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„Frauen brauchen dringend Vorbilder“ – Interview mit Amali de Alwis

Die herCAREER steht wieder vor der Tür: am 12. und 13. Oktober 2017 findet die Karrieremesse für Frauen statt, und ist wie gewohnt wieder mit vielen guten Speakerinnen besetzt. Eine davon ist Amali de Alwis. Sie ist CEO von Code First: Girls, einem mehrfach preisgekrönten sozialen Unternehmen, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Zahl der Frauen in der Tech- und Startup-Branche zu erhöhen. In den letzten drei Jahren hat Code First: Girls mehr als 2,5 Millionen Pfund in Form von kostenfreier Tech-Ausbildung bereitgestellt und ist damit der größte Anbieter von Programmier-Kursen für Frauen in Großbritannien.

Interview von herCAREER

Sie haben einmal in einem Interview gesagt: „Eine der größten Herausforderungen für Frauen ist es, das Selbstvertrauen zu haben, Führungspositionen einzunehmen oder eine Firma zu gründen.“ Brauchen wir mehr weibliche Vorbilder?

Amali de Alwis, CEO von Code First: Girls

Auf jeden Fall. Es wäre großartig, wenn wir mehr weibliche Vorbilder in der Branche hätten! Wir alle schauen schließlich auf zu den Ikonen der Branche. Wenn wir allerdings an die großen Namen in der Tech-Branche denken, fallen uns eher selten Frauen ein. Ich fände es sehr wichtig, mehr weibliche Vorbilder zu haben, denn es gibt sie, die Frauen, die Großartiges in der Branche geleistet haben – aber leider kennt sie kaum jemand.

Zudem denke ich, dass es nicht immer nur um hochkarätige Leute in der Branche geht. Es geht auch darum, spannende Personen im eigenen Unternehmen zu identifizieren, zu denen man aufblicken kann. Als ich noch in größeren Unternehmen arbeitete, habe ich in meiner Firma geschaut, wessen Job ich gern machen würde, wer ich gern in Zukunft sein würde. Und wenn ich hochschaute und da war niemand, mit dem ich mich identifizieren konnte, dann hat mich das sehr entmutigt, weiterhin für diese Firma zu arbeiten.

Ich bin jemand, der ein gesundes Selbstvertrauen hat, aber auch ich brauche jemanden, zu dem ich aufschauen kann. Ich muss sehen, was die Menschen auf den oberen Etagen tun und wie sie dorthin gekommen sind. Denn wenn ich zehn Menschen sehe, die etwas tun, das ich gut finde, dann habe ich für mich zehn verschiedene Möglichkeiten gefunden, die für mich in den verschiedenen Stufen meiner Karriere funktionieren könnten. Und darauf arbeite ich dann hin.

Wer sind Ihre Vorbilder?

Wenn es um persönliche Idole geht, muss ich an Stephanie Shirley denken. Sie ist so ein großartiges Vorbild für Frauen! Sie hat in den 60er-Jahren eine Software-Firma gegründet, also in einer Zeit, in der keiner wirklich über Software sprach, geschweige denn über Frauen und Software. Ein weiteres Vorbild für mich ist Grace Hopper, die den ersten Compiler geschrieben hat. Und es gibt noch so viele andere spannende Persönlichkeiten, die inspirierende Dinge getan haben. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Frauen bekannter gemacht werden!


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Die Zahl der weiblichen Gründer in der Tech-Branche ist sehr gering. Was glauben Sie hindert Frauen, ein Unternehmen zu gründen?

Das hat ganz unterschiedliche Gründe. Es ist ja nicht so, dass es nicht genug Frauen gäbe, die erstaunliche Dinge tun, aber die meisten stehen nicht als erfolgreiche Tech-Unternehmerinnen im Rampenlicht. Wenn wir an die erfolgreichen Entrepreneure in dieser Branche denken, denken wir Mark Zuckerberg von Facebook oder Reid Hoffman, der zum Beispiel LinkedIn mitgründete. Da sind wir wieder bei Vorbildern: Frauen brauchen sie ganz dringend!

