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Pivot bei SHÄRE: „Es ist wichtig, seinen Weg zu gehen!“

Manuel und David von Shäre dürften dem einen oder anderen noch aus dem BR-Format „Startup Bavaria“ bekannt sein, wo die beiden mithilfe von Coach Andreas von Richter an ihrer Taxi-App feilten. Für den Sieg hat es nicht ganz gereicht und auch die Marschroute ihres Startups hat sich geändert. Wie es zum Pivot kam und wie der Kurswechsel vonstattenging, haben uns die beiden im Interview verraten.

Für alle, die noch nicht von Euch gehört haben: Was ist SHÄRE beziehungsweise was war am Anfang Euer Ansatz?

Wir haben die SHÄRE GmbH im Juni 2014 in München gegründet und Anfang 2015 unser erstes Produkt, die kostenlose Smartphone App SHÄRE-a-Taxi, gelauncht. Mit der App kann man ein Taxi bestellen, bargeldlos bezahlen und es vor allem mit anderen Mitfahrern teilen. SHÄRE-a-Taxi baut auf intelligenten Sharing, Matching und Routenoptimierungsalgorithmen auf und macht somit das Taxifahren günstiger und umweltschonender. Ein schöner Nebeneffekt sind die netten Mitfahrer, mit denen man sich ein Taxi teilen kann.

Mit SHÄRE-a-Taxi war unser Ziel, die Taxibranche zu revolutionieren, aber auch gleichzeitig zu unterstützen. Seit gut einem Jahr bewerben wir die App jedoch nicht mehr aktiv im B2C Markt und haben unseren Fokus komplett auf das B2B Geschäft gerichtet.

„Gegen den Teufelskreis des externen Kapitals entschieden“

Wann habt Ihr gemerkt, dass Ihr von Eurem ursprünglichen Weg abweichen müsst und wie lange hat dieser Prozess gedauert?

Obwohl wir unsere Marketing-Aktivitäten sehr intelligent und effektiv gestaltet haben, war dies der größte Kostentreiber. Wir hatten es mit unserem relativ geringen Marketingbudget zwar geschafft, die Zielgruppe in München erfolgreich zu erreichen, jedoch hätten die Marketingspendings noch weitaus höher sein müssen, um die nötige Traction zu generieren. Zudem war zu diesem Zeitpunkt weder die Taxibranche noch der Markt – inklusive Investoren – ausreichend davon überzeugt, dass sie eine Digitalisierung inklusive Sharing supporten sollten. Heute sieht das schon anders aus.

An diesem Punkt haben wir uns jedoch bewusst gegen den Teufelskreis des externen Kapitals entschieden. Wir wollten unser Unternehmen nicht künstlich in einem Umfeld aufblasen, in welchem der Markt noch nicht bereit ist und die Konkurrenz am Ende definitiv die größeren Ressourcen hat.

Besonders auch, da wir vermehrt Anfragen aus dem B2B Bereich erhalten hatten und wir hier eine sehr große Nachfrage an individuellen digitalen Taxi- und Chauffeurlösungen ausmachen konnten. Zu diesem Zeitpunkt haben wir das größere Potenzial in einer intelligenten Ausrichtung im B2B Segment gesehen und die strategische Umstrukturierung hin zu einem gesunden, organisch wachsenden Unternehmen begonnen.

„Das erste Jahr war kein Fehler, sondern ein Lernprozess!“

Wo liegt mittlerweile Euer Fokus?

Wir bringen unsere gesammelte Expertise in der Entwicklung technischer Lösungen und dem Markteintritt innovativer Mobilitätsprodukte in die Branche ein. Nicht nur mit einem Produkt SHÄRE-a-Taxi. Somit ist der neue Markenauftritt SHÄRE mobility innovation entstanden. SHÄRE mobility innovation bietet digitale Mobilitätslösungen für Unternehmen – die Basis hierfür sind neben einer europaweiten Mobilitätsinfrastruktur vor allem die eigens entwickelten Echtzeit Matching, Routing und Sharing Algorithmen. Wir begleiten unsere Kunden als starker Partner in der Entwicklung von individuellen und innovativen Mobilitätskonzepten, Softwarelösungen sowie der Anbindung ihrer bestehenden Systeme an unsere europaweite Mobilitätsinfrastruktur von aktuell Taxen und Limousinen.

Bei all unseren Projekten fahren wir einen strikten Lean-Startup-Ansatz und sind stets getrieben, für unsere Kunden neuartige und innovative Lösungen zu finden. Unsere Kunden sind mittlerweile große Mobilitätsanbieter, Automobilhersteller & -zulieferer aber auch diverse Startups aus den Bereichen von Mobilitäts- und Travel Plattformen/Apps.

Darüber hinaus entwickeln wir auch für viele Unternehmen aus entfernteren Branchen Lösungen für das betriebliche Mobilitätsmanagement.

Denkt man sich manchmal „Hätte ich das doch gleich so gemacht!“ oder seid Ihr zufrieden damit, wie alles gelaufen ist?

