Munich Startup: Was für einen bisherigen Karriereweg hast Du?
Christina Harbauer: Ich habe Mechatronik studiert, mit dem Schwerpunkt auf Automatisierungstechnik. In meiner Promotion an der TUM im Bereich Ergonomie konzentrierte ich mich auf die Entwicklung ergonomischer Exoskelette für den gewerblichen Einsatz. 2021 startete ich mit einem der entwickelten Exoskelette die Ausgründung, gemeinsam mit meinen Mitgründern Martin Fleischer, Noah Gerullis und Peter Schaefer. Und 2025 haben wir offiziell gegründet, um Ease nun weiter voranzubringen.
Der Sprung von der Forschung in die Anwendung
Munich Startup: Was hat Dich zur Gründung motiviert?
Christina Harbauer: Schon im Studium begeisterte mich das agile und schnelle Arbeiten in Startups, dank dem Kurs „Think.Make.Start“. Seither wollte ich mein eigenes Startup gründen und mit meinem eigenen kleinen Team etwas aufbauen, was die Welt oder auch nur das Leben einzelner Personen ein Stückchen besser macht. Aber es hat immer die zündende Idee gefehlt. Als dann aus meiner Forschung zu Exoskeletten dieses Team gewachsen ist und auch das Feedback von den AnwenderInnen so positiv war, wusste ich, dass jetzt die perfekte Gelegenheit dazu ist.
Munich Startup: Was hättest Du gerne vor Deiner ersten Gründung gewusst?
Christina Harbauer: Der Weg zum Erfolg ist individuell. Was bei einem Startup gut funktioniert, muss nicht zwingend für einen selbst der Weg zum Erfolg sein. Viele werden deine Idee am Anfang schlecht finden, aber davon darf man sich nicht entmutigen lassen. Man muss immer offen für Input sein, aber diesen immer wieder für sich und die eigene individuelle Situation abwägen.
Es gibt kein Standard-Erfolgsrezept, dass man anwenden kann – man lernt viel, scheitert viel und muss offen für Neuanfänge sein. Und ja – das hört man im Vorfeld häufig, aber so richtig weiß man es erst, was es bedeutet, wenn man es selbst erlebt hat. Aber die Basis sind ein gutes Team, ein gutes Netzwerk, eine gute Beziehung zu den potenziellen Kunden, Selbstvertrauen und ein kleines bisschen Mut.
Munich Startup: Wie ist Dein Unternehmen bislang finanziert?
Christina Harbauer: Wir haben das Glück, derzeit durch den EXIST Forschungstransfer Phase I im Rahmen des EXIST-Programms durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) gefördert zu sein.
Harbauer: Ideen entstehen im Dialog und beim Sport
Munich Startup: Wann und wo bekommst Du die besten Ideen?
Christina Harbauer: Im Sparring mit meinen Mitgründern sowie meinen Mentoren und Coaches. Im Team sind wir alle sehr kreative Problemlöser, haben aber teilweise unterschiedliche Herangehensweisen. Dadurch können wir uns sehr gut gegenseitig challengen und bringen uns dazu, neue Blickwinkel einzunehmen und generieren dadurch völlig neue Ideen.
Meine Mentoren helfen mir immer wieder, wenn ich zu sehr auf ein Problem fokussiert bin. Sie bringen immer wertvollen, pragmatischen Input von außen und helfen mir damit, wieder einen Schritt zurückzugehen und aus einer neuen Perspektive an das Thema heran zu gehen und es zu lösen.
Ansonsten auch ganz klassisch beim Sport, beim Autofahren oder wenn ich draußen in der Natur unterwegs bin.
Munich Startup: Was sind Deine 3 liebsten Arbeitstools?
Christina Harbauer:
- Ganz oldschool: Stift und Papier. Es hilft mir, schnell Gedanken aufzuschreiben, zu sortieren und Lösungswege zu skizzieren.
- Ich habe keinen richtigen Favoriten, aber LLM-Tools zur Inspiration für Texte. Auch wenn ich die danach immer umschreibe, macht es mich viel effizienter
- Microsoft Teams: Ich arbeite täglich so viel damit, dass ich einfach nicht mehr ohne kann. Auch wenn Teams seine Macken hat und manchmal etwas unhandlich ist. Es macht meinen Alltag einfach so viel unkomplizierter, sowohl in der Kommunikation im Team als auch in der Kommunikation mit unseren Kunden.
Munich Startup: Dein Top-Tipp zum Thema „Pitchen“?
Christina Harbauer: Hab Spaß! Es ist Dein Thema, Deine Expertise, Deine Bühne. Zeig Ihnen mit Deiner ganzen Persönlichkeit wie großartig Dein Herzens-Thema ist, dann werden auch sie begeistert sein.
Gründen mit Wirkung und zum richtigen Zeitpunkt
Munich Startup: Erscheint es Dir gerade als eine gute Zeit, um zu gründen? Warum?
Christina Harbauer: Ja – für uns zumindest war es der perfekte Zeitpunkt. Die technologische Reife war hergestellt und der Bedarf nimmt stetig zu aufgrund des Arbeitskräftemangels und des Demographischen Wandels, der nun auch in der Logistik-Branche zunehmend spürbar wird. Ergonomie und MitarbeiterInnen-Gesundheit haben einen so großen Stellenwert wie gefühlt noch nie. Trotz der wirtschaftlich angespannten Situation investieren Firmen da gerade sehr bereitwillig und sagen ganz klar: „Ergonomie hat keinen Preis“.
Munich Startup: Auf welche Technologie oder Branche würdest Du bei Deiner nächsten Gründung setzen?
Christina Harbauer: B2B-Hardware-Startups haben immer das Problem, dass sie ein großes initialen Investment benötigen und dann auch noch sehr lange, aufwendige Sales-Zyklen haben. Das ist natürlich risikobehaftet. Aber das sind die Startups, die auch potenziell einen großen Impact auf die Welt und die Gesellschaft haben.
Entsprechend würde ich wahrscheinlich auf ein Startup setzen, dass eine Kombination aus einer skalierbaren Software mit einer nicht zu aufwändigen Hardwarekomponente bietet.
Munich Startup: Was könnte aus Deiner Sicht am Gründungsstandort München noch verbessert werden?
Christina Harbauer: Es gibt fast schon zu viele Angebote – aber zu wenig Übersicht. Es gibt unglaublich viele Veranstaltungen, die aber so einen breiten Bereich haben, dass der Mehrwert nicht immer unbedingt gegeben ist. Und auf alle zu gehen, ist fast nicht möglich, wenn man auch noch inhaltlich an seinem Startup arbeiten möchte.
Ich wünsche mir mehr themenspezifische, fokussierte Programme, die nicht nur „Masse“, sondern echten Mehrwert bieten – und gezieltere Sichtbarkeit für B2B- und Hardware-Startups. So erhöht sich einfach die Chance, dass ein Investor, Mentor oder Coach das für ihn passende Startup findet und umgekehrt.