Bayern gilt mehr oder weniger als „reichstes Bundeslands“. Die allgemeine Kaufkraft wird von der GfK in 2016 auf rund 24.000 EUR pro Kopf geschätzt. Allein acht DAX-Unternehmen sind hier angesiedelt. Knapp 7.000 Industrie-Unternehmen mit rund 1,2 Millionen Mitarbeitern wurden 2015 gezählt. Soweit zu Privatvermögen und der etablierten Wirtschaft – aber wie sieht es mit dem Kapital aus, das in Startups fließt? Ein Gastbeitrag von Dr. Carsten Rudolph und Barbara Dombay.
Der Kapitalmarkt für die frühen Phasen spiegelt ganz klar die typischen Stärken des Standorts Bayern wieder. Junge Unternehmen finden in Bayerns Industrie und Mittelstand nicht nur die Kunden für B2B-Innovationen, sondern auch passende Investoren. Und besonders die Aktivität von Business Angels, die sich mit dem Privatvermögen beteiligen, nimmt zu.
Große Tickets von vielfältigen Investoren
Auffällig sind in Bayern die großen Finanzierungsrunden. Bei Finanzierungen von der Seed-Phase bis hin zu einer Series A sind siebenstellige Summen fast die Regel und selbst in der ersten Finanzierungsrunde werden schon oft signifikant sechsstellige Investments getätigt.
Im BayStartUp-Finanzierungsnetzwerk wurden in 2015 insgesamt rund 38 Mio. EUR Seed- und Wachstumskapital investiert, in der Größenordnung zwischen 50.000 EUR und 2,5 Mio. EUR pro Finanzierungsrunde. Startups im Alter zwischen einem und drei Jahren erhielten dabei fast 60% der Finanzierungen.
Investoren in Bayern zeichnen sich durch große unternehmerische Vielfalt aus. Ein Teil der aktiven Business Angels, gerade auch aus den Regionen abseits von München, verkörpert den traditionellen, persönlich stark involvierten Mittelstandsunternehmer. Der ganz schnelle Exit steht nicht im Vordergrund und auch wenn er mit dem persönlichen Vermögen investiert ist, hat er ein strategisches Interesse für sein eigenes Unternehmen. Dafür ist er bereit, sich mit hohen Summen zu beteiligen und aktiv einzubringen, sowohl mit persönlichem Know-How als auch mit den Ressourcen des Unternehmens.
Auch Family Offices sind in Bayern sehr aktiv in der Startup-Finanzierung. Bei einigen kennt man den Markennamen des Familienunternehmens dahinter. Teilweise ist das Vermögen so hoch, dass jegliche Öffentlichkeit gescheut wird. Dann gibt es Business Angels, die nach einer erfolgreichen Konzernkarriere genug Erfahrung und Vermögen gesammelt haben, um jetzt zu investieren. Ein weiterer Typ sind die relativ jungen Serial Entrepreneurs, die ihr erstes Unternehmen erfolgreich verkauft haben.
Aktive Business Angels machen den Unterschied
Von den rund 38 Mio. EUR Investments im BayStartUp-Finanzierungsnetzwerk kam rund ein Drittel von Business Angels. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich direkt über BayStartUp vermittelte Angel-Investments fast verdoppelt. Die Business Angels investierten im vergangenen Jahr mit Summen von 45.000 EUR bis zu 800.000 EUR, im Durchschnitt waren es ganze 140.000 EUR. Im Konsortium schlossen sich bis zu sieben Business Angels zusammen, in 60% der Fälle waren es allerding zwei oder drei Angels.
Es zeigt sich, dass Business Angels den Abschluss einer größeren Finanzierungsrunde oft erst ermöglichen: Indem sie als Lead-Investoren verstärkt ins Risiko gehen oder weil das Gründerteam erst durch ihre tatkräftige Begleitung auch für institutionelle Kapitalgeber gerüstet ist – die als Co-Investoren oder auch in den Folgerunden einsteigen.
Lebhafte Venture Capital-Szene
Alle größeren Venture Capital-Fonds und strategischen Investoren zeigen zudem in Bayern Präsenz. Bemerkenswert sind zudem die öffentlichen Mittel. Bayern Kapital hat in 20 Jahren und 220 Mio. EUR Beteiligungskapital investiert. Der Wachstumsfonds Bayern wurde im letzten Jahr mit 100 Mio. EUR aufgelegt. Dabei positioniert sich Bayern Kapital bewusst als Partner für private Investoren, ganz besonders für Business Angels.
Auch der High-Tech Gründerfonds und die KfW sind bei Co-Investments mit privaten Investoren stark vertreten. 17 Öffentliche Co-Investments mit privaten Investments und Beteiligung von Bayern Kapital oder High-Tech Gründerfonds wurden im vergangenen Jahr abgeschlossen. Ein erfolgreiches Beispiel, das die ganze Vielfalt der bayerischen Investorenszene zeigt, ist das Tech-Fitness-Unternehmen eGym: Nach dem ehemaligen Microsoft-Deutschland Chef Jürgen Gallmann als Business Angel beteiligten sich Bayern Kapital, der High-Tech Gründerfonds und private Venture Capital-Fonds. In den letzten beiden Runden kamen dann internationale Wachstumsfinanziers mit insgesamt rund 60 Mio. USD dazu und machen das junge Münchener Wachstumsunternehmen jetzt fit für den Weltmarkt.
Zu den Autoren:
Dr. Carsten Rudolph ist Geschäftsführer von BayStartUp, einer Anlaufstelle für Startups und Investoren, die durch das bayerische Wirtschaftsministerium gefördert und von Unternehmen unterstützt wird. Barbara Dombay leitet das Finanzierungsnetzwerk, das 230 aktive Business Angels und rund 100 institutionelle Investoren umfasst, und ist Ansprechpartnerin in München. Alexander Becker ist ebenfalls in der Leitung des Finanzierungsnetzwerks und Ansprechpartner in Nürnberg.