Weil Mega-Deals ausblieben, haben Deutschlands Startups im vergangenen Jahr insgesamt deutlich weniger Geld durch Finanzierungsrunden eingenommen als im Jahr zuvor. Der Gesamtwert ist von 3,2 auf 2,2 Milliarden Euro um fast ein Drittel zurückgegangen. Gleichzeitig profitierten aber deutlich mehr Jungunternehmen von frischem Kapital: 2016 erhielten bundesweit 455 Startups Risikokapital, 2015 waren es 383 Unternehmen. Die Zahl der Finanzierungsrunden stieg von 417 auf 486.
Im Bundeslandvergleich liegt weiterhin Berlin vorn: Bei 220 Finanzierungsrunden (Vorjahr: 212) erhielten Berliner Jungunternehmen insgesamt 1,07 Milliarden Euro (Vorjahr: 2,24 Milliarden Euro). Wie in Berlin wurden auch in Bayern (83 Transaktionen), Nordrhein-Westfalen (48) und Hamburg (40) mehr Finanzierungsrunden gezählt als im Vorjahr. Beim Finanzierungsvolumen konnten sich im vergangenen Jahr die Startup-Standorte Bayern (527 Millionen Euro) und Nordrhein-Westfalen (141 Millionen Euro) hinter der Bundeshauptstadt platzieren – und verzeichneten dabei erhebliche Zuwächse: Bayern um 87 Prozent und NRW um 57 Prozent. Rückläufig war das Finanzierungsvolumen in Hamburg, wo 127 Millionen Euro in junge Unternehmen flossen – im Vorjahr waren es aufgrund eines Mega-Deals – noch 321 Millionen Euro gewesen.
München schafft es in die europäischen Top Ten
Europaweit stieg die Zahl der Startup-Finanzierungen im vergangenen Jahr noch deutlich stärker als in Deutschland: um 41 Prozent. Der Gesamtwert der Investitionen sank zudem weniger deutlich als hierzulande: um 11 Prozent auf 11,8 Milliarden Euro. Bei der Zahl der Deals lag Frankreich mit 583 Transaktionen vor Großbritannien (535) und Deutschland (486), beim Transaktionswert hatte hingegen Großbritannien mit großen Abstand die Nase vorn: Insgesamt 3,74 Milliarden Euro flossen in britische Startups. Dahinter liegen Deutschland mit 2,23 Milliarden Euro und Frankreich mit 2,22 Milliarden Euro.
Nachdem Berlin sich im Jahr 2015 dank einiger sehr großer Investitionen noch Europas Startup-Hauptstadt nennen konnte, lagen 2016 London (2,2 Milliarden Euro), Paris, (1,3 Milliarden Euro) und Stockholm (1,2 Milliarden Euro – dank Spotify-Großdeal) vor der Bundeshauptstadt. In den europäischen Top Ten konnte sich zudem München mit einem Investitionsvolumen von 345 Millionen Euro als zweite deutsche Stadt platzieren- damit belegte die bayerische Landeshauptstadt den siebten Platz.
Das sind Ergebnisse des Startup-Barometers der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young). Die Studie beruht auf einer Analyse der Risikokapitalinvestitionen in Europa.
„Die steigende Zahl an Finanzierungsrunden in den führenden deutschen Startup-Regionen zeigt, dass der Startup-Standort Deutschland weiter an Attraktivität gewonnen hat und sich neben dem Zentrum Berlin auch die anderen deutschen Startup Ökosysteme positiv entwickeln. Die Startup-Szene in Deutschland steht heute auf einer breiteren Basis als je zuvor“,
kommentiert Peter Lennartz, Partner bei EY, die Zahlen.
Berlin immer noch an der Spitze, aber Bayern holt auf
Berlin konnte sich trotz Rückgangs des Investitionsvolumens mit weitem Abstand an der Spitze innerhalb Deutschlands behaupten. Anders als in Berlin stieg aber in den meisten anderen Bundesländern das Investitionsvolumen: In Bayern von 282 auf 527 Millionen Euro, in NRW von 90 auf 141 Millionen Euro und in Sachsen von 16 auf 101 Millionen Euro. Rückläufig waren die investierten Summen in Hamburg (von 321 auf 127 Millionen Euro) und in Baden-Württemberg (von 149 auf 87 Millionen Euro).
Bis auf Baden-Württemberg und Sachsen, wo jeweils zwei Deals weniger gezählt wurden als im Vorjahr, verzeichneten alle anderen größeren Startup-Regionen einen Anstieg der Transaktionen, wobei der in Nordrhein-Westfalen, wo sich die Zahl der Deals auf 48 mehr als verdoppelt hat, besonders stark ausfiel. Lennartz beobachtet:
„Die Startup Ökosysteme haben sich überall in Deutschland weiterentwickelt. Berlin bleibt zwar vorn und ist weiterhin für Startups weltweit sehr attraktiv, aber gerade München, Hamburg und Köln kristallisieren sich als Hotspots mit einer starken Dynamik heraus.“
So sei die Investitionsaktivität etwa in Köln von acht Deals im Jahr 2015 auf 25 Deals im vergangenen Jahr deutlich gestiegen – das Volumen habe von 25 auf 45 Millionen Euro ebenfalls stark zugelegt.
„In der Weiterentwicklung der Startup Ökosysteme in Deutschland und der damit einhergehenden engere Zusammenarbeit der innovativen Startups mit deutschen Unternehmen liegt eine große Chance für die zukünftige Entwicklung der deutschen Wirtschaft insgesamt.“