© Silicon Valley Bank

„Die Saat geht auf“ – Nachgefragt bei… der Silicon Valley Bank

Viel wurde in den letzten Monaten gemunkelt, seit Ende Mai 2018 ist klar: Die Silicon Valley Bank (SVB) ist nun offiziell auch in Deutschland vertreten. Wir wollten wissen, was Startups bei dem neuen Player erwartet, was die amerikanische Bank so besonders macht und wieso der deutsche Markt so spannend ist. Dazu haben wir Christian Hoppe, Managing Director der SVB in Deutschland, auf der Noah Konferenz zum Gespräch getroffen.

Die SVB wurde vor rund 35 Jahren in den USA gegründet und machte 2017 einen Gewinn von 490 Mio. US-Dollar. Mit über 2.500 Mitarbeitern weltweit, davon über 200 in UK, hat die Bank nun auch ein Office in Deutschland eröffnet. Aktuell noch ohne Vollbanklizenz, konzentriert sich das Geschäft vornehmlich auf die Kreditvergabe. Aber wieso ist das so ein heißes Thema in der Startup-Szene? Wie profitieren Startups bei der SVB im Vergleich zu Krediten von anderen Banken? Christian Hoppe beantwortet das so:

„Der einfachste Punkt ist: Wir stellen Kredite überhaupt zur Verfügung. Bei frühphasigen Startups ist es ja meist so, dass sie durch das Risikoprofil der Banken durchfallen. Wir wiederum schauen uns die Startups an, wir verstehen die Unternehmen, wir verstehen Technologie. Und wir haben keine Angst davor, jemandem Kredit zu geben, der loss-making ist.“

Fast wie eine Ehe – der ganzheitliche Ansatz

Außerdem öffnet die SVB ihr Netzwerk in die Venture-Capital-Szene. Das ist spannend, denn die Bank hat 2400 Venture-Capital-Fonds als Kunden. Das heißt, wenn ein Startup die nächste Finanzierungsrunde plant und ein Intro zu einem starken VC braucht, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass schon enge Kontakte bestehen und ein Intro gegeben werden kann. Und das im Gegensatz zu anderen Stellen kostenfrei.

Ähnliches gilt, wenn ein Startup expandieren will, beispielsweise über eine Akquisition. Auch in diesem Fall kann es sein, dass das Target-Objekt schon ein SVB-Kunde ist. Dieses Modell betreibt die SVB aktuell stärker in den USA, denn dort hat die Bank bereits über 30.000 Startups finanziert.

Silicon Valley Bank SVB Hoppe
Christian Hoppe, unser Interviewpartner, ist  Managing Director der SVB in Deutschland. 
(© Silicon Valley Bank)

Vom Erstkontakt bis zum Abschluss eines Vertrags kann es dabei schon mal ein oder zwei Jahre dauern. Denn die SVB sagt von sich selbst, sie sei nicht transaktionsgetrieben. Kommt ein Startup mit dem passenden Geschäftsmodell auf die Bank zu, gehen die Mitarbeiter erstmal ins Gespräch und geben unverbindlich ihr Know-how weiter. Nach dem Motto: Tue dem Ökosystem Gutes und das kommt dann irgendwann positiv zurück.

„Wir sind nicht direkt davon abgeschreckt, wenn wir erkennen: Morgen machen wir keinen Deal. Wir fragen eher: Wie können wir Dir helfen? Das ist fast wie eine Ehe. Wir finanzieren und dann wollen wir am liebsten ewig dabei bleiben.“

Und wie rechnet sich das Geschäftsmodell? Christian Hoppe dazu:

„Wir begleiten die Unternehmen von einer Series A beginnend bis hin zum IPO, bis sie multinational sind. Das beste Beispiel ist Cisco, wo wir aktuell immer noch finanzieren.“

Und wieso finanziert die SVB im Gegensatz zu hiesigen Banken Unternehmen, die keine Gewinne, sondern Verluste einfahren?

„Durch unsere lange Erfahrung auf diesem Gebiet aus dem Silicon Valley heraus verstehen wir das Risiko und können es managen, eben weil wir es verstehen. Es ist natürlich auch nicht so, dass der Coupon identisch ist zu einem Hausbankkredit von einem Prozent. Er ist risikoadjustiert, er ist marktgerecht.“,

erklärt der Managing Director der SVB Deutschland. Abhängig macht die SVB das unter anderem vom Produkt. Eine spezielle Branchenfixierung gibt es jedoch nicht. Christian ergänzt:

„Bei Venture Debt muss man beispielsweise keine persönliche Sicherheit stellen. Wir finanzieren alles, was innovativ, disruptiv ist und einen sehr starken Tech-Bezug hat. Plus Life Science.“

Beteiligung nicht verwässern

Sehr wichtig sei der SVB wiederum, gerade bei frühphasigen Investitionen, dass vorherige Finanzierungsrunden ein gewisses Mindestvolumen haben und „gute“ Investoren bereits Geldgeber sind. Dann kann es passieren, dass die SVB auf einen Gründer, der gerade eine 10-Millionen-Runde raist, aktiv zugeht und ihm zusätzlich dazu bis zu 30% dieser Runde als Venture Debt on top anbietet. Die Startups profitieren dadurch, dass sie länger Kapital zur Verfügung haben, die nächste Runde auf einer höheren Bewertung machen und insgesamt mehr wachsen können. Und letztlich natürlich ihre Beteiligungsquote nicht verwässern.

Wir wollten wissen, nach welchen Entscheidungskriterien die SVB vorgeht. Die Idee, das Team, oder dass schon spannende andere Investoren mit an Bord sind? Christian dazu:

„Die Investoren sind extrem wichtig. Mit einem minimalen Abstrich danach in der Prio, aber nur minimal, kommt das Team. Und dann kommt erst das Geschäftsmodell.“

Schließlich gibt es sehr erfolgreiche Geschäftsmodelle, die Copycats sind. Wenn die Investoren die Idee gut finden und das Startup so lange pushen, bis es zum Erfolg wird, und das Team das auch umsetzen kann, dann ist das vielleicht wichtiger als die Idee selbst, meint Christian.

Warum Deutschland?

In Deutschland hat die SVB bereits einige Kunden. Münchner Startups, die von der Bank finanziert sind, heißen beispielsweise Lilium oder eGym. Für die Bank ist Deutschland in Kontinentaleuropa der interessanteste Markt. Das Office in UK war seit der Eröffnung vor einigen Jahren schnell auf 200 Mitarbeiter angewachsen. Und von den weltweit 23 Mrd. US-Dollar Gesamtkrediten wurden 3 Mrd. Kredite von UK vergeben. Diese Erfolgsgeschichte wolle man in Deutschland fortführen. Das Potential sei enorm, sagt Christian:

„Die Deutschen sind sehr Ingenieurs-lastig, entwickeln gern, haben eine starke Innovationskraft. Es ist eine spannende Phase gerade. Und es ist in Deutschland definitiv der richtige Zeitpunkt.“

Christian betont, die Expansion habe nichts mit dem Brexit zu tun. Vor drei Jahren gab es bereits Überlegungen der Bank, nach Deutschland zu gehen. Aber damals gab es noch nicht so viele große Finanzierungsrunden. Für den Finanzier auf der Debt-Seite gestaltet die Situation sich aktuell als das bessere Umfeld als noch 2015. Denn auch die Volumina der VC-Fonds werden stetig größer. Hinzu kommt, dass auch einige Startups Exits hingelegt haben, und die Gründer zwischenzeitlich selbst als Business Angel ihr Geld risikobewusst in neue Gründungen investieren. Außerdem gibt es mehr Serial Entrepreneurs, die genau wissen, wie sie skalieren und wie sie prozessual vorgehen. Christian dazu:

„Wir fangen jetzt an, die Früchte der Saat zu ernten, die vor drei bis fünf Jahren gesät wurde. Wir erkennen, wie da Pflänzchen draus werden.“

„Und die wässert Ihr jetzt?“, fragen wir ihn. Er erwidert:

„Ja, liebend gern. Ich mag das Bild auch, weil man sehr gut aufpassen muss, — auch bei Venture Debt –, dass man  das Pflänzchen nicht ertränkt. Das ist eine große Aufgabe, da braucht man auch Erfahrung.“

Der Managing Director der SVB Deutschland findet zudem: beide Seiten müssen vorsichtig agieren und stehen in der Verantwortung. Schließlich ist zu viel Geld nicht immer gut. Der Zeitpunkt muss passen. Und nicht für jedes Unternehmen ist Venture Debt das adäquate Finanzierungsmittel. Aber für viele eben doch.

Und wann kommt das SVB-Office in München?

Die Bank ist bereits mit einigen heißen Kandidaten im Gespräch. Außerdem möchte die SVB irgendwann auch ein Rep-Office in München aufmachen, denn der Münchner Markt wird als „extrem spannend“ bewertet.

„Nicht nur auf der Startup-Seite. Wir finanzieren ja nicht nur Startups, sondern auch Venture Capital und Private Equity Fonds. Und da ist München definitiv eine Hochburg“,

so Christian. Er ergänzt:

„Ich bin von München wahnsinnig begeistert. Die Stadt ist ein super Pflaster, denn München ist sehr unaufgeregt. Und die Bewertungen finde ich fair, nicht zu übertrieben.“

Anvisiert ist, dass eventuell schon ab kommendem Jahr erste Mitarbeiter der SVB von München aus arbeiten. Wir können also gespannt sein.