IHK München / Martin Armbruster

Shoppen mit Sinn – Interview mit OHNE Mitgründerin Christine Traub

„Ohne“, den ersten verpackungsfreien Supermarkt Bayerns an der Münchner Schellingstraße, gibt es seit einem halben Jahr. Über Crowdfunding kamen 48.000 Euro zusammen. Das Medienecho zur Eröffnung im Februar war groß. Zeit für eine erste Zwischenbilanz und ein Interview.  

COhne Ladenhristine Traub  hat sich den Fragen von „Wirtschaft Aktuell“, dem IHK Newsletter, gestellt. Die studierte BWLerin hat mit  Hannah Sartin   und  Carlo Krauß   „Ohne“ gegründet. In dem Geschäftsführer-Trio herrscht klare Aufgabenteilung.  Christine Traub   kümmert sich um  Buchhaltung und Finanzierung.

 

Was essen Sie denn da? Sieht lecker aus …
Bananenkuchen – selbstgemacht. Den hat die Hannah gebacken. Das ist der neue Hit bei uns.

Was ist denn das beliebteste Produkt hier im Laden?
Man glaubt es kaum: Haferflocken. Viele Leute kommen erst mal zum Gucken, weil sie sich nicht richtig vorstellen können, wie das Einkaufen hier abläuft. Bei denen sind Haferflocken sehr beliebt. Wir haben aber nicht nur Lebensmittel. Wir haben Edelstahlstrohhalme, die verkaufen sich richtig gut. Zahnputztabletten, also die Alternative zur Zahnpasta, sind ein echter Renner. Da freuen sich die Leute, dass sie keine Tube mehr wegzuschmeißen brauchen. Das ist für unsere Kunden ein ganz neues Erlebnis.

Wie funktioniert eine Zahnputztablette?
Also, man hat eine Tablette, nimmt sie in den Mund, zerkaut sie ein bisschen und das ist dann die Zahnpasta.

Wer kauft bei Ihnen ein?
Wir sagen uns – wer sollte nicht hier einkaufen? Wir haben eine sehr breite Zielgruppe: Die Studenten aus dem Viertel. Junge Familien, bei denen die Kinder schon gleich beim Einkaufen mithelfen und ein Erlebnis haben. Es kommen auch ältere Menschen, die sagen: „Endlich kann ich wieder so einkaufen, wie ich es von früher gewohnt bin.

Läuft denn „Ohne“ inzwischen auch ohne Crowdfunding?
Ja, bisher schon. Wir haben jeden Tag immer noch neue Kunden, die uns erzählen, dass sie schon seit Langem vorbeischauen wollten. Aber inzwischen haben wir auch schon richtig viele Stammkunden.

Wollten die Banken von Ihrer Geschäftsidee nichts wissen? Oder warum haben Sie sich für Crowdfunding entschieden?
Mit den Banken hatten wir kein Problem. Wir haben Crowdfunding nicht aus Verzweiflung genutzt. Letztendlich war es drei in eins für uns: Marktforschung, Finanzierung und Marketing. Über die Gutscheine, die wir darüber herausgegeben haben, hatten wir eine gewisse Vor-Finanzierung. Zudem haben wir auf Crowdfunding gesetzt, um die Stimmung der Idee gegenüber zu testen.

Sie würden also wieder alles genauso machen? 
(lacht) Ja, ganz genauso.

Haben Sie schon über eine Expansion nachgedacht – zum Beispiel einen Laden im Glockenbach-Viertel zu eröffnen?
Ja. Es vergeht kein Tag, an dem nicht ein bis zwei Kunden fragen, wann der nächste Laden aufmacht. Wir überlegen uns das tatsächlich. Unsere Kunden kommen von überall her. Die würden sich natürlich freuen, wenn sie nicht so weit fahren müssten. Aber eine Immobilie in München zu finden, ist nicht gerade leicht. Viele unserer Kunden geben uns bereits Tipps für leerstehende Flächen.

Arbeiten Sie alle drei mittlerweile nur noch für den Laden?
Hannah ist direkt aus ihrer Elternzeit voll in den Laden eingestiegen. Carlo arbeitet noch 50 Prozent als Ingenieur und ich habe bis vor fünf Wochen auch noch 50 Prozent bei Pro7/Sat1 gearbeitet, aber inzwischen bin ich Vollzeit hier im Laden.

Wer macht was?
Unser Gründerteam ist so aufgeteilt, dass Hannah Pressearbeit, den Vertrieb und Handel sowie das Konzeptionelle macht und viel im Laden steht. Ich bin für Buchhaltung und Finanzierung zuständig und Carlo, der gelernte Ingenieur, ist der Kreative und macht das Handwerkliche.

Sie bieten Ihre Produkte „ohne“ an. Aber wie schwierig ist es, die Ware auch wirklich unverpackt angeliefert zu bekommen?
Gute Frage. Man muss sehr viel mit den Lieferanten reden, erklären und ihnen Möglichkeiten an die Hand geben, uns zu beliefern. Mit einigen Lieferanten haben wir auch schon Mehrwegsysteme etabliert. Das heißt, diese haben von uns Behältnisse vor Ort, die sie füllen und uns bringen. Da entsteht dann überhaupt kein Müll. Die Trockenprodukte bekommen wir in Papiergebinden. Einen minimalen Teil bekommen wir aufgrund der Haltbarkeit in größeren Kunststoffgebinden. Wir sprechen da von ungefähr 5 Prozent, die noch in Kunststoff angeliefert werden. Wir arbeiten täglich daran, diesen letzten Rest auch noch umzustellen.

Ist München ein besonders gutes Pflaster für solche Ansätze? Es gibt ja schon die Hofpfisterei, die Herrmannsdorfer Landwerkstätten etc.
Ich glaube von der Kundenseite schon, denn wir haben hier das Publikum, das Interesse hat. Aber natürlich ist München auch ein teures Pflaster. In Berlin hätten wir viel geringere Fixkosten. Generell erfahren wir viel positive Resonanz. Wir hatten in den letzten Monaten auch etliche Schulklassen hier – von der zweiten bis zur zehnten Klasse, die sich mit dem Thema Plastik auseinandersetzen und die Information hier wirklich aufsaugen. Es ist schön zu sehen, wenn die kleine Generation sich das schon hier aneignet.

Haben Sie Kontakt zum großen Vorbild Bea Johnson, die mit ihrem Buch „Zero Waste Home“ den verpackungsfreien Trend 2012 eingeleitet hat?
Ja, haben wir tatsächlich. Hannah hat sie zwischenzeitlich auch dabei unterstützt, einen deutschen Verlag für ihr Buch zu finden.

Tauschen Sie sich auch mit den anderen verpackungsfreien Supermärkten in Deutschland aus?
Ja. Mit Milena aus Berlin von „Original unverpackt“ habe ich mich schon öfters getroffen.

Was ist Ihr nächstes Projekt?
Wir planen einen Lieferservice und möchten, dass unsere Kunden morgens ihren Einkaufszettel bei uns abgeben können und abends die Ware per Fahrrad geliefert bekommen. Uns wird’s nicht langweilig, wir haben noch so viele Ideen.

Das Interview führte Christina Schneider.


041_IHK_Crowdfunding_Night_16_02_2016

Wer sich für Crowdfunding interessiert: die nächste IHK Crowdfunding Night findet am 26. September zu  Bits and Pretzels statt. Schwerpunktthema ist dieses Mal Crowdinvesting. Sie findet im WERK1 statt. Infos zum Programm und zur Anmeldung gibt es hier.