5 Tipps für erfolgreiche Exits in späten Phasen

Exitversuche gibt es einige – erfolgreiche Exits in späten Phasen sind dagegen weit seltener. Clevershuttle, relayr und Finanzcheck.de haben es im vergangenen Jahr vorgemacht und sind nur einige der erfolgreichen Beispiele aus Deutschland. Nicht immer gelingen die Unternehmensverkäufe aber so gut wie bei dem Eschborner Energiedienstleister Techem. Dieser wurde 2018 für satte 5,4 Milliarden US-Dollar von Macquarie an ein Konsortium von Private-Equity-Investoren veräußert. Damit war der Deal der größte deutsche Exit aus dem letzten Jahr. Wie aber werden Übernahmen zum Erfolg? Und welche Tipps gilt es zu beachten?

Ein Gastbeitrag von Julian Riedlbauer, Partner und Leiter des deutschen Büros des M&A-Beratungs- und Tech-Investmentunternehmens GP Bullhound

Bei Unternehmensverkäufen unterscheidet man grundsätzlich zwischen zwei Arten: Zum einen, der Verkauf an Private-Equity-Investoren, wie es unter anderem bei TeamViewer, Chal-tec, Magix oder Infinigate der Fall war. Hierfür ist es wichtig, ein profitables und wachstumsstarkes Unternehmen aufzubauen, denn diese Investoren zielen auf eine weitere Steigerung des Unternehmenswertes und eine Weiterveräußerung zu einer deutlich höheren Bewertung.

Zum anderen, ein strategischer Exit an ein anderes Unternehmen. Die Käufer sind meist Wettbewerber, die ihr eigenes Geschäft erweitern oder stärken wollen. Hier ist es zwar auch nicht unerheblich, wachstumsstark und profitabel zu sein, aber vielmehr geht es um Synergien und um eine möglichst sinnvolle Kombination der kaufenden und der zu verkaufenden Firma. Damit beide Arten der Transaktionen gelingen, gibt es allerdings einige Punkte zu beachten.

Hier sind fünf Tipps, wie ein Exit in der späteren Unternehmensphase besonders gut gelingt.

Zauberwort für erfolgreiche Exits: Vertrauen

1) Frühzeitiges Kennenlernen und Aufbau von Beziehungen mit potenziellen Käufern

Bereits Jahre vor einem geplanten Exit sollten Unternehmen sich mit möglichen strategischen Käufern in Verbindung setzen und Beziehungen zu diesen potenziellen Käufern aufbauen. Dies funktioniert am besten mit Hilfe von gezielten Vertriebs- oder Produkt-Partnerschaften und zum Beispiel gemeinsamen Veranstaltungen. Unternehmen, denen es gelingt, potenziellen Käufern die positiven Synergien einer Zusammenarbeit deutlich zu machen, erreichen mehr Käuferinteresse beim Unternehmensverkauf. Dabei ist das Zauberwort ganz klar: Vertrauen. Alle Maßnahmen — und dazu gehört der möglichst frühe persönliche Kontakt und eine operative Zusammenarbeit — sind förderlich für den Exit-Prozess.

2) Positives Image kreieren

Ein positives Image am Markt ist ein langfristiges Ziel, das Unternehmen verfolgen sollten, um Investoren zu überzeugen. Dazu zählen unter anderem regelmäßige Pressearbeit, Präsentationen sowie Panel-Diskussionen auf relevanten Konferenzen und Events. Diese Maßnahmen wirken sich positiv auf den Bekanntheitsgrad des Unternehmens aus.

Auch nicht zu unterschätzen sind gute Reviews auf HR-Portalen wie Kununu oder Glassdoor. Bieten Unternehmen Produkte an, sind Review-Portale wie Trusted Shops oder die Rankings auf Onlineshops wie Amazon etc. von großer Bedeutung. Für den Abschluss eines Exits ist der Aufbau guter Publicity essenziell.

Langfristiges Ziel: Zufriedenheit der Stakeholder

3) Zufriedenheit von Kunden und sonstiger wichtiger Stakeholder

Ein weiteres langfristiges Ziel sollte die Zufriedenheit wichtiger Stakeholder sein. Denn Käufer überprüfen genau, wie zufrieden die Kunden, aber auch Mitarbeiter des Unternehmens sind und wo mögliche Probleme liegen. Es sind neben den Kunden auch etwaige Vertriebspartner im Blick zu behalten. Je nachdem, welche Zielgruppe ein Unternehmen hat, interviewen potenzielle Käufer wesentliche Geschäftspartner und Kunden zu ihrer Zufriedenheit.

