Buchhaltungsdaten, womit Abschlussprüfer bis zu 60 Prozent der Arbeitszeit einsparen können – gerade in Zeiten des gravierenden Fachkräftemangels in der Branche ein echter Game Changer. Daneben setzt Audavis statt der bisher oft eingesetzten statistischen Stichprobenverfahren auf eine Vollprüfung aller Buchhaltungsdaten und identifiziert besonders auffällige Transaktionen, damit die Prüfer hier tiefer einsteigen und ihre fachliche Expertise zielgerichtet und wirkungsvoll entfalten können. Damit reduziert Audavis das Haftungsrisiko, einen besonders schweren Fehler in den Finanzdaten zu übersehen, erheblich.

Darüber hinaus wird Audavis im zweiten Evolutionsschritt auch für Unternehmen als kontinuierliche interne Revisionstätigkeit (Continuous Auditing) für CFOs und die Interne Revision interessant werden.

Audavis ist Pionier bei der KI-Datenaufbereitung

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst! 

Audavis: Der Markt bietet bisher für die Jahresabschlussprüfung keine KI-gestützte, voll-automatisierte Datenaufbereitung, hier ist Audavis der Pionier und wird mit dem Artificial Auditor ein weiteres Alleinstellungsmerkmal in der alltäglichen Prüfung etablieren.

Im Bereich Datenanalysen für Wirtschaftsprüfer gibt es auf dem Markt einige Datenanalyseanbieter, die Lösungen zur Verfügung stellen, mit denen wir inhaltliche Schnittmengen haben. Diese basieren allerdings darauf, dass Datenanalysten viel manuelle Arbeit in die Aufbereitung und Analyse von Daten stecken müssen, was die Kosten enorm nach oben treibt. Audavis hingegen ermöglicht es dem fachlich orientierten Wirtschaftsprüfer, ohne fachliche Kenntnisse direkt mit den Daten zu interagieren, ohne dass Services in Anspruch genommen werden müssen. Wir haben die Tätigkeiten von Data Engineers und Datenanalysten auf unserer Plattform automatisiert. Durch diesen Ansatz können wir unseren Kunden einen enormen Mehrwert zu einer nie dagewesenen Kosteneffizienz anbieten. Damit geben wir jedem Wirtschaftsprüfer die Hoheit über den zu prüfenden Buchungsstoff, der sich heutzutage in komplexen Datenmodellen verschiedener ERP-Systeme wie z. B. SAP, Sage oder Datev verbirgt, zurück.

Audavis bietet die Daten-Automatisierung und viele KI-Lösungen für den kleinen Prüfungsbetrieb bis hin zum Global Player bzw. den Big-4-Prüfungsgesellschaften an. Die Big-4 arbeiten an ihren eigenen Lösungen, die jedoch nicht die Ergonomie für den Prüfer bieten und nicht auf neutraler Plattform arbeiten. Wir sorgen demnach für eine Demokratisierung der Daten- & KI-Fähigkeiten in der Wirtschaftsprüfung und machen die technologischen Fähigkeiten der Prüfer unabhängig von der Größe und dem Budget der internen Entwicklungsabteilungen.

Idee kam bei Projektabschluss-Feier

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory? 

Audavis: Unser Mitgründer Philipp Roebruck war bei einer Big-4-Gesellschaft neun Jahre als Wirtschaftsprüfer tätig und hat nach erfolgreich abgelegtem Examen immer eine Frustration verspürt, sein Fachwissen nie mit einem Gefühl des absoluten Gesamtüberblicks über sämtliche Buchhaltungs- und ERP-Daten seiner Mandanten einsetzen zu können. Es ist heute nach wie vor üblich, mittels statistischer Stichproben große Mengen an Daten prüferisch zu verarbeiten, dabei fehlt aber häufig der Überblick über die Grundgesamtheiten und ihre verschiedenen Subpopulationen und Prozesse. Philipp hat sich daher in den Bereich Audit Data & Analytics und später in den Bereich Forensic Data & Analytics weiterentwickelt, wo er dann fortgeschrittene Massendatenanalysetechniken und KI-Modelle eingesetzt hat, um genau diesen Gesamtüberblick zu gewinnen. Im Rahmen dieser Tätigkeit hat er im Rahmen eines Projektes seine Mitgründer Benjamin Aunkofer und Otrek Wilke kennengelernt. Bei einem schönen Dinner zur Feier eines erfolgreichen Projektabschlusses kam uns letztlich die Frage: Wie setzt eigentlich der Mittelstand mit seinen 70 Prozent Marktanteil ohne große eigene IT-Abteilungen diese Technologien in der Wirtschaftsprüfung ein? Damit war die Idee zu Audavis geboren, die wir auf den gesamten Prüfungsmarkt projizieren wollen.

