Das Münchner Startup Temedica (vormals physiovia) bringt mit ihrem digitalen Therapiebegleiter Schwung in die hiesige E-Health-Szene. Mit Hilfe von Machine Learning und der Vernetzung von Ärzten und Therapeuten soll die Therapie des Patienten strukturierter ablaufen. Damit der Patient motivierter dran bleibt an seinen Rückenübungen, beispielsweise.
Wir haben mit Gründerin Gloria Seibert gesprochen.
1. Wer seid Ihr und was macht Ihr?
Wir vertreten mit der Temedica GmbH stolz die doch noch sehr kleine E-Health-Szene in München. Mit unserer App haben wir einen digitalen Therapiebegleiter für Patienten entwickelt. Ärzte und Therapeuten werden einrichtungsübergreifend vernetzt und können dadurch die Therapien ihrer Patienten besser betreuen.
Für Patienten ergibt sich hieraus eine maßgeschneiderte Therapie über den gesamten Heilungsverlauf hinweg. Durch den Einsatz von Machine Learning wird langfristig die medizinische Versorgung der Patienten verbessert – gleichzeitig erhalten Ärzte und Therapeuten ein wertvolles Werkzeug in die Hand, um ihre Entscheidungsgrundlage zu verbessern und damit die Therapiequalität zu erhöhen.
physiovia will den Leidensweg verkürzen
Initial wurde Temedica von mir, Gloria Seibert, sowie Clemens Kofler und Dr. med. Patricia Singer gegründet. Die Idee entstand vor etwas über einem Jahr aus der medizinischen Praxis: Leider ist es keine Seltenheit, dass Therapien unstrukturiert oder inkonsistent ablaufen, was den Leidensweg Betroffener verlängert und zu hohen Kosten für das Gesundheitssystem führt. Gerade die Digitalisierung bietet hier enormes Potential, da dadurch einzelne Stakeholder vernetzt und damit ein direkter Austausch ermöglicht wird.
Digitale Hilfestellung für Ärzte und Therapeuten
2. Aber das gibt’s doch schon längst!
Es gibt Konkurrenten, jedoch haben wir uns mit physiovia auf ein therapiebegleitendes Angebot fokussiert, das Ärzte und Therapeuten nicht ersetzen, sondern vielmehr sinnvoll ergänzen soll. Durch den Einsatz von Machine Learning können Ärzte und Therapeuten zusätzlich zu ihrer eigenen jahrelangen Erfahrung auch auf den Erfahrungsschatz anderer zurückgreifen, um die bestmögliche Therapie für den jeweiligen Patienten zu finden. Damit bietet physiovia neben einer besseren Versorgung für Patienten auch eine fundierte Hilfestellung für Ärzte und Therapeuten.
Starke Regulierung vs. Tatendrang
3. Was war Eure bisher größte Herausforderung?
Der Gesundheitsmarkt ist geprägt von starker Regulierung und langwierigen Entscheidungswegen. Gerade als Startup mit großem Tatendrang und hoher Geschwindigkeit kann es vorkommen, dass ein neues Konzept nicht immer auf offene Ohren stößt.
Wir mussten deshalb sehr früh das System in seiner Komplexität verstehen und Wege finden, die uns einen Markteintritt ermöglichen. Diese Hausaufgaben haben wir zum Glück bis dato sehr erfolgreich gemeistert.
4. Butter bei die Fische: Wie läuft das Geschäft?
Wir waren bereits drei Monate nach offizieller Gründung mit einem zertifizierten Medizinprodukt im Markt und konnten seitdem eine ganze Menge Nutzerfeedbacks und weitere Insights generieren. Mittlerweile hat physiovia eine Reihe Kooperationseinrichtungen – sowohl Kliniken als auch niedergelassene Praxen –, deren Patienten unser Produkt nutzen können.
Darüber hinaus sind wir im Gespräch mit Versicherungen, um unseren Patienten den Service von physiovia unkompliziert und langfristig kostenlos zur Verfügung stellen zu können.
5. Was bedeutet München für Euch?
„Klein aber sehr, sehr fein“ – so würden wir die Münchner Gründerszene beschreiben. Wir sind mittlerweile mit einigen ansässigen Startups gut vernetzt und man hilft sich gegenseitig, wo man kann.
Durch die Nähe zu großen Industrieunternehmen wie auch führenden Universitäten haben wir einen exzellenten Zugang zu Experten und Talenten. Und was gibt es Schöneres, als den Feierabend im Biergarten um die Ecke ausklingen zu lassen?
Der Gesundheitsmarkt: Schwer zu knacken
6. Wie wird Euer Startup zum nächsten Unicorn? Oder sehen wir uns bald auf der Epic Fail Night?
Wir möchten in erster Linie mit physiovia die medizinische Versorgung von Patienten verbessern und langfristig zur Gesundheit beitragen. Auch wenn wir uns mit dem Gesundheitsmarkt eine harte Nuss ausgesucht haben, sind wir überzeugt, dass wir durch unseren signifikanten Mehrwert über kurz oder lang einen festen Platz im System einnehmen werden.
7. Isar oder Englischer Garten?
Beides! Erst die Füße in der Isar abkühlen und danach zum Chinesischen Turm im Englischen Garten.