Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Ihr?
SmartAIs: Blinde Menschen kämpfen täglich mit vielen Herausforderungen, wenn sie draußen unterwegs sind. Das größte Problem? Objekte auf Gehwegen, gegen die man ständig mit dem Blindenstock oder dem Körper stößt. Das ist frustrierend und anstrengend.
Wir lösen dieses Problem mit einer einfach zu bedienenden Smartphone-App, die in Echtzeit mithilfe der Smartphone-Kameras und Künstlicher Intelligenz die Umgebung analysiert und vor Objekten warnt. So wissen NutzerInnen immer genau, ob sich Objekte vor ihnen befinden – und können rechtzeitig ausweichen. Während der Nutzung wird das Smartphone ganz einfach in einer speziell entwickelten Brusttasche verstaut. Was simpel klingt, ist eine echte technische Innovation: Als erstes Unternehmen haben wir ein fortschrittliches System des computerbasierten Sehens auf das Smartphone gebracht.
Unsere langfristige Vision? Ein multifunktionaler KI-Assistent, der in verschiedensten Alltagssituationen unterstützt – und so mehr Freiheit und Selbstständigkeit im Alltag ermöglicht.
Unterstützung beim Gehen mit dem Blindenstock
Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!
SmartAIs: Eben nicht! Blindenstöcke erfassen nur Objekte in Bodennähe, und man muss sich ständig konzentrieren. Blindenführhunde sind mit Kosten von 40.000 Euro extrem teuer und kaum verfügbar. Herkömmliche, auf Laser oder Ultraschall basierende Erkennungssysteme erzeugen viele Fehlalarme und verunsichern deshalb eher. Andere KI-Lösungen nutzen Spezialhardware, die teuer, schwer und unpraktisch ist. Wir haben als erstes Unternehmen einen Assistenten auf das Smartphone gebracht, der beim Gehen mit dem Blindenstock unterstützt.
Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?
SmartAIs: Yamen und Said haben sich 2023 – mit ihrem Hintergrund in KI, Robotik und computerbasiertem Sehen – die Frage gestellt, ob sich solche Technologien nicht auch einsetzen lassen, um benachteiligten Gruppen zu helfen. Die Idee: Wenn man Robotern beibringen kann zu sehen, dann kann man damit auch hilfreiche Unterstützung für blinde Menschen entwickeln.
Sascha stieß zum Projekt, nachdem die beiden es ein paar Monate neben Job und Studium vorangetrieben hatten, und brachte umfassendes Know-how zum Aufbau von Startups mit. Anfang 2024 kam Anika mit ihren wichtigen Fähigkeiten in nutzerzentrierter Entwicklung über die Digital Product School der UnternehmerTUM ins Team.
Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?
SmartAIs: Die größte Herausforderung war und ist es, Präzision und Nutzerfreundlichkeit in Einklang zu bringen – und so eine Lösung zu schaffen, die wirklich hilft. Eine App für Menschen zu entwickeln, die nicht sehen können, erfordert völlig eigene UX-Prinzipien.
Unsere Herangehensweise: extrem nah mit den Betroffenen entwickeln, Gespräche führen, gemeinsam Spaziergänge machen, viel und früh testen. Und: kontinuierlicher Austausch mit Blindenorganisationen – denn sie wissen am besten, was wirklich gebraucht wird. Nah an den NutzerInnen zu entwickeln und direktes Feedback zu bekommen – egal ob positiv oder kritisch – ist genau das, was uns jeden Tag motiviert.
Vorreiter für KI-basierte Alltagshilfen
Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?
SmartAIs: In einem Jahr haben wir erfolgreich den Verkauf unserer Lösung gestartet – und die Blinden-Community sieht uns als einen der Vorreiter bei der Entwicklung von KI-basierten Alltagshilfen. In fünf Jahren nutzen viele Betroffene weltweit unseren multifunktionalen Assistenten, der sie bei unterschiedlichsten Herausforderungen im Alltag unterstützt.
Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?
SmartAIs: München bietet ein starkes Gründungsnetzwerk, Zugang zu Förderungen und eine hohe Dichte an Tech-Talenten. Besonders im Bereich KI gibt es viele Anknüpfungspunkte. Wenn man in Deutschland gründen will, dann in München! Gleichzeitig wünschen wir uns mehr Sichtbarkeit und Austausch zwischen Startups mit sozialem Impact – hier ist noch Luft nach oben.
Munich Startup: Outsourcen oder selber machen?
SmartAIs: Beides! Unser Anspruch ist es, strategisch wichtige Bereiche mit unserem Team abzudecken – insbesondere UX, KI-Entwicklung und die Verbindung zur Community. Für technische oder rechtliche Spezialthemen setzen wir gezielt auf externe Partner. Der Schlüssel liegt für uns im klaren Fokus: Alles, was NutzerInnen und unsere Core-Tech betrifft, machen wir selbst.