Die Caurus-Gründer Henrik und Philippe Telle (v. l.)
Foto: Caurus Technologies

Caurus Technologies: Smarte Hilfe gegen Waldbrände

Waldbrände aus der Luft präziser bekämpfen – mit digitaler Sensorik und innovativer Löschtechnik will Caurus Technologies genau das ermöglichen. Das Münchner Startup entwickelt ein System, das Einsatzkräfte schützt, Ressourcen spart und CO2-Emissionen senken kann.

Munich Startup: Was macht Caurus? Welches Problem löst Ihr?

Caurus Technologies: Caurus Technologies entwickelt ein modulares System zur Waldbrandbekämpfung aus der Luft, das Digitaltechnologie mit innovativen Löschansätzen vereint. Ziel sind eine erhöhte Abwurfpräzision und damit ein effizienterer Wassereinsatz sowie die Verbesserung der Sicherheit für Einsatzkräfte und die Verringerung von CO2-Emissionen.

Das System umfasst zwei Elemente: eine Sensorplattform mit Software zur Erfassung und Auswertung von Boden-, Feuer- und Wassereinsatzdaten sowie ein Dispersionslöschmodul basierend auf einer Aerosol-Wasser-Wolke. Die Daten ermöglichen einen präziseren Abwurf des Löschwassers beim Einsatz, gleichzeitig messen sie die Löschwirkung. Die Aerosol-Wasser-Wolke hat das Potenzial physikalisch bis zu zehnmal effektiver zu löschen.

Der Caurus-Sensor ist bereits bei Testflügen im Rahmen von Brandschutzübungen oder auch bei kommerziellen Außenlastflügen im Einsatz. Das Dispersionslöschsystem befindet sich noch im Laborstadium. Derzeit fokussieren wir unsere Ressourcen darauf, den Caurus-Sensor und die dahinterstehende KI zur vollständigen Marktreife zu bringen, um eine Vorserie produzieren zu können.

Lücke im System: Was Caurus besser macht als Drohnen und Satelliten

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Caurus Technologies: In der Tat gibt es etliche Innovationen, bei denen mittels Daten Waldbrandbekämpfung verbessert werden soll. Zum Beispiel Drohnen und Satelliten, die Daten sammeln und an Brandeinsatzleitungen übermitteln, die damit ihre Einsatzentscheidungen treffen können.

Waldbrandeinsätze sind jedoch komplexe Vorgänge, die eine Koordination verschiedener Einsatzkräfte erfordert. Zu den Einsatzkräften am Boden kommen oft Löschflugzeuge oder Hubschrauber hinzu. Und sobald Hubschrauber mit den Löschmittelbehältern fliegen, dürfen keine Drohnen mehr im selben Bereich unterwegs sein, um ein Kollisionsrisiko auszuschalten. Gleichzeitig liefern Satelliten – bei sehr hohen Investitionen – nur etwa alle zwei bis drei Stunden, aber eben nicht in Echtzeit Bilder. Und letztlich tragen weder Satelliten noch Drohnen Löschmittel mit sich. Das heißt, es brauchen also immer Schnittstellen und wertvolle Zeit bis zur Brandbekämpfung geht verloren.

Hier ergänzt das Caurus-System eine für den Einsatzerfolg wesentliche Lücke. Der Caurus-Sensor kann einfach und schnell zwischen Hubschrauber und Löschmittelbehälter gehängt werden. Von dort aus sendet er quasi in Echtzeit-Bilder vom aktuellen Brandgeschehen sowie von den Aktionen des Löschmittelbehälters unterhalb des Luftfahrzeugs, zum Beispiel den Wasserablass. Ganz wichtig ist hierbei, dass er nicht nur Bilder generiert, sondern auch die Wirkung des Wassers auf das Feuer am Boden misst. Damit kann eine Einsatzleitung wirklich einschätzen, ob es sicher ist, die Bodeneinsatzkräfte loszuschicken oder ob weitere Lufteinsätze vorher geflogen werden müssen. Das optimiert den Einsatz aller bestehender Ressourcen und erhöht auch die Sicherheit der Einsatzkräfte.

Und als nächsten Schritt planen wir die ergänzende Weiterentwicklung des Systems mit einem Wasserbehälter, der abwerfbar sein und erst über oder im Brandherd mittels einer Aerosol-Wasserwolke löschen soll. Das gibt es so noch nicht.

Von der Urlaubserfahrung zur Innovation

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Caurus Technologies: Das Unternehmen wurde 2022 von einem Team aus Ingenieuren, Managern und Finanzexperten aus den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Verteidigungstechnologie, Unternehmensentwicklung und Finanzen gegründet.

Die Idee für das innovative integrierte System zur Bekämpfung von Waldbränden aus der Luft entstand aus einer persönlichen Erfahrung heraus während eines Urlaubs in Südfrankreich. Caurus Technologies CEO Philippe Telle beobachtete, wie Hubschrauber über den Waldbränden, die in der Nähe seines Urlaubsorts wüteten, ihre Wasserladung ein ums andere Mal über den Wipfeln abließen, anscheinend ohne sichtbaren Effekt. Philippe fragte sich daraufhin, ob es nicht wirksamere Methoden der Brandbekämpfung gäbe: näher am Brandherd, wo das Löschen am effektivsten wäre. Auch die Verbesserung der Einsatzpräzision und die Erhöhung der Sicherheit für das Personal in der Luft und am Boden spielten eine wesentliche Rolle. Viele ExpertInnen-Interviews später kristallisierte sich dann die Idee heraus, den Löschvorgang zu digitalisieren, dem Wasser so digitale „Augen“ zu geben und eine andere Form der Wasserausbringung aus der Luft entwickeln.

