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Marie-Helene Ametsreiter: Investorin mit Impact

Marie-Helene Ametsreiter ist General Partner bei Speedinvest. 2023 wurde sie von XTB als Deutschlands #1 Top-Investorin ausgezeichnet. Sie setzt auf Klima- und Industrietechnologien und bringt Startups mit etablierten Unternehmen zusammen. Wie sie den Markt sieht und was sie antreibt? Das verrät sie im "Women in Tech"-Interview.

Munich Startup: Was war Dein bisheriger Karriereweg?

Marie-Helene Ametsreiter: Nach meinem Wirtschaftsstudium in Wien und Kalifornien ging es für mich in die Telekommunikationsbranche. Dort arbeitete ich mich Schritt für Schritt nach oben, bis ich schließlich Vorständin der Telekom Austria Group war. Danach wechselte ich zu OMV, Österreichs umsatzstärkstem Unternehmen, wo ich die globalen Nachhaltigkeits- und ESG-Strategien verantwortete. 2014 kam ich zu Speedinvest – seitdem gestalte ich hier aktiv mit, baue auf, entwickle weiter und sorge mit dafür, dass Speedinvest erfolgreich wächst.

Munich Startup: Was hat Dich dazu motiviert, im Investment-Bereich mit Startups zu arbeiten?

Marie-Helene Ametsreiter: Bei Speedinvest kann ich meine Erfahrungen aus der Konzernwelt mit dem frischen Wind der Startups verbinden. Startups sind die Innovationstreiber, die mit ihren Ideen die Welt verändern. Konzerne bieten die Ressourcen, vor allem finanzieller Art, um diese Ideen in großem Maßstab umzusetzen. Unsere Aufgabe ist es, diese beiden Kräfte zu bündeln, um gemeinsam eine nachhaltige und erfolgreiche Zukunft zu gestalten.

Europa als Vorreiter in Climate- und Industrial-Tech?

Munich Startup: Welche Technologie oder Branche findest Du persönlich aktuell besonders interessant?

Marie-Helene Ametsreiter: Mich begeistert der Bereich Climate- und Industrial-Tech. Startups, die die Klimakrise bekämpfen und die Industrie modernisieren, haben enormes Potenzial. Da sich einige US-Investoren zurückziehen, haben wir in Europa die Chance, hier eine Vorreiterrolle einzunehmen. Wir haben ein dezidiertes Team aus vier Personen, das sich ausschließlich um den Bereich Climate- und Industrial-Tech kümmert. Mich sprechen jedenfalls Technologien und Innovationen an, die einen positiven Impact auf unsere Wirtschaft oder Gesellschaft haben können.

Marie-Helene Ametsreiter: Diversität als Erfolgsfaktor

Munich Startup: Welche Vorteile bringen Deiner Ansicht nach divers aufgestellte Gründungs- oder auch VC-Teams mit sich?

Marie-Helene Ametsreiter: Diversität ist für mich ein absoluter Gamechanger! Nicht, weil es „politisch korrekt“ ist, sondern weil diverse Teams nachweislich besser performen. Sie sind innovativer, kreativer und treffen fundiertere Entscheidungen. Das ist wirtschaftliche Vernunft!

Natürlich sehe ich, dass das Thema Diversität aktuell an Rückenwind verliert. Aber gerade deshalb dürfen wir uns nicht entmutigen lassen! Ich versuche als berufstätige Frau und Mutter zweier Töchter als Vorbild zu fungieren. Die Möglichkeiten und Freiheiten, die uns Menschen durch harten Kampf und Mut über viele Generationen eingeräumt haben, müssen wir nutzen und ausfüllen.

Munich Startup: Was sind Deine drei liebsten Arbeitstools?

Marie-Helene Ametsreiter: Ich könnte natürlich die ausgefallensten Tools aufzählen, aber am Ende des Tages läuft 90 Prozent meiner Arbeit über die Basics: E-Mail, Slack und Zoom. Ohne die geht’s einfach nicht. Und seit zwei Jahren natürlich auch ChatGPT.

Pitching: Zeigt Eure menschliche Seite

Munich Startup: Dein Top-Tipp zum Thema „Pitchen“?

Marie-Helene Ametsreiter: Beim Pitchen geht es nicht nur um Zahlen und Fakten. Mein Top-Tipp: Zeigt Eure menschliche Seite. Venture Capitalists investieren in Menschen, besonders in der Frühphase. Sie wollen spüren, dass Ihr ein Team mit Leidenschaft, Resilienz und einer klaren Vision seid. Seid authentisch, zeigt Eure Begeisterung und macht deutlich, warum gerade Ihr die Richtigen seid, um diese Idee zum Erfolg zu führen.

Munich Startup: Erscheint es Dir gerade als eine gute Zeit, um zu gründen? Warum?

Marie-Helene Ametsreiter: Ich glaube, dass die aktuellen globalen Herausforderungen auch viele Chancen für Gründerinnen und Gründer bieten. Gerade jetzt werden innovative Lösungen gebraucht, um die Probleme unserer Zeit zu lösen. Es gibt viele spannende Technologien, die darauf warten, angewendet zu werden, und InvestorInnen, die nach guten Ideen suchen. Wenn man mit Leidenschaft und einem starken Team an eine gute Idee glaubt, ist es immer eine gute Zeit, um zu gründen. Gerade aus und in Krisen entstehen die besten Innovationen.

München als Startup-Hub weiterentwickeln

Munich Startup: Was könnte aus Deiner Sicht am Startup-Standort München noch verbessert werden?

Marie-Helene Ametsreiter: München hat eine beeindruckende Startup-Szene und eine Top-Notch-Industrie. Die Vernetzung zwischen Startups und etablierten Unternehmen bietet noch viel Potenzial. Diese Konzerne sind nicht nur als Investoren, sondern vor allem als Kunden für Startups relevant.

Initiativen wie das UnternehmerTUM leisten hier bereits hervorragende Arbeit. Wenn wir diese Vernetzung intensivieren, können wir die Innovationskraft Münchens deutlich steigern und den Standort als führendes Innovationszentrum etablieren. Bereits heute wird München als klarer Deeptech-Hub in Europa gesehen.

Auch München als innovative Stadt kann als Vorreiter-Kunde für Startups ein entscheidender Game-Changer sein. Wir werden in Zukunft vermehrt Govtech-Lösungen sehen.

Munich Startup: Welche Investorin oder welchen Investor würdest Du gerne einmal persönlich treffen? Und was würdest Du sie oder ihn fragen?

Marie-Helene Ametsreiter: Warren Buffett. Ich habe ihn vor 20 Jahren auf der Bühne erlebt – und war absolut gefesselt von seinen Aussagen. Ich würde ihn fragen, wie wir Europas Kapitalmarkt stärken können, um langfristig unsere Innovationskraft zu sichern.

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