Aber es geht auch um ein anderes Thema: Frauen und Risiko. Ermutigen wir unsere Mädchen, in ihrer Karriere Risiken einzugehen? Und ermutigen wir unsere Mädchen, etwas zu tun, was ein Risiko wäre und potenziell zu Verlusten führen kann? Für Entrepreneure ist das Unternehmertum eine Achterbahnfahrt, Erfolg und Scheitern können nah beieinander liegen. Können wir uns das für unsere Mädchen vorstellen? Oder erwarten wir, dass sie risikoaverser sind, um in der Lage zu sein, für ihre Kinder und Familien zu sorgen? Das sind Fragen, die es meines Erachtens von gesellschaftlicher Seite aus zu klären gibt.

Frauen als Investoren

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Frauen größere Probleme haben, Finanzmittel für ihre Unternehmungen zu erhalten. Wie können wir dieses Problem Ihrer Meinung nach lösen?

Das ist eine sehr schwierige Frage. Es hat in den vergangenen Jahren eine Menge Diskussionen rund um das Thema Frauen und Investitionen, VC‘s und Business Angel gegeben. Grundsätzlich würde ich sagen, dass Investoren immer nach einem guten „Match“ suchen. Und wenn Investoren einen bestimmten Hintergrund haben, dann werden die Unternehmen, in die sie investieren, höchstwahrscheinlich einen ähnlichen Background haben. Anders formuliert: Sie suchen jemanden, der ihnen vertraut wirkt. Und da es nicht sehr viele weibliche Investoren gibt, sehen wir auch weniger Frauen, die eine Finanzierung erhalten.

Aber wir sollten uns auch fragen, warum nicht mehr Frauen als Investoren agieren. In Großbritannien zum Beispiel gibt es Business-Angel-Verbände, die mit Angel-Investoren zusammenarbeiten und versuchen, Frauen, die bereits mitten im Berufsleben stehen und jährlich ein paar tausend Pfund an Boni zur Verfügung haben, dafür zu interessieren, sich auch als Investoren zu betätigen. Ich denke, dass wir Frauen im Laufe unserer beruflichen Karriere lernen müssen, was es bedeutet, selbst Investor zu werden. Wir sollten in andere Frauen und ihre Projekte und Unternehmen investieren – damit diese auch erfolgreich und finanziell mächtig werden können.

Wer eine Co-Founderin will, muss richtig suchen

Viele Gründerteams sagen, dass sie gern eine Frau als Co-Founder gehabt hätten, aber niemanden gefunden haben. Sind gemischte Teams wirklich erfolgreicher?

Ja, ich würde auf jeden Fall sagen, dass diverse Teams erfolgreicher sind. Und ich würde auch allen Gründern, die behaupten, sie hätten vergeblich versucht eine weibliche Mitgründerin zu finden, sagen, dass sie besser suchen sollten. Wenn Gründer Dinge weiterhin so angehen, wie sie es immer getan haben, dann werden sie sich nicht ändern. Wenn sie anders sein wollen, müssen sie sich eine andere Arbeitsweise aneignen. Und wenn sie auf der Suche nach Menschen für eine Tech-Position sind, kann ich ihnen sagen: Menschen zu finden, die Tech-Fähigkeiten besitzen, ist wirklich schwierig. Frauen zu finden, die technische Fähigkeiten besitzen, ist noch schwieriger. Also müssen sie kreativer suchen, sie müssen außerhalb ihres gewohnten Kreises suchen und vor allem dürfen sie nicht rein nach IT-Profilen Ausschau halten.

Im Grunde ist es wie mit den Zielvorgaben für das kommende Geschäftsjahr im Unternehmen. Wer seine Einnahmen im kommenden Jahr erhöhen will, sollte genau schauen, was er dafür tun kann. Er muss sich neue Ideen überlegen, wie er seine Einnahmen erhöhen kann: Was sind neue Produkte oder neue Märkte? Gleiches gilt bei der Personalsuche: Suchen Sie in anderen Branchen nach spannenden Profilen, tun Sie die Dinge anders als bisher. Setzen Sie Ziele, die Sie erreichen wollen und entwickeln Sie eine Taktik, in welcher Weise Sie diese Ziele erreichen wollen. Engagieren Sie sich stärker in Ihrem Recruitment-Prozess. Fangen Sie an, die Dinge anders zu tun, dann finden Sie auch passende Mitgründerinnen.

Auf der herCAREER am 12. und 13. Oktober wird Amali de Alwis eine Keynote mit dem Titel „Managing a left brain right brain argument – or my personal journey through science, tech and creativity“, halten.

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