SWM-Chef Dr. Florian Bieberbach. © Martin Hangen

Wie die Stadtwerke München mit Startups kooperieren: SWM-Chef Dr. Bieberbach im Interview

Wir haben uns mit Dr. Florian Bieberbach, Geschäftsführer der Stadtwerke München (SWM), über die Münchner Startup-Landschaft unterhalten und wie die Stadtwerke bereits mit Startups zusammenarbeiten, um Innovationen voranzutreiben.

Herr Dr. Bieberbach, was sind aktuell die wichtigsten Zukunftsthemen, mit denen sich die SWM beschäftigen?

Unsere großen Geschäftsfelder Energieversorgung, Kommunikation und Mobilität sind in Summe Zukunftsthemen. Ich sehe das als Glücksfall und Herausforderung zugleich. In allen drei Bereichen ergeben sich elementare Umbrüche, die die Wertschöpfungsketten verändern und ergänzen. Elektromobilität, autonomes Fahren, Sektorenkopplung, Smart Home, Konnektivität und IoT, aber auch intelligente Netzsteuerung mit jeweils vielen Detailthemen sind nur ein paar der für uns relevanten Felder. Für uns heißt das, wir müssen unsere Geschäftsmodelle anpassen und genauso die Beziehung zu unseren Kunden neu definieren. In Folge bedeutet es auch Veränderungen im Verständnis, wie wir uns als Unternehmen aufstellen und welche Führungskultur wir leben.

Die klimaneutrale Energieversorgung bleibt für uns weiterhin ein Kernthema, denn immerhin arbeiten wir seit 10 Jahren an der Energiewende. Aber die Umsetzung mit ihren vielen Details wird uns noch viele Jahre beschäftigen, wie man etwa beim Ausbau der Geothermie für die klimafreundliche Fernwärmeversorgung Münchens sieht.

„Daseinsvorsorge goes digital“

Die Digitalisierung als Treiber für Effektivität und Effizienz sowie die vielfältigen technologischen Entwicklungssprünge spielen für uns eine große Rolle. So etwa Data Analytics, Künstliche Intelligenz oder AR. Wir profitieren bereits in vielen Bereichen von neuen digitalen Lösungen, z.B. in der Instandhaltung. Unser LoRa-Netz legt die Grundlage für verschiedenste Anwendungen im Bereich Konnektivität. Und mit dem Aufbau von Service-on-Demand-Angeboten ergänzen wir das Mobilitätsangebot der Stadt.

Die SWM schauen aber auch über den Tellerrand und arbeiten im Rahmen verschiedener Partnerschaften und Projekte sowohl im kommunalen Umfeld als auch mit Industriepartnern zusammen.

Wir erleben gerade eine sehr herausfordernde und spannende Zeit, die man unter „Daseinsvorsorge goes digital“ zusammenfassen kann.

Noch viel Potenzial in der Zusammenarbeit mit Startups

Welche Rolle spielen Startups bei diesen Themen?

Ich freue mich sehr, dass die Zusammenarbeit mit Startups für uns immer mehr zur Selbstverständlichkeit wird. Eine klassische Win-win-Situation mit Vorteilen sowohl für uns als etabliertes Unternehmen als auch für die Startups: Startups helfen uns dabei, unser Portfolio zu ergänzen. Themen, die wir entweder noch nicht besetzt oder bisher nicht erkannt haben – oder aber für die uns bisher schlicht die Zeit fehlte –, können sie schneller anpacken und umsetzen. Im Gegenzug bieten wir ihnen die Möglichkeit, in einer internationalen Vorzeigemetropole im Rahmen neuer Konzepte aktiv die Zukunft mitzugestalten.

Die Innovationskraft kommt aber auch aus unseren eigenen Reihen. Wir haben tolle Mitarbeiter mit exzellenter Fachexpertise und einer großen Portion Neugier. Wenn das mit dem „Startup-Spirit“ zusammentrifft, ist es natürlich perfekt.

Arbeiten Sie bereits mit Startups zusammen?

Wir arbeiten in einigen Bereichen mit Startups zusammen und haben bisher gute Erfahrungen gemacht. Hier besteht bei uns noch viel Potenzial. Die Zusammenarbeit mit einem Startup muss auch gelernt werden. Hier haben wir mit Sicherheit noch Entwicklungsbedarf. Da dürften wir uns aber vermutlich nicht von vielen anderen Unternehmen unterscheiden.

Wie sieht diese Arbeit konkret aus? Wo liegen Verantwortlichkeiten, Pflichten, aber auch Freiheiten?

Eine pauschale Antwort gibt es darauf nicht. Es ist von Themenstellung zu Themenstellung unterschiedlich und hängt sowohl von unserer jeweiligen Zielsetzung als auch von den Vorstellungen der Startups ab. Unser Anspruch ist, ein Umfeld zu schaffen, das eine für beide Seiten erfolgreiche Umsetzung eines Projekts ermöglicht.

Die Tür der SWM steht Startups offen

Wie geht ein Startup auf die SWM zu, wenn es denkt, dass eine Zusammenarbeit interessant wäre? Gibt es bereits ein spezielles Startup-Programm oder konkrete Ansprechpartner, vielleicht auch Scouts, die sich nach Startups umsehen?

Die erste Anlaufstelle für Startups ist das SWM Innovationsmanagement. Das steht in engem Kontakt mit den „Neuen Geschäften“, einer Abteilung, die sich ausschließlich neuen Geschäftsmodellen widmet und immer auf der Suche nach guten Ideen ist. Wir sind auch auf Startup-Veranstaltungen und -Messen präsent. Damit wollen wir zeigen: „Wir sind offen und wir haben Interesse an guten Kooperationen – kommt auf uns zu!“ Wir sind auch in den ganz frühen Ideenphasen schon aktiv: Wir arbeiten eng mit Hochschulen und Innovationszentren zusammen, um gute Ideen zu unterstützen und zu fördern.

„Als Innovationsstandort ist München längst den Kinderschuhen entwachsen“

Was muss ein Startup mitbringen, damit die SWM an einer Kooperation interessiert sind?

An allererster Stelle braucht es natürlich eine interessante Technologie, eine Dienstleistung oder Produkte, die in unser Portfolio passen bzw. dieses ergänzen. Eine Zusammenarbeit außerhalb unserer bestehenden Geschäftsfelder streben wir nicht an. Darüber hinaus sollte das Startup unsere Werte teilen. Wir sind ein in vielerlei Hinsicht nachhaltig handelndes Unternehmen. Wir haben starke regionale Wurzeln und übernehmen Verantwortung für München und die Region.

Wie schätzen Sie den Startup-Standort München ein? Wo gibt es Ihrer Meinung nach vielleicht noch Verbesserungs- oder Nachholbedarf?

Als Innovationsstandort ist München längst den Kinderschuhen entwachsen und gewinnt weiter an Attraktivität. Wir haben Industrieunternehmen, die in ihrem Feld Weltmarktführer sind und einen soliden Mittelstand. Wir haben gleich mehrere exzellente Hochschulen, die in der Forschung aktiv sind und junge Talente hervorbringen. Wir haben eine Reihe von Mäzenen vor Ort, die sich der Stadt und ihrer Zukunftsfähigkeit verpflichtet fühlen. Nicht zuletzt sind Bayern und München Standorte, die weiter wachsen werden und die Notwendigkeit erkannt haben, die erforderlichen Infrastrukturen weiter auszubauen.

Vielen Dank für das Gespräch!