Interview Dr. Anna-Elisabeth Klein: Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

Jeder von uns kennt sie, aber hat sie auch jeder gelesen? Die Rede ist von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. AGB als vorformulierte Vertragsbedingungen sind im Geschäftsverkehr weitverbreitet. Gerade bei Verträgen im Massengeschäft sind sie heute kaum mehr wegzudenken. Doch auch wenn AGB mittlerweile oft Standard sind, sollten Unternehmer bei deren Verwendung auf ein paar grundlegende Dinge achten. Dr. Anna-Elisabeth Klein, Rechtsreferentin für Zivil- und Handelsrecht, Wirtschaftsmediatorin bei der IHK München, verrät im Interview, was bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen wichtig ist.

AGB
Dr. Anna-Elisabeth Klein, Rechtsreferentin für Zivil- und Handelsrecht bei der IHK München (© IHK München)

Frau Dr. Klein, wann sind „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ für Startups sinnvoll?
AGB sind dann sinnvoll, wenn Sie es mit einer Vielzahl von wiederkehrenden und gleichgelagerten Vertragssituationen zu tun haben, für die Sie die Bedingungen vorgeben möchten. Sie schaffen hiermit eine einheitliche detaillierte Regelung Ihrer Rechtsbeziehungen, bewirken Klarheit gegenüber dem Vertragspartner und vereinfachen den Geschäftsverkehr. Außerdem bieten AGB die Möglichkeit – zumindest dort, wo das Gesetz einem Spielräume belässt – diese auch für an die Bedürfnisse des eigenen Unternehmens angepasste Regelungen zu nutzen.

Muss jedes Startup eigene AGB formulieren?

Sie sind grundsätzlich keine Pflicht. Wird von den Parteien nichts Besonderes vereinbart, gilt in der Regel das Gesetz (hier v.a. die §§ 305 ff. BGB, die jeder zumindest grob kennen sollte).
Sie sind jedoch aus dem heutigen Geschäftsleben kaum mehr weg zu denken. In der Praxis empfiehlt es sich meist, aus den gerade genannten Gründen, eigene AGB zu formulieren und zu verwenden.

Was muss in den AGB enthalten sein und wie formuliert man sie richtig?

An sich gibt es keine vorgeschriebene „Form“ für  Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Wichtig ist v.a., dass sie verständlich formuliert werden, so dass sie auch ein Nichtjurist verstehen kann. Sie müssen klar, gut lesbar und wahrnehmbar sein

Unklare und mehrdeutige Klauseln gehen nämlich stets zu Lasten des Verwenders!

Zudem empfehle ich, die Vertragsbedingungen übersichtlich mit entsprechenden Überschriften und Absätzen sowie logisch (d.h. zum Beispiel chronologisch orientiert am Bestellvorgang) aufzubauen. Unklare und mehrdeutige Klauseln gehen nämlich stets zu Lasten des Verwenders! Im Übrigen findet sich in den §§ 308, 309 BGB ein umfangreicher Katalog von Dos und Don`ts aufgelistet. Diesen sollte sich jeder Unternehmer einmal durch gelesen haben. Zumindest sollte man Regelungen zu folgenden Themen treffen: Vertragsschluss, Zahlungsbedingungen und Preise, Lieferung/-verzug, Mängelhaftung, Haftungsbeschränkung, Kündigung/Laufzeit etc.

Was unterscheidet AGB im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern und Geschäftskunden?

Gegenüber dem Verbraucher obliegen dem Unternehmer mittlerweile gerade im Online-Geschäftsbereich zahlreiche Informationspflichten. Die meisten Informationspflichten (wie z.B. das Widerrufsrecht bei Verbrauchern) müssen in AGB abgebildet werden, wenn der Unternehmer AGB verwendet.
Daneben werden AGB im B2C-Bereich unter wesentlich strengeren Voraussetzungen Vertragsbestandteil als im B2B-Bereich.

Es gilt die Regel: Lieber keine AGB als Falsche!

Wie verwendet man AGB richtig?

Es gilt die Regel: Lieber keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen als Falsche! Die Folgen unzulässiger AGB sollten einem bewusst sein: Zum einen kann sich der Verwender nicht auf diese berufen. Zum anderen drohen kostspielige wettbewerbsrechtliche Abmahnungen, wenn ein Unternehmen unzulässige AGB verwendet.

AGB werden nicht automatisch Vertragsbestandteil. Sie müssen vielmehr wirksam in den Vertrag einbezogen werden.

Gegenüber Verbrauchern bedeutet dies, dass der Unternehmer bei Vertragsschluss ausdrücklich und unübersehbar auf die AGB hinweisen muss. So reicht es beispielsweise nicht aus, die AGB kommentarlos, auf der Rückseite eines Auftrags abzudrucken. Auch hat der Hinweis bei Vertragsschluss zu erfolgen. Das bedeutet, dass die Kenntlichmachung der AGB erst auf der Rechnung oder im Lieferschein zu spät wäre. Hinzu kommt, dass die AGB dem Verbraucherkunden unaufgefordert bei Vertragsschluss ausgehändigt oder zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt werden müssen. Ob dieser sie dann tatsächlich liest, bleibt ihm überlassen. Wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt sind, reicht es zur wirksamen Einbeziehung der AGB in den Vertrag aus, wenn der Kunde sich hierauf einlässt. Eine ausdrückliche Erklärung ist nicht zwingend notwendig.

Gegenüber Unternehmern bestehen dagegen erleichterte Voraussetzungen zur Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in die Verträge. Hier darf grundsätzlich erwartet werden, dass der gewerbliche Kunde, sich die AGB aus eigenem Antrieb verschafft. Sie müssen ihm nicht unaufgefordert überlassen werden. Unter Umständen reicht hier bei Vertragsschluss der Hinweis auf die Geltung der AGB, beispielsweise mit dem Link auf die eigene Internetseite, auf der die AGB abrufbar sind.

Aus Gründen der Rechtssicherheit ist es jedoch ratsam, in jedem Vertragsangebot auf die AGB hinzuweisen und somit dem Vertragspartner die Möglichkeit zu bieten, das Angebot zu den vorgegebenen Vertragsbedingungen anzunehmen oder in Verhandlungen einzutreten.

Besonderheiten bei der Verwendung von AGB im Internet

Wichtig: Für die Verwendung von AGB im Internet sind oftmals Besonderheiten zu beachten. So empfiehlt es sich, technisch sicher zu stellen, dass die andere Vertragspartei – vor Abschluss des Bestellvorgangs – durchsehen und die Kenntnisnahme bestätigen muss. Dem Verbraucherkunden muss zudem die Möglichkeit gegeben werden, die AGB bei Vertragsschluss abzurufen und in „wiedergabefähiger Form“ (d.h. beispielsweise als PDF) zu speichern.

Weitere Informationen finden Sie im Übrigen auch in unserem Merkblatt „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ – zum Download.

Dort finden Sie u.a. auch Muster für AGB. Vorsicht allerdings, mit der ungefilterten Verwendung von Vorlagen oder Mustern! Je nach Branche und Vertragsparteien (B2B oder B2C) können einzelne Klauseln aus Mustern zulässig oder unzulässig sein. Wir raten daher generell ab, Allgemeinen Geschäftsbedingungen ungeprüft von Dritten zu übernehmen (Achtung: Gefahr der Urheberrechtsverletzung!) oder gar selbst, ohne die Hinzuziehung von juristischem Rat, zu erstellen!


Übrigens: Die IHK Startup Unit berät Euer Startup kostenfrei und neutral. Erfahrt mehr  unter  http://ihk-muenchen.de/startup.