Die Gründer Carl Hoffmann, Michael Blazek und Lionel von Dobeneck (v.l.n.r. © Talentry)

„Viel Fleiß, Durchhaltevermögen und eine Portion Glück“ – Das HR-Startup Talentry

Das Münchner Startup Talentry ist Anbieter einer cloudbasierten Recruitment-Marketing-Plattform. Wir haben mit Gründer und CEO Carl Hoffmann darüber gesprochen, wie Talentry vom Studenten-Startup zum Jungunternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern wurde, wieso Vertrauen und Glück wichtig sind und wie der Weg zum Unicorn aussehen könnte. 

Die Recruitment-Marketing-Plattform von Talentry hilft Unternehmen dabei, dass Recruiting-Abteilungen wie Marketing- und Vertriebsprofis agieren, eine Arbeitgebermarke aufbauen und damit potenzielle Kandidaten ansprechen, für das Unternehmen begeistern und schneller gewinnen. Mit dieser Idee will Talentry auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Mit der Cloud-Software des Münchner Startups können Unternehmen außerdem potenzielle Kandidaten gewinnen und dann — automatisiert — mit ihnen in Kontakt bleiben. Da Mitarbeiterempfehlungen ein wichtiges Element von Recruiting-Strategien sind, fokussiert sich das Münchner Startup konkret auf diesen Kanal und hat ihn digitalisiert: Mitarbeiter teilen einfach Stellenanzeigen in ihren sozialen Netzwerken oder empfehlen geeignete Kontakte aus ihrem Netzwerk direkt für passende Stellen.

Talentry
Talentry-Gründer Carl Hoffmann

Aber das ist noch nicht alles, wie Talentry-Geschäftsführer Carl Hoffmann erklärt:

„Mitarbeiter agieren dabei nicht nur als Recruiter, sondern auch als Markenbotschafter. Neben Stellenanzeigen teilen sie auch Content über ihre Social-Media-Profile — zum Beispiel Blog-Posts oder Pressemitteilungen.“

Praktisch ist für die Kunden insbesondere, dass sich die durch den Content generierte Reichweite in Shares und Klicks messen lässt. Neu hinzugekommen im Produktportfolio ist nun auch das sogenannte ‚Candidate Relationship Management‘. Das ermöglicht es Unternehmen, Talent-Pools aufzubauen, Beziehungen zu potenziellen Kandidaten strategisch zu pflegen und sie für das Unternehmen zu gewinnen. Der Ansatz ist vergleichbar mit dem ‚Customer Relationship Management‘ in Marketing und Vertrieb. Und hier geht der Trend hin im Bereich Recruiting, so Hoffmann:

„Wir entwickeln solche Lösungen im engen Dialog mit unseren Kunden. Der Bedarf an Tools zum Beziehungsmanagement ist deutlich spürbar, denn klassische Systeme für das Bewerbermanagement decken den Recruiting-Prozess einfach nicht ab.“

Kunden und Trends im Fokus

Nah am Kunden, dicht an den Trends. Das scheint ein Teil des Erfolgsrezepts von Talentry zu sein. Einer der Kunden ist ebenfalls ein erfolgreiches Jungunternehmen, nämlich das Münchner Unicorn-Startup Celonis. Celonis generiert mittlerweile 25 Prozent aller Einstellungen über Mitarbeiterempfehlungen, erzählt uns Talentry-Gründer Hoffmann. Zu Beginn der Einführung der Talentry-Plattform lag der Wert wohl nur bei 5 bis 10 Prozent. Aber nicht nur Startups nutzen die Lösung. Als wichtigen Meilenstein nennt der Gründer das Gewinnen von großen Kunden wie Henkel, Daimler und KPMG. Die Kunden sind zufrieden und äußern das auch. Hoffmann erzählt:

„Gepusht hat uns immer das positive Feedback unserer Kunden, verbunden mit der wachsenden Überzeugung im Team, ein wirklich großes Unternehmen in unserem Segment aufbauen zu können.“

Talentry
Der Talentpool ist eine Funktion der Talentry-Plattform.