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Caurus Technologies: Wie jede Technologie beginnt man mit einer Vision, die relativ offensichtlich erscheint. Der Teufel steckt im Detail, sei es in der Beschaffung und dem Ausprobieren des richtigen Equipments oder in der Entwicklung der Analyse-Software. Derzeit fokussieren wir uns auf das Training der KI zur Auswertung und Analyse der von den HD und IR-Kameras produzierten Bilder. Wir wussten, dass die Entwicklung der KI anspruchsvoll wird und das Sammeln von viel Datenmaterial während vieler Flugstunden benötigt. Denn wir müssen die KI hinter der Software trainieren, genau zu erkennen, was unter dem Hubschrauber am Boden vor sich geht. Wir müssen also viele Flugpartner finden und hier und da auch an der Verbesserung der Software arbeiten.

Und natürlich benötigen wir weiterhin Kapital, Anwender und immer wieder technische Kooperationspartner, mit denen wir die nächsten Phasen entwickeln können.

Vision für die Zukunft: Marktführer in Sachen Waldbrandschutz

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Caurus Technologies: Wir möchten der führende Anbieter für Kunden des privaten wie öffentlichen Sektors sein, die mit dem Schutz des Waldes aus der Luft befasst sind. Also Katastrophenschutz, Waldbesitzer oder Versicherungen, die Interesse haben an einem System, mit dem wertvoller Waldbestand geschützt sowie CO2-Emissionen und wirtschaftliche Schäden vermieden werden können. Klimaextreme, Trockenheit und damit Wasserknappheit nehmen weltweit zu. Es ist also Zeit für Innovation der Löschtechnik. Und natürlich gibt es auch Möglichkeiten, den Sensor und seine Software für die Präzisierung von anderen Außenlast-Einsätzen eines Hubschraubers zu nutzen. Oder ihn sogar bei unbemannte Trägersystemen oder Flugzeugen einzusetzen.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Caurus Technologies: Das Bayrische Innenministerium, das für Katastrophenschutz zuständig ist, investiert bereits seit längerem in Lösungen zur Luftunterstützung von Brandbekämpfung für die teilweise schwer zugänglichen, brandgefährdeten Regionen. Hier haben wir schnell ein offenes Ohr gefunden für unsere Ideen. Das Ministerium arbeitet eng mit den Staatlichen Feuerwehrschulen zusammen, zum Beispiel mit der in Würzburg. Diese organisiert unter anderem Trainings und nutzt Ausrüstung, die für unser Spezialgebiet relevant ist. Beide Organisationen sind sehr innovationsoffen und interessiert an Lösungen, die die Waldbrandbekämpfung schlagkräftiger und sicherer machen. Hier haben wir viel Zuspruch und Feedback erhalten.

Generell haben Bayern und München eine tolles Startup-Umfeld mit Organisationen und Behörden, die aktiv Plattformen und Foren fürs Netzwerken und das Zusammenbringen von neuen Technologien und Investoren fördern. Und natürlich der Zugang zu Wissen, Forschung und Kooperation an Universitäten und Forschungsinstituten sowie deren Accelleratoren. Hier zum Beispiel die TUM mit ihrem Aerospace Lab oder das Fraunhofer Institut mit seinem Ahead-Programm für junge Startups. München und Bayern sind für uns sozusagen die Startrampe, von der aus wir hoffen, auch über Bayern hinaus Partner zu finden, die bereit sind, mit unserem Technologie- und Digitalisierungsansatz eine globale Herausforderung anzugehen.

Langfristige Mission

Munich Startup: Schneller Exit oder langer Atem?

Caurus Technologies: Wir sind ein Technologie-Startup, das heißt es liegt in der Natur der Sache, dass wir für die Umsetzung und Entwicklung der komplexen und technologisch anspruchsvollen Module Entwicklungszeit brauchen. Und auch das Thema Waldbrände wird uns langfristig eher mehr als weniger beschäftigen, je mehr Trockenheit und Hitze durch den Klimawandel entstehen. Die Gefahr, dass Waldbrände zunehmen und die Feuer heftiger wüten, ist sehr real und wird durch viele Studien weltweit belegt. Allerdings wird es derzeit – gemessen an seinem Schadenspotenzial – noch wenig öffentlich diskutiert. Ein Beispiel: Wer weiß schon, dass die Kohlendioxid-Emissionen von Waldbränden fast so hoch sind wie jene des gesamten Transportsektors? Wir müssen uns also darauf einrichten, dass uns das Thema noch sehr lange beschäftigen wird. Und dass wir in breiten Kreisen hierfür noch ein verbessertes Bewusstsein schaffen müssen. Daher: langer Atem!  

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