In der Due-Dilligence-Phase — der Unterlagenprüfung vor dem Kauf — finden entsprechende Gespräche statt, um herauszufinden, wie loyal verschiedene Gruppen einer Marke gegenüber sind. Deshalb sollten Unternehmen schon weit vor Verkaufsabsicht sicherstellen, dass ihre Referenzkunden auch wirklich sehr zufrieden sind. Ebenso wichtig ist das Thema Mitarbeiterzufriedenheit. Denn klar ist: Nur zufriedene Mitarbeiter bringen Höchstleistung und das Unternehmen wirklich voran. Zudem spricht eine allzu große Fluktuation der Mitarbeiter nicht für ein Unternehmen und offenbart strukturelle Schwächen und Managementfehler.

4) Umsatzzahlen & KPIs

Enorm wichtig für einen Exit sind die ökonomischen Zahlen des Unternehmens. Diese sollten bestenfalls über einen längeren Zeitraum hinweg vorliegen und einen Eindruck geben, wie erfolgreich die letzten Jahre waren. Ist es ein Abo- oder Recurring-Revenue-Modell? Es gilt: Über einen längeren Zeitraum von mehreren Jahren werden Recurring-Revenue-Model, Kunden-Akquisitionskosten, Customer Lifetime Value (CLV – Kundenwert), Churn (Kursverluste) und die Marge beobachtet und von potenziellen Käufern zurückverfolgt. Es werden sogenannte Kohorten gebildet und beobachtet, wie sich diese über die Zeit entwickeln.

Kennzahlen im Griff haben

Bei Einmalumsätzen ist die sogenannte “Wiederkaufsquote” von entscheidender Bedeutung. Sie zeigt den Kaufinteressenten, wie treu die Kunden des Unternehmens sind. Bei allen Geschäftsmodellen setzt sich die Kennzahl NPS (Net Promotor Score) als Kenngröße für die Kundenzufriedenheit und Weiterempfehlungsrate zunehmend durch. Diese Kennzahl sollte systematisch erhoben werden.

Die vorgestellten KPIs sollten Exit-Kandidaten deshalb im Griff haben und das nicht nur im laufenden Geschäftsjahr. Über mehrere Jahre hinweg sollten die Datensätze entsprechend aufgebaut und getrackt werden. Das hilft der Firma auch unabhängig von einem Exit, ihre Kundenzufriedenheit zu erhöhen.

5) Unternehmenswachstum

Es ist tödlich für den Verkaufsprozess, wenn sich das Wachstum des zum Verkauf stehenden Unternehmens unerwartet deutlich verlangsamt oder sich die Ertragslage verschlechtert. Deshalb ist es notwendig, vor und auch während des Verkaufsprozesses über Budget zu performen. Wichtig zu wissen ist: Käufer lassen sich während der Due Diligence (also der Unterlagenprüfung) meistens auch die Protokolle der Gesellschafterversammlungen oder Board-Meetings der letzten Jahre vorlegen.

Deshalb gilt: Etwaige Defizite sollten über die Jahre an die Gremien natürlich kommuniziert und in den Protokollen wahrheitsgemäß erfasst werden, aber in einer passenden Art und Weise. Gleichzeitig sollte das zukünftige Wachstumspotenzial besonders deutlich hervorgehoben werden. Die Faustregel: Das Glas ist immer halb voll!

Erfolgreiche Exits gelingen durch Einhalten der wesentlichen Faktoren

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Verkaufsprozess – egal ob ein strategischer Exit oder ein Verkauf an Private-Equity-Investoren – genau durchdacht und professionell geleitet sein sollte. Der Erfolg hängt im Wesentlichen von diversen Faktoren ab, wie der Teamkonstellation, hoch professionellen Unterlagen, dem Verhandlungsgeschick und einem strukturierten Prozess mit einem genauen Zeitplan, der auf die Schaffung von Wettbewerb unter möglichen Käufern ausgerichtet ist. Neben Erfahrung sind genügend Zeit und ein entsprechender Fokus des Management-Teams auf den Verkaufsprozess entscheidend. Dann steht einem erfolgreichen Exit nichts mehr im Wege.

Über den Autor

Erfolgreiche Exits Gastautor Julian Riedlbauer

Julian Riedlbauer ist Partner und Leiter des deutschen Büros von GP Bullhound. Das weltweit agierende M&A-Beratungs- und Tech-Investitionsunternehmen GP Bullhound berät sowohl Unternehmen als auch Gründer und Investoren in den Bereichen Mergers & Acquisitions (M&A) und Wachstumsfinanzierungen.

Bevor er die Leitung des deutschen Büros übernahm, war er Geschäftsführer bei Corporate Finance Partners, einer internationalen Finanzberatungsfirma mit den Schwerpunkten Internet, Medien und Technologie. Davor war Julian Riedlbauer als Manager und Unternehmer im IT- und Internet-Markt und hat diverse Transaktionen als Kunde von Beratungsunternehmen durchgeführt.

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