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Shift: Eine digitale Plattform für individuelle Metallteile

Das Münchner Startup Shift bietet Anbietern und Abnehmern von individuell gefertigten Metallteilen eine digitale Plattform. Mit Hilfe von Machine Learning soll der komplexe Prozess der CNC (Computerized Numerical Control)-Teile-Vermittlung bald komplett automatisch erfolgen. Das 2017 gegründete Startup vermittelt bereits Aufträge in 25 Ländern. Ein Interview mit den Gründern.

1. Wer seid Ihr und was macht Ihr?

Shift besteht aus drei Gründern: Albert Belousov (38), Dmitry Kafidov (40) und Alexander Belskiy (38), und wir haben Shift im März 2017 gegründet. Wir kennen uns aus dem Studium und von späteren Jobs. Wir alle stammen aus Russland, wo wir zunächst als Ingenieure arbeiteten. In Westeuropa haben wir dann Wirtschaft studiert und längere Zeit in verschiedenen Unternehmen gearbeitet.

Albert Belousov ist einer der Gründer und Geschäftsführer von Shift.

Shift ist eine digitale Plattform, die Anbieter und Abnehmer von CNC-Teilen zusammenbringt. Wir haben während unserer Unternehmenszeit festgestellt, dass es in ganz Europa hervorragende mittelständische Produzenten gibt, die oft nicht ausgelastet sind. Auf der anderen Seite suchen viele Einkäufer dringend einen Lieferanten, der rasch bestimmte Aufträge für Metalle und Polymere erledigt. Die bringen wir zusammen.

Unsere Kunden übermitteln ihre Bestellung an Shift. Dann analysiert ein Algorithmus diese Daten und erstellt Modelle in 2D oder 3D. Basierend darauf und mit weiterer Berechnung von Materialien und späteren Bearbeitungsschritten erstellt die Plattform einen vorläufigen Preis. Der wird bislang nochmals von „echten“ Ingenieuren geprüft, um Fehler zu vermeiden. Wir verwenden aber zunehmend Machine Learning für diesen Prozess, so dass er bald vollständig automatisiert sein wird.

Brücken schlagen zwischen Regionen und Kulturkreisen

2. Aber das gibt’s doch schon längst!

Es gibt in der Tat Marktplätze für den Bereich. Das sind aber reine Adressen-Verteiler. Wir hingegen bieten einen umfassenden Service, weil wir wissen, wie die Branche funktioniert. Wer über uns bestellt, muss nicht mehr umständlich über Preise, Termine oder Materialien verhandeln. Das übernehmen wir, ebenso Kommunikation und Dokumentation des Auftrags. Der Kunde hat nur noch einen einzigen Ansprechpartner: Shift.

3. Was war Eure bisher größte Herausforderung?

Unser Geschäft funktioniert in ganz Europa. Deshalb haben wir es permanent mit unterschiedlichen kulturellen und sprachlichen Gegebenheiten zu tun. Es hat einige Zeit gebraucht, bis wir ein schlagkräftiges, multikulturelles Team zusammen hatten. Inzwischen schlagen unsere effizienten Abläufe Brücken zwischen Regionen und Kulturkreisen. Wir vermitteln heute Metall- und Polymer-Produkte in 25 Ländern.

4. Butter bei die Fische: Wie läuft das Geschäft?

Im April haben wir unser erstes Geschäftsjahr am Markt gefeiert. In diesen zwölf Monaten haben wir 128 352 Metall- und Polymerteile in 21 europäischen Ländern produziert. Diese Teile wurden an mehrere hundert Kunden in 20 verschiedenen Ländern verschickt. Mit unserem Produktionsnetzwerk von damals 250 CNC-Werkstätten belieferten wir ganz unterschiedliche Branchen wie Automobilindustrie, Maschinenbau, Robotik, Elektronik, Metallbearbeitung, Möbelproduktion und so weiter. Das sind aber nur die Zahlen des ersten Jahres, inzwischen sind wir schon wieder um das Doppelte gewachsen!

Shift: Hilft dabei „unerreichbare Projekte“ zu vermitteln

Von Anfang an konnten wir den Produktionspartnern bisher unerreichbare Projekte vermitteln. Das half ihnen, ihre Maschinen besser zu nutzen. Wir haben Arbeitsplätze geschaffen, nicht nur bei Shift. Auch bei unseren Partnern — Maschinenbedienern, Technologieingenieuren und vielen mehr. Die Hälfte der Shift-Kunden hat CNC-Teile inzwischen mehrfach über unsere digitale Plattform bestellt. Ein deutliches Zeichen dafür, dass wir mit unseren Dienstleistungen den Markt genau getroffen haben!

5. Was bedeutet München für Euch?

Die Stadt ist wegen ihrer Dichte an Fachleuten sehr attraktiv für uns. Wir suchen immer Experten, das ist in der Umgebung renommierter Hochschulen und Tech-Firmen einfacher. Außerdem ist München eine tolle Stadt, um das Leben zu genießen. Wir waren alle viel in der Welt unterwegs und wissen die hohe Lebensqualität hier daher sehr zu schätzen. Die umwerfende Münchner Umgebung, das entspannte Stadtleben: Es ist wirklich toll hier! 

Metallteile so einfach wie ein Taxi bestellen

6. Wird Euer Startup zum nächsten Unicorn? Oder sehen wir uns bald auf der Epic Fail Night?

Wenn man sich unseren bisherigen Verlauf ansieht: Ganz klar Unicorn! Wir reden bei der Metall- und Polymerverarbeitung von einem Multi-Milliarden-Euro-Markt — allein in Europa. Noch ist die Branche ziemlich traditionell und konservativ. Aber das ändert sich gerade. Immer mehr Firmen setzen auf Digitalisierung. Im Privatbereich nutzen unsere Kunden digitale Angebote längst. Sie sind deshalb froh, wenn sie jetzt über Shift Metallteile für ihr Geschäft so einfach ordern können wie ein Taxi oder Hotelzimmer. Und die Lieferanten können digitale Aufträge einholen, ohne selbst große Kenntnisse davon zu haben. Es ist also ein Gewinn für alle Seