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Über Investorensuche, Urlaub und Frauenvor(ur)teile — Ein Interview mit Franzi Majer von Catchys

Beim Münchner Startup Catchys hat sich seit unserem ersten Gespräch vor einem guten Jahr viel getan: Gerade haben sie ihre zweite Finanzierungsrunde erfolgreich abgeschlossen, im September 2017 gewannen sie bei der Bits & Pretzels nicht nur den Hauptpreis (eine Reise zur Tech Challenge), sondern auch den Munich Startup Award. Daher war es nun Zeit für ein ausführliches Update. Wir haben mit Co-Founderin Franzi Majer, zuständig für Finance, Sales und Produkt, gesprochen.

Mit der erfolgreichen Finanzierung — die Investoren gaben 750.000 Euro — können die beiden Gründerinnen Franzi Majer und Magdalena Oehl verschiedene Themenbereiche angehen. Der Relaunch der Webseite, einer Metasuchmaschine für Second-Hand Mode, wurde als erstes umgesetzt. Mit dem First Closing der Finanzierungsrunde baute Catchys bereits neue Features und optimierte die Usability für die Kunden. Im zweiten Schritt steht die Expansion nach UK und in die Nordics an. Und als Drittes planen die Gründerinnen eine große TV-Kampagne, die Ende des Jahres zu sehen sein wird — ProSieben ist strategischer Partner des Startups.

Catchys
Neue Features, bessere Usability.

Sowohl Franzi als auch Magdalena hatten bereits vorher gegründet (ein Gastro-Business bzw. TalentRocket). Franzi hatte neben ihrem Gastro-Startup außerdem die deutsche GmbH von Videdressing, einem großen französischen Second-Hand-Marktplatz, gegründet und als Teil der Geschäftsführung die Expansion des Marktplatzes geleitet. Mit ihrer Mitgründerin teilte sie sich damals ein Büro, sagt Franzi Majer und erzählt:

„Wir haben früh erkannt, dass der Markt etwas wie Catchys braucht. Und dann haben wir gebootstrapped, haben nebenher das Produkt gebaut. Mit der ersten Finanzierungsrunde — die war Ende 2015 — sind wir bei unseren alten Projekten raus und haben 100% auf Catchys gesetzt.“

Die Motivation: Ein Need am Markt… und eine Hermes-Tasche

Ein zweiter Gründungsauslöser war ein Bekannter, der eine spezielle Hermes-Tasche suchte und bei den Gründerinnen nach Rat suchte. Um ihm zu helfen, klickten sich die beiden damals durch jeden einzelnen Shop, den sie kannten. Dabei kam der Gedanke auf: Das muss leichter gehen. Und gingen diesem nach. Mit Erfolg, denn bereits im März 2016 gab es erste Umsätze.

Ob es für die Gründerinnen leichter war, eine Finanzierung zu bekommen, weil sie bereits Gründungserfahrung mitbrachten? Franzi meint:

„Das öffnet einem auf jeden Fall schon Türen. Natürlich muss im Endeffekt die Idee überzeugen und auch das Team. Und das Allerwichtigste: Wir hatten schon ein gewisses Netzwerk. Und das hat uns von Anfang an extrem geholfen.“

Tipps für die Investorensuche

Gleichzeitig überzeugte Franzi die Investoren durch ihre große Expertise im Markt. Außerdem kannte sie die wichtigsten Player durch ihre frühere Geschäftsführertätigkeit bei Videdressing. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist sicherlich, dass beide Gründerinnen sehr gut im Networking sind. Franzis Tipp für die Investorensuche:

„Für mich hat am besten funktioniert: Einfach den Mund aufmachen und fragen. Es gibt so viele Leute, die man nicht direkt damit in Verbindung bringt, dass sie Investoren kennen. Im Endeffekt kommt dann raus, dass genau diese supergute Intros machen können. Am wichtigsten ist: Nicht zu fokussiert schauen, sondern frei streuen.“

So hatte die Gründerin oft auch nur im Nebensatz erwähnt „Vielleicht kennst Du noch jemanden, der als Business Angel aktiv ist“ und dann kam ein „Ja, da kenn ich tatsächlich wen.“ Über mehrere dieser Gelegenheiten kam bei Catchys der ein oder andere Business Angel zusätzlich an Bord.

catchys munich startup award
Die Catchys-Gründerinnen Magdalena Oehl und Franzi Majer, glücklich mit dem Munich Startup Award.

Ebenfalls hilfreich waren bei der Investorensuche die klassischen Events. Als Beispiel nennt Franzi die Bits & Pretzels. Beim Pitch hatte Catchys den Hauptgewinn geholt, und auch der Munich Startup Award brachte zusätzliche Aufmerksamkeit. Viele Investoren kannte Franzi zwar bereits vorher, aber sie sagt:

„Gerade bei Business Angels und Family Offices, die nicht bereits in ein E-Commerce-Startup investiert haben, musst Du erstmal Vertrauen aufbauen. Dann helfen Preise wie der Munich Startup Award extrem, um einen kleinen Vertrauensvorschub zu bekommen und einen Fuß in die Tür zu bekommen.“

Als Female Founder vor Investoren – Vorteil oder Nachteil?

Ob es da nicht auch ein bisschen hilft, als Female Founder im Tech-Bereich unterwegs zu sein? Franzi lacht:

„Die Frage kommt immer wieder. Ich sehe es weder als Vorteil noch als Nachteil. Ich hatte in meiner gesamten Karriere nie das Gefühl, als Frau in irgendeiner Weise benachteiligt zu sein. Frauen sollten hier aus ihrer Opferrolle heraustreten. Spezielle Vorteile würde ich hier auch nicht sehen – es geht eher um die Person und das Produkt.“

Für die Catchys-CEO steht und fällt der Erfolg damit, ob ein Gründer selbstsicher auftritt und an sich und die Idee glaubt. Als erstes müsse der Founder vom Business-Modell und seinen eigenen Zahlen überzeugt sein, nur dann könne er den Investor überzeugen, sagt Franzi und ergänzt:

„Wenn ich meine Idee nicht selbstbewusst pitche, wieso soll mir mein Gegenüber glauben, dass ich mein Business nach vorn bringe? Wer investiert dann?“

Natürlich wollen wir wissen, ob sie bereits den Bits & Pretzels-Hauptgewinn eingelöst hat und bei Richard Bransons Extreme Tech Challenge auf Necker Island war. Jedoch wurde das Event wegen der Folgen von Hurricane Irma auf kommenden Oktober verschoben. Geht es für die Gründerin dort in den Urlaub? Franzi erzählt:

„Ich werde auf jeden Fall ein paar Tage vor der Tech Challenge anreisen und mir die Gegend rund um Necker Island anschauen. Am meisten freue ich mich natürlich auf die Tage auf Necker selbst – sicher ein großartiges Netzwerk-Event, wo ich ganz viel für mich persönlich und für Catchys rausziehen kann.“

Für gute Ideen braucht es Extreme

Zum Abschluss haben wir noch ein paar Fragen übrig und wollen wissen: Was ist Franzis größtes Talent?

„Leute begeistern kann ich ganz gut.“

Wann und wo bekommt die Gründerin die besten Ideen?

„Es gibt zwei Extreme: Entweder kommt eine Lösung unter starkem Druck. Oder ich habe Ideen in einer entspannten Phase, wenn ich mit meinen Hunden spazieren gehe, oder abends zur Ruhe komme.“

Und was liegt auf ihrem Schreibtisch aktuell ganz oben?

„Zum Glück nicht mehr die DSGVO“,

meint Franzi lachend, sondern ein Buch. Als Onlineplattform ein Buch herausbringen? Ja, auch das geht übers richtige Netzwerk. Denn einer der Catchys-Investoren hat einen Verlag. Und so veröffentlichte das Startup mit zwei früheren Instyle-Redakteurinnen das Buch mit dem Titel „Wir lieben Vintage“. Damit schossen sie sofort in die Top 10 der Amazonliste für Modebücher.

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Und zu guter Letzt: Was wollte Franzi Majer den Münchnern schon immer mal sagen?

„München ist die beste Stadt, um ein Startup zu gründen. Wobei: Das würde ich eigentlich vor allem den Nicht-Münchnern sagen.“