Seit der Gründung von Talentry im Jahr 2013 ist natürlich viel passiert. Das Produkt wurde maßgeblich weiterentwickelt. Der Launch von Talentry-CRM ist sicherlich die größte Weiterentwicklung, denn damit stellt sich das Unternehmen breiter auf und geht in Richtung Plattform-Lösung. Die Mitarbeiterzahl ist auf 50 angewachsen und soll sich bis Ende 2019 um weitere 20 Mitarbeiter erhöhen.

Finanzspritzen, Vertrauen und Know-how

Aber nicht nur innovative Produkt-Launches, mehr Mitarbeiter und neu gewonnene Kunden zeigen, dass es beim Münchner Startup gut läuft. Auch an anderer Stelle macht Hoffmann das fest:

„Ein Merkmal unseres Erfolgs ist das Vertrauen, das uns namhafte Investoren geschenkt haben.“

So konnte das HR-Startup 2016 eine Finanzierung über 2 Millionen Euro von Global Founders Capital, Rocket Internet Capital Partners und Picus Capital vermelden (vornehmlich Fonds der Samwer-Brüder). 2018 folgte eine weitere Finanzierungsrunde in Höhe von 6 Millionen Euro, bei der sich zusätzlich Nauta Capital, der IT- und Personaldienstleister Allgeier, und Business Angels wie Bastian Nominacher von Celonis beteiligten. Auch SAP Hybris-Gründer Carsten Thoma ist mit im stark besetzten Advisory Board vertreten, sodass Talentry viel Zugang zu Wissen aus dem Enterprise-Software-Umfeld hat.

Sich selbst bezeichnete Talentry an der ein oder anderen Stelle schon mal als ‚eines der erfolgreichsten europäischen Startups‘. Wir wollten von Carl Hoffmann wissen, woran er das misst. Er sagt:

„Wir konnten in den letzten drei Jahren ein deutliches Umsatzwachstum verzeichnen und unsere Positionierung im HR-Markt immer weiter ausbauen. So vertraut zum Beispiel mehr als jedes zehnte DAX-Unternehmen auf unsere Lösungen und auch auf internationaler Ebene haben wir in kurzer Zeit bereits die ersten Großkunden gewonnen.“

Die erfolgreiche Unternehmensentwicklung begründet sich laut Firmenchef jedoch ebenso auf anderen Faktoren. Hierzu zählt aus seiner Sicht allem voran das Team, sagt Hofmann und ergänzt:

„Kurz dahinter sehe ich die Größe des adressierten Marktes und das Timing, warum die Welt gerade jetzt eine solche Lösung benötigt. Letzteres hat dann auch viel mit Glück zu tun.“

Zu viel Bauchgefühl, zu wenig Daten

Natürlich war nicht immer alles einfach für das Münchner Jungunternehmen. Auf dem Weg zum Erfolg gab es einige Stolpersteine. So hatten die Gründer Talentry aus der Uni heraus mit relativ wenig Vorwissen gegründet – und brauchten dadurch etwas Zeit, um den richtigen Product-Market-Fit zu finden. Hoffmann plaudert ein wenig aus dem Nähkästchen und erzählt:

„Rückblickend haben wir am Anfang noch zu stark auf unser Bauchgefühl gehört und zu wenige Daten erhoben.“

Heute würde er früher und viel dezidierter ‚BI-Ressourcen einstellen‘, so Hoffmann, also Business Intelligence und datengetriebene Analyse im eigenen Unternehmen integrieren. Der Gründer erklärt, man solle je nach Phase unterschiedliche Daten erheben:

„Während es am Anfang darum geht, den Product-Market-Fit zu beweisen, sollte man danach einen Fokus auf seine Unit-Economics legen, diese beherrschen und dann kontrolliert skalieren — zum Beispiel nicht zehn Sales Manager auf einmal einstellen, sondern nach und nach die Frequenz erhöhen. Sales Recruiting insgesamt ist noch einmal ein eigener Bereich, in dem wir Fehler gemacht und viel daraus gelernt haben.“

Sein ultimativer Tipp für Gründer ist jedoch:

„Fokus in allen Bereichen — und früh lernen, nein zu sagen.“

Zu guter Letzt wollten wir wissen, wie Talentry zum nächsten Unicorn wird. Hoffmann meint:

„Mit viel Fleiß, Durchhaltevermögen und der nötigen Portion Glück.“