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Flughafen München: Ein Blick in die Zukunft mit Dr. Michael Kerkloh

Der Flughafen München ist ein internationaler Verkehrsknoten, der weltweit mit über 260 Zielen vernetzt ist. Dieser Standortvorteil soll zukünftig für ein großes Zukunftsprojekt genutzt werden: den LabCampus. Wir wollten von Dr. Michael Kerkloh, Vorsitzendem der Geschäftsführung und Arbeitsdirektor der Flughafen München GmbH, wissen, was sich genau hinter diesem Projekt verbirgt und wie er sich den Flughafen der Zukunft vorstellt.

Der Flughafen München will neue Wege gehen: Mit dem LabCampus soll ein unternehmens- und branchenübergreifendes Ideenzentrum auf dem Flughafencampus entstehen. Warum muss ein Flughafen heutzutage mehr als „nur“ ein Flugplatz und Verkehrsknotenpunkt sein?

Dr. Michael Kerkloh, Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafen München GmbH
Dr. Michael Kerkloh, Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafen München GmbH © Flughafen München

Flughäfen sind ja schon lange nicht mehr nur Verkehrsdrehscheiben, sondern haben sich vielmehr zu urbanen Zentren und Begegnungsstätten entwickelt. Gerade Geschäftsreisende erwarten häufig, dass dort, wo man ankommt, nach Möglichkeit schon Termine stattfinden, damit keine unnötige Zeit verloren wird. So sind Fachtagungen internationaler Experten am Flughafen sehr erfolgreich, bereits am Flughafen verabredet man sich mit Geschäftspartnern, begutachtet neue Produkte und tauscht sich mit Fachkollegen aus.

Nebenbei kann man Einkaufs- und Erlebniswelten am Flughafen erkunden, es sich gut gehen lassen, Freunde treffen oder auch mal bei einem Glas Bier Verträge aushandeln. Am Münchner Airport kann man sich in unserem Ärztezentrum sogar medizinisch behandeln lassen.

Der Flughafen München hat sich zu so einer „Airport City“ entwickelt, mit allem, was dazu gehört, von der Apotheke bis zur Tankstelle, von der Kapelle bis zum Wirtshaus. Und täglich frequentieren weit über 100.000 Reisende diese Stadt. Da ist es nur folgerichtig, dass wir speziell für den Austausch innovativer Ideen einen neuen Marktplatz schaffen und einen Standort für branchenübergreifende Innovation entwickeln. Der Flughafen München ist dafür goldrichtig und bietet geradezu idealen Voraussetzungen für eine solche Ideenschmiede.

Was genau soll auf dem LabCampus passieren? Und welche Partner konnten Sie bereits für das Projekt gewinnen?

Mit dem LabCampus entsteht bei uns am Flughafen ein einzigartiges Ideenzentrum, an dem Firmen und Wissensträger, Startups und Global Player, Kreative und Investoren zusammenkommen. Wir wollen High-Tech-Unternehmen und Schlüsselbranchen aus den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Digitalisierung, Energie und Mobilität eine neue Plattform bieten. Mit Unternehmen wie Siemens, Design Offices und SAP sowie Forschungseinrichtungen wie dem Fraunhofer Institut, der Friedrich Alexander Universität Erlangen-Nürnberg oder der UnternehmerTUM der TU München wurden bereits wichtige Partner als künftige Nutzer für den LabCampus gewonnen. Wir wollen der Kreativität einen Raum bieten und innovative Wissensträger zusammenbringen. Als Flughafen übernehmen wir die Rolle des Kurators.

Der ganze Flughafen wird dabei Labor

Auch Startups spielen in der Planung des LabCampus eine Rolle. Welchen Stellenwert nehmen Startups in der Luftfahrtindustrie Ihrer Meinung nach ein? Für welche Bereiche sind sie besonders wichtig?

Die Luft- und Raumfahrtindustrie war schon immer ausgesprochen innovativ und fortschrittlich. Flughäfen sind Treiber aber auch Nutzer modernster Technologien. Da ist es nicht weiter verwunderlich, wenn gerade an den Flughäfen die Ideen kreativer Köpfe besonders gefragt sind. Weil wir den Anspruch erheben, am Flughafen München immer an der Spitze der technologischen Entwicklung zu stehen, legen wir auch Wert darauf, dass unsere Prozesse „state-of-the-art“ sind.

Startups könnten dabei helfen, besonders innovative Lösungen zu entwickeln, die wir gleich einem Praxistest unterziehen. Der ganze Flughafen wird dabei zum Labor. Und nach erfolgreichem Testlauf können flughafenspezifische Anwendungen zur Marktreife gebracht werden und auch an anderen Flughäfen zum Einsatz kommen. Viel Potential sehe ich im Bereich der Digitalisierung und bei der Optimierung der gesamten Transportkette, der Weg von der Haustür bis zum Flugzeugsitz, Stichwort „Seamless Travel“.

LabCampus
Visualisierung des LabCampus © Flughafen München

 

Wie wollen Sie es schaffen, dass die eher urban geprägte Startup-Szene das Angebot des LabCampus wahr- und dafür auch die Entfernung zum Stadtgebiet München in Kauf nimmt?

Bei einer entsprechend attraktiven Innovationswelt, vor allem aber im Zusammenspiel von ausgewiesenen Fachleuten und profilierten Wissenschaftlern, spielt die Entfernung zum Stadtgebiet München kaum eine Rolle. Der Flughafen München selbst ist eine „Airport City“. Nehmen Sie als Beispiel unser kürzlich ins Leben gerufene „Information Security Hub“, gewissermaßen ein erster Baustein des LabCampus. Wir arbeiten hier mit einer Reihe renommierter Unternehmen daran, Technologien gegen die Cyber-Kriminalität weiterzuentwickeln und haben dazu die gesamte IT des Flughafens „en miniature“ nachgebaut. Da ist ein höchst ansprechendes Ambiente entstanden, mit einer realistischen Simulation der Systemarchitektur eines ganzen Flughafens, das vielfältige Möglichkeiten bietet, um Cyberangriffe und deren Abwehr durchzuspielen.

Wichtiges Signal für zukunftsweisendes Projekt

Sicherlich wird sich LabCampus entwickeln müssen, denn wir haben gerade erst den Startschuss für den ersten Bauabschnitt gegeben. Sehen Sie es als wichtiges Signal für ein zukunftsweisendes Projekt, das später einmal zu einem höchst attraktiven Innovationszentrum werden wird, zu einem Forschungsstandort, der Wohnen und Arbeiten kombiniert und dazu Entertainment und Freizeitangebote, Shops, Bars und Cafés bieten wird. Wir planen eine Zukunftswerkstatt, eine Vision, die wir bei uns am Flughafen München umsetzen, das ist die Perspektive.

Die Zusammenarbeit mit Startups ist für den Flughafen München kein neues Metier. Das Innovationsmanagement des Flughafens ist an innovativen Dienstleistungen und Produkten interessiert, die sich schnell auf dem Markt testen lassen und die Customer Experience verbessern. Gibt es Kooperationen zwischen dem Flughafen München und Startups, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?

Schon unsere hohen Qualitätsmaßstäbe verpflichten uns, ständig die Abläufe und Prozesse am Flughafen München auf den Prüfstand zu stellen, sie zu überdenken, neu zu justieren oder nach Verbesserungen und innovativen Lösungen zu suchen. Dabei haben wir immer die Bedürfnisse von Passagieren und Kunden im Auge. Wir sind offen für Anregungen und Kritik unserer Fluggäste. Wertvolle Hinweise und Verbesserungsvorschläge erhalten wir auch von unseren Mitarbeitern, die wir aufgreifen und umsetzen.

Intern haben wir dazu die erfolgreiche Ideenplattform „InnovationPilot“ ins Leben gerufen, die auch in Kooperation mit einem Startup, nämlich innosabi, entwickelt worden ist. Wir beteiligen uns auch am Innovationspreis der Deutschen Luftfahrt und haben zum Beispiel einen Preis an das Startup „eWings“ vergeben, das ein Flugbuchungssystem aus dem Blickwinkel der Nutzer heraus entwickelt hat. Oder denken Sie an die Schlafkabinen „napcabs“, die, von jungen Studenten entwickelt, längst einen festen Platz in Terminal 2 eingenommen haben. Das jüngste Beispiel ist vielleicht das Münchner Startup „styleGREEN“, das am Flughafen München auf einer 47 Quadratmeter großen Werbewand mit einer Islandmoos-Installation auf sich aufmerksam machte. Wir fanden die Idee so gut, dass wir ganze Teppiche von Islandmoos angeschafft haben, um damit für den „grünen Flughafen“ und unsere Anstrengungen zum Klimaschutz zu werben.

Flughafen-Logo mit Tower
Flughafen-Logo mit Tower © Flughafen München

Die „Future of Mobility“ ist in allem Munde: Welche Zukunftsvisionen von Flugverkehr finden Sie besonders spannend? Wie wird der Flughafen der Zukunft aussehen?

Der Trend zu einer weiter fortschreitenden Digitalisierung wird die Betriebsabläufe an den Flughäfen in absehbarer Zeit grundlegend verändern. Sensoren werden nicht nur über vollautomatisch gesteuerte Anlagen wachen und in Echtzeit Daten über den Betriebszustand liefern, sondern vielmehr mit anderen vernetzten Steuerungssystemen kommunizieren. Überwachungskameras mit automatischer Gesichtserkennung werden Sicherheitskontrollen vereinfachen. Besonders spannend finde ich, dass die Passagiere über personalisierte Endgeräte geleitet werden und wir sie auf ihrem Weg zum Gate über das Smartphone mit allen wichtigen Informationen versorgen. Dazu bekommen sie noch passende Anregungen zu Angeboten von Shops oder Restaurants, die sie passieren.

Flughafen München bis 2030 klimaneutral

Auch das Anreiseverhalten der Passagiere wird sich stark verändern, da werden zusätzlich zu einem effektiven und verlässlichen ÖPNV auch autonome Busse zum Einsatz kommen, die E-mobility wird ausgebaut und Car Sharing wird zur Regel werden. Verkehrsträger werden eng miteinander vernetzt und über das Smartphone werden die Kosten abgebucht. Damit werden die Abläufe reibungslos und smart.

Dazu werden Flughäfen immer grüner. Wir haben schon heute die Weichen dafür gestellt, dass der Flughafen München bis zum Jahr 2030 klimaneutral sein wird. Fortschrittliche Technologien, besonders leichte, aber formstabile Komponenten, ressourcenschonende Triebwerke und alternative Kraftstoffe werden dafür sorgen, dass Fliegen noch energieeffizienter wird. Haben Sie davon gehört, dass Forscher des Niederländischen Luft- und Raumfahrtzentrums jetzt einen Flughafen mit einer einzigen kreisrunden Start- und Landebahn entworfen haben? Beim Blick in die ferne Zukunft bin ich mir jedenfalls sicher, dass uns die Ideen nicht ausgehen werden.

Vielen Dank für das Interview, Herr  Dr. Kerkloh!

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