Nachhaltige Softwareentwicklung

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen? 

Audavis: Audavis hat einen enorm hohen Automatisierungsgrad und skaliert vollständig horizontal. Dies macht den Entwicklungsprozess natürlich extrem herausfordernd. In der Zusammensetzung zwischen den Technologien, die wir nutzen und selbst entwickeln, betreten wir an einigen Stellen ziemliches Neuland und müssen uns selbst zu helfen wissen. Wir haben uns auch bewusst dagegen entschieden, etwas zu bauen von dem wir wissen, dass das jetzt erstmal irgendwie funktioniert, in dem Wissen, die Dinge später nochmal komplett neu machen zu müssen. Wir haben uns direkt für nachhaltige Softwareentwicklung entschieden, dafür braucht man allerdings einen enorm langen Atem und eine hohe Resilienz. Zudem ist es schwerer, Investoren von einer Idee zu überzeugen, wenn man nur eine Demo und einige Absichtserklärungen vorzuweisen hat, als wenn es bereits erste Umsätze gibt. Wir sind aber überzeugt, dass dieser Weg in diesem Jahr Dividenden zahlen wird.

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Audavis: Aktuell sind wir dabei, die Kernfunktionalitäten unserer Plattform für die ersten sehr selektiv ausgewählten innovativen Wirtschaftsprüfer zugänglich zu machen. Diese sehr vorsichtige Markteinführung wollen wir Ende Q2 des Jahres hinter uns lassen und die Plattform dem gesamten Markt frei zugänglich machen. Parallel werden wir bis Ende des Jahres alle verbleibenden Features für eine vollumfängliche Co-Pilotierung des gesamten Prüfungsprozesses technisch implementiert haben und unseren Kunden eine nie dagewesene Erfahrung bieten, ihre fachlichen Fähigkeiten auszuspielen. In drei bis fünf Jahren wollen wir Branchenstandard werden und damit dafür sorgen, dass alle Wirtschaftsprüfer unabhängig von der Größe ihrer Gesellschaft Technologie auf höchstem Niveau für ihre Jahresabschlussprüfung einsetzen können.

München bietet unvergleichliches Ökosystem

Munich Startup: Wie habt ihr den Startup-Standort München bisher erlebt? 

Audavis: München bietet ein unvergleichliches Ökosystem. Wir drei Gründer kommen alle aus hochspezialisierten fachlich getriebenen Berufen und Entrepreneurship war für uns damals komplettes Neuland. In München haben wir allerdings bei Baystartup sehr früh Unterstützung und Coaching bekommen, parallel wurden wir mit verschiedenen Risikokapitalgebern und Business Angels zusammengebracht und konnten die Resonanz auf unsere Idee im Münchner Businessplan Wettbewerb testen. Ich halte es für enorm wichtig, dass Erstgründern wie uns durch Organisationen wie Baystartup die Einführung in die Startup-Welt und die erste Kontaktaufnahme zu den relevanten Playern erleichtert wird.

Munich Startup: Outsourcen oder selber machen? 

Audavis: Wir entwickeln unsere komplette Software inhouse. Wir glauben daran, dass nur absolute Randgebiete outgesourced werden sollten und gerade junge Unternehmen lieber einen kleinen, aber sehr schlagkräftigen Kern an Know-how-Trägern im Unternehmen haben sollten.

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