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Porträt Useley: Festgefahrene Gewohnheiten ändern und Ressourcen schonen

Heimwerker-Helden und Fotografie-Fanatiker wollen die Bohrmaschine oder die Spiegelreflexkamera selbst besitzen. Der Großteil der Menschheit jedoch braucht so etwas wenn überhaupt nur ein-, zweimal im Jahr. Die Lösung: Leihen statt kaufen.

Das Münchner Startup useley hat sich das genauer angeschaut. Die Umsetzung: Ende 2015 ging eine Plattform an den Start, auf der man Produkte wie Kameras, Bohrmaschinen oder Spielkonsolen von anderen mieten kann. Die einen haben somit günstigen Zugang zu Produkten, die sie selten brauchen, die anderen verdienen Geld mit ihren eigenen Produkten — und alle sparen eine Menge Ressourcen.

Die drei Gründer ergänzen sich gut: Lucy (28) hat BWL an der LMU studiert und kümmert sich hauptsächlich um das operative Geschäft und die Finanzen, Pascal (25) hat Wirtschaftsinformatik an der TUM studiert und entwickelt die Plattform und Mark (26) hat TUM-BWL an der TUM studiert und ist verantwortlich für Marketing und Partnerschaften. Mark stand uns Rede und Antwort.

Mark, wie ist die Geschäftsidee zu useley entstanden?

Nicht wie man es sich vorstellt, unter der Dusche, sondern nach einem langen Ideenfindungsprozess. Wir arbeiten sehr stark nach der Lean Startup bzw. Customer Development Methodik und haben uns erst nach verschiedenen Brainstorming-Sessions und vielen Interviews für die Umsetzung der Idee entschieden.

Ist Eure Idee denn wirklich so neu?

Es gibt tatsächlich schon mehrere Plattformen, die mit verschiedenen Ansätzen versucht haben, das Problem zu lösen. Keine hat sich bisher jedoch in der Masse durchgesetzt. Laut einer Umfrage des Spiegels würden 62 % der jungen Deutschen so eine Plattform verwenden, bisher haben aber weniger als 2 % schon eine verwendet.

arbeitsraeumeWir haben deshalb damals über 300 Leute gefragt und drei große Barrieren gefunden, die Leute bisher davon abgehalten haben:

  1. Leute wissen nicht, was sie leihen würden,
  2. sie haben Angst vor Schäden und
  3. die Übergabe ist einfach umständlich.

Wir  inspirieren deshalb erstens Nutzer zu gewissen Anlässen — und verkaufen beispielsweise einen „FIFA Abend mit Freunden“, statt einfach nur eine Playstation zu vermieten –, bieten zweitens eine Versicherung für beide Seiten und  haben drittens ein Netzwerk an Partnershops zur bequemen Abholung und Rückgabe der Produkte.

Was war Eure bisher größte Herausforderung?

Die ersten 100 Kunden zu gewinnen. Wir müssen mit unserem Konzept festgefahrene Gewohnheiten von Leuten ändern, das ist immer mühsam. Anfangs haben wir sehr viel händisch gemacht, zum Beispiel sind wir Gründer für die ersten 200 Bestellungen selbst durch München gefahren und haben GoPros und Fondue-Sets an Kunden geliefert. Zu Beginn war die Unsicherheit auch noch sehr hoch und wir haben oft gehört, dass Leute das Konzept nicht annehmen würden.

Konntet Ihr das widerlegen? Wie läuft das Geschäft mittlerweile?

Wir hatten bisher über 1200 Transaktionen in unserer Pilotstadt München — eine davon war die Lieferung einer Playstation mit FIFA für den FC Bayern — , haben ein durchschnittliches Transaktionsvolumen von 36 Euro und sind seit Januar über 30% pro Monat gewachsen, wobei Wachstum derzeit nicht der Fokus ist. Wir validieren weiterhin systematisch die wichtigsten Hypothesen unseres Geschäftsmodells, von denen wir bereits viele abhaken konnten.

Was ist Euer Geheimtipp für andere Startups und Gründer?

Der Tipp ist: Es gibt keinen Geheimtipp. Leute suchen immer nach einem besonderen Tipp, wie man mit möglichst wenig Aufwand sein Ziel erreicht oder gut dasteht. Sie suchen immer nach Abkürzungen. Anders als in der Schule, im Studium oder in der Arbeit funktionieren Tricks beim Gründen jedoch nicht. Dem Lehrer oder Chef kann man vielleicht durch besondere Anwesenheit vorgaukeln, man leiste gute Arbeit.

Um ein Geschäftsmodell aufzubauen, das funktioniert und vielen Kunden einen echten Mehrwert bietet, gibt es aber keine Tricks. Man kann besonders nett sein zu seinen Kunden — und das sollte man auch! Aber wenn der Kunde das Produkt nicht braucht, hilft das leider auch nichts.

Ihr wart im LMU Lab, habt im Impact Hub gepitcht, seid mit UnternehmerTUM und CDTM verknüpft – wie habt Ihr davon profitiert?

Das sind alles tolle Institutionen, von denen wir in vielen Bereichen sehr viel mitgenommen haben und ohne welche useley gar nicht existieren würde. Wir haben uns alle am CDTM kennengelernt, dort das Handwerkszeug fürs Gründen mitgenommen und profitieren bis heute vom unglaublich hilfreichen Netzwerk an erfolgreichen Gründern wie Stylight, Freeletics, eGym, etc., Beratern und Investoren.

Im LMU Lab haben wir viele Kontakte und wertvolle Tipps bekommen, im Impact Hub konnten wir unseren Nachhaltigkeitsfonds schärfen und haben viel zum Thema Storytelling und Marketing mitgenommen. Wir sind allen Institutionen zu großem Dank verpflichtet und sehr froh, dass sich die Szene in München in den letzten Jahren so gut entwickelt hat.

Und was war der beste Rat den Ihr je bekommen habt?

Wir hatten das Glück, sehr früh den ehemaligen Produktchef von Airbnb als unseren Mentor zu gewinnen. Der beste Rat, den er uns gleich zu Beginn gegeben hat: „Do things that don’t scale!“. Wir sollten also zu Beginn sehr viel von Hand machen, um ein möglichst authentisches Bild unserer Kunden und des Modells zu bekommen.

GruendermitAirbnbgruender (zweiter von rechts)
Useley will das Airbnb für Produkte werden – mit Nathan Blecharczyk (2.v.r.), Mitgründer von Airbnb, verstehen sie sich scheints gut.

Die allerersten Transaktionen haben wir deshalb tatsächlich von Hand abgewickelt, ohne dass wir eine Zeile Code geschrieben hatten. Wir sind mit Anmeldeformularen auf Papier durch die Münchner Innenstadt gelaufen und haben Verleiher und Ausleiher persönlich rekrutiert. Auf diese Weise haben wir extrem viel gelernt und den Prozess so gut verstanden wie wenige vor uns.

Vom Kunden- und Prozessverständnis abgesehen: Was ist Deiner Meinung nach der ausschlaggebende Faktor für eine nachhaltige und erfolgreiche Unternehmensentwicklung?

Für uns war – und bleibt – der wichtigste Faktor immer das Team.

team (nicht ganz aktuell)Ein gutes Team kann auch aus einer eher schlechten Idee ein erfolgreiches Startup bauen, während ein ’schlechtes‘ Team selbst bei einer guten Idee oft scheitern wird. Startups sind hart, man arbeitet oft 14 Stunden täglich zusammen, trifft unangenehme Entscheidungen und muss wöchentlich kleine und große Krisen lösen. Wenn man dann nicht menschlich und fachlich gut zusammenarbeitet, wird man früher oder später scheitern.

Wo seht Ihr Euch in fünf Jahren?

In fünf Jahren wollen wir fester Bestandteil des Lebens unserer Kunden sein. Genau so selbstverständlich wie ich mir heute beim Reisen ein Airbnb buche, sollen Leute in Zukunft eine Kamera für den Urlaub oder eine Polaroid für die Hochzeit einfach bei useley bestellen. Zudem wollen wir in ganz Deutschland und weiteren Ländern verfügbar sein.

Wir wünschen viel Erfolg für die Zukunft und sagen herzlichen Dank für das offene Gespräch.