Ein klares Nein! Hätten wir von Anfang an direkt das gemacht, was wir mittlerweile mit unserer Ausrichtung tun, dann wären wir heute nicht dort, wo wir jetzt sind. Es ist wichtig, seinen Weg zu gehen. Ein Startup verläuft nicht von Anfang bis Ende auf direktem Weg bis an ein ausgemachtes Ziel. Es ist vielmehr ein rechts, links, vor und zurück, welches einen voran bringt. Das ist aber enorm wichtig und gibt dem Unternehmen und einem selbst erst das Profil, welches man benötigt, um erfolgreich zu sein. Wir würden das erste Jahr daher auch nie als Fehler, sondern als enorm wichtigen Lernprozess einstufen.

Was ist mit der App? Tot? Auf Eis gelegt? Oder wollt Ihr irgendwann nochmal B2C angreifen?

Also tot ist SHÄRE-a-Taxi sicher nicht. Eventuell macht die App ein kleines Mittagsschläfchen. Im Ernst: Wir bewerben die App seit gut einem Jahr bewusst nicht mehr im B2C Segment. Sie ist aber noch immer in den App und Play Stores und wird auch regelmäßig von uns gewartet. Zum einen, da wir mit der App oft Mobilitätspartner bei diversen Veranstaltungen und Messen sind. Gerade hier sehen wir und die Veranstalter einen enormen Mehrwert für die Gäste und Teilnehmer. Man sieht es immer wieder, wie am Messeabend sich lange Schlangen am Taxistand bilden, die Leute einzeln einsteigen und am Ende doch alle zum Flughafen oder Bahnhof fahren. Dies kann natürlich mit SHÄRE-a-Taxi effektiv gebündelt werden und bietet den Besuchern eine weitere kostengünstige Mobilitätsalternative.

Der nächste Einsatz der App als offizieller Mobilitätspartner wird die 48Forward Konferenz am 24. November in München sein. Und ob die App im B2C Segment noch mal erwacht und angreift, hängt ganz von potentiell starken Partnern ab – hier verschließen wir uns nicht und schauen einfach mal, was in den nächsten Monaten so passiert.

Flexibel dank eines großen Netzwerks

Wie ist Euer Team momentan aufgestellt? Plant Ihr, personell zu wachsen?

Aktuell sind wir in München ein Kernteam von 6 Personen. Die Kompetenzen zwischen Business und IT sind hierbei gleichverteilt. Aktuell suchen wir aber auch wieder motivierte Werkstudenten und Praktikanten in der Softwareentwicklung. Im Business Bereich besetzen wir zwar derzeit aktiv keine weiteren Vakanzen, jedoch lassen wir uns bei guter Argumentation zur Rechtfertigung einer Stelle auch gerne überzeugen.

Neben unserem Kernteam bauen wir zusätzlich ein technisches Team in Rumänien auf. Durch unseren CTO Mátyás verfügen wir über ein enormes Netzwerk an exzellenten Entwicklern in Rumänien. Das erlaubt uns, ein schnelles und flexibles Reagieren auf die unterschiedlichsten Projekte. Wir können hier gezielt und in kürzester Zeit interdisziplinäre Projektteams aufbauen. Trotz unserer schlanken Größe in München können wir dadurch auch weitaus größere Projekte annehmen, als es vergleichbare Unternehmen leisten könnten.

Fettnäpfchen dürfen sein

Was waren für Euch die großen Learnings aus dem Wandlungsprozess, der zum Pivot geführt hat?

Definitiv sollte man ab und zu einen Schritt zur Seite machen, um der Betriebsblindheit zu entgehen. Hierbei hilft es auch, sich Sparringspartner wie beispielsweise einen aktiven Beirat ins Boot zu holen. Uns hat das extrem geholfen. Man sollte sich ab und zu hinterfragen, ob der eingeschlagene Weg der Richtige ist. Das ist vielmehr eine Kontrolle als ein Zweifeln, was enorm wichtig ist. Jedoch sollte man dann diese Entscheidungen auch vertreten, denn Gegenwind wird es immer geben. Am Ende muss man sich natürlich auch ausprobieren. Wir waren vor zwei Jahren neu in der Mobilitätsbranche – der Weg war wichtig und daher stehen wir auch heute mit SHÄRE da, wo wir jetzt eben stehen. Jeden Tag neues dazu lernen und hin und wieder in ein Fettnäpfchen treten war somit das größte „Learning“ für uns.

Was sind die nächsten Schritte von SHÄRE beziehungsweise wie sieht die Zukunft aus?

Es passiert aktuell sehr viel in der Mobilitätsbranche. Das war vor zwei Jahren noch anders. Wir freuen uns einfach auf alles, was kommt und blicken gespannt in die Zukunft. Wir wollen natürlich aus unserem Cashflow heraus weiter stetig wachsen und uns in der Branche als starker Partner für digitale und innovative Mobilität etablieren. Da wir jedoch auch intern extrem viele Ideen im erweiterten Bereich der Mobilität haben, werden wir sicherlich von Zeit zu Zeit mittels Rapid Prototyping auch selbst neue Produkte zum MVP pushen und diese dann auf den Markt bringen.