Ein Millionen-Investment und die Samwer-Brüder, Stylight- und eGym-Gründer mit an Bord: Für das Münchner HR-Startup Personio läuft es gerade richtig gut. Wie der Weg des bis dahin gebootstrappden Startups verlief und was ihr Produkt so unique macht – darüber haben wir uns mit den vier Gründern unterhalten.
Die Erfolgsmeldung aus dem Hause Personio machte im vergangenen Sommer die Runde: 2,1 Millionen Euro Seed-Investment konnte sich das im Jahr 2015 gegründete Münchner Startup gleich in seiner ersten Finanzierungsrunde sichern. Die Zeit bis zu dieser erlösenden Meldung war allerdings hinter den Kulissen nicht immer so easy, wie Ignaz Forstmeier, einer der Gründer, erzählt:
„Als wir im Frühjahr mit Hochdruck auf der Suche nach Investoren waren und uns über längere Zeit keine Gehälter zahlen konnten, kamen wir schon etwas ins Schwitzen. Denn Fundraising ist in der Regel ein Vollzeitjob für mindestens einen Gründer. Gleichzeitig musste das junge Unternehmen ganz ohne Marketing-Budget jeden Monat weiterwachsen, damit die Geldgeber unterwegs nicht das Interesse verlieren.“
Was das Team rund um die Personio-Gründer Hanno Renner, Roman Schumacher, Arseniy Vershinin und Ignaz Forstmeier aber auch während dieser Zeit zuversichtlich stimmte, war das durchweg positive Feedback der ersten Kunden.
Wachstum durch Weiterempfehlung
Und auch der Erfolg gibt ihnen Recht. Denn mit ihrer ganzheitlichen, cloudbasierten HR- und Recruiting-Lösung für kleine und mittlere Unternehmen konnte Personio nicht nur seinen Kundenstamm im Jahr 2016 von etwa 20 auf über 100 Unternehmen steigern — übrigens einzig durch den Akquisekanal „Weiterempfehlung durch bestehende Kunden“ — sondern auch namhafte Investoren wie die Samwer-Brüder, die Gründer von Stylight und eGym, Global Founders Capital und Picus Capital von sich überzeugen.
Hier stellt sich dem geneigten Leser sicherlich die Frage, was die Lösung von Personio so besonders macht, denn HR-Tools sind ja eigentlich nicht der neuste Trend. Hanno Renner meint dazu:
„Von unseren Wettbewerbern unterscheidet uns, dass Personio trotz Cloud / Software-as-a-Service Strategie extrem anpassungsfähig ist. So können zum Beispiel Zugriffsrechte, Genehmigungsprozesse oder Attribute in der digitalen Personalakte über die Benutzeroberfläche genau auf die Anforderungen des Unternehmens zugeschnitten werden, ohne dass dafür teure und langwierige Entwicklungsprojekte erforderlich wären. Einige unserer Kunden verwalten Büros in fünf verschiedenen Ländern, mit unterschiedlichen Zugriffsrechten und Urlaubsregelungen an jedem Standort.“
Gegenüber den US-amerikanischen Anbietern grenzt sich das Münchner Startup außerdem durch hohe Datenschutz-Standards ab: Beim Betrieb der Server setzt es ausschließlich auf zertifizierte Anbieter mit Rechenzentren in Deutschland. Desweiteren schätzen viele Unternehmen, dass Personio sämtliche HR-Prozesse, die bei kleinen und mittleren Unternehmen in der Regel relevant sind, quasi aus einer Hand anbietet. Das spart Zeit, Geld und Integrationsaufwand.
Auch Zielgruppen-technisch setzen die Münchner auf ein anderes Pferd als die großen Player auf dem Markt wie BambooHR, PeopleHR und Zoho People: Im Fokus liegen bei Personio Unternehmen mit 10 – 1000 Mitarbeitern. Denn genau für diese Zielgruppe gibt es laut dem Münchner Startup noch keine smarten Lösungen. Und die Anzahl potentieller Kunden ist mit 400.000 kleinen und mittelständischen Unternehmen alleine in Deutschland auch nicht zu verachten.
Mehr Zeit für wertschöpfende Tätigkeiten gewinnen
Und welche Tools genau hat Personio im Portfolio? Gründer Forstmeier dazu:
„Über unsere Lösungen können unter anderem Job-Multi-Posting, Bewerbermanagement, Mitarbeiter-Onboarding, digitale Personalakten, Urlaubsverwaltung, Genehmigungsprozesse, Gehaltsmanagement, Anwesenheitsverwaltung, Dokumentenverwaltung, Performance, Berichte, Erinnerungen sowie vorbereitende Lohnbuchhaltung abgewickelt werden.“
Außerdem erhält jeder Mitarbeiter einen Zugang zu seinem eigenen Benutzerkonto und kann dadurch direkt in HR-Prozesse wie Urlaubsanträge, Stammdatenänderungen oder Bewerberevaluation einbezogen werden. Die Zugriffsrechte für jedes Konto können je nach Bedürfnis frei konfiguriert werden. Das übergeordnete Ziel: Wiederkehrende Prozesse sollen schneller und einfacher verwaltet werden und Personalabteilungen dadurch letztlich mehr Zeit für wertschöpfende Tätigkeiten gewinnen.
Wie geht es jetzt mit dem Millionen-Investment in der Tasche weiter?
„Wir sind gerade in ein größeres Büro umgezogen und befinden uns in einer spannenden Wachstumsphase, bei der auch zunehmend aktive Marketing- und Vertriebsmaßnahmen zum Einsatz kommen. Am wichtigsten ist uns, angesichts des starken Wachstums unser hohes Qualitätsniveau im Kundenservice und unsere Schnelligkeit bei der Umsetzung neuer Ideen nicht zu verlieren. Daher investieren wir vor allem in den Ausbau unserer Teams in den Bereichen Customer Success, Produktentwicklung und Software Engineering.“
München muss sich als Startup Location nicht verstecken
Und auch über den Startup-Standort München können die Macher hinter Personio fast nur Gutes berichte. Die Startup-Szene ist zwar kleiner, dafür ihrer Meinung nach aber auch enger miteinander vernetzt als in der Hauptstadt Berlin:
„Ein Blick auf Erfolgsgeschichten wie Pay.On oder Stylight zeigt: München muss sich als Startup Location nicht verstecken.“
Als klaren Vorteil sehen die Vier die geringe Mitarbeiterfluktuation: „In München wird gefühlt nicht so aggressiv abgeworben wie in Berlin.“ Und auch den hohen Freizeitfaktor „Alpen“ wissen die vielbeschäftigten Gründer zu schätzen. Einziges Manko:
„Der für Startups so typische Einkauf von Fertigmahlzeiten im Supermarkt scheitert hier bereits ab 20 Uhr.“
Aber auch ganz ernsthaft sehen Hanno, Roman, Arseniy und Ignaz durchaus noch Optimierungspotenzial in der bayerischen Landeshauptstadt. Vor allem wenn es um skalierbare Büroräume zu bezahlbaren Preisen geht — die sind in München einfach zu schwer zu finden, besonders in zentraler Lage. Und um gute Entwickler aus dem Ausland von einer Relocation zu überzeugen, wünschen sich die Vier für die Zukunft, dass sich München noch mehr als Startup-Stadt etablieren kann. Wir bleiben dran — an München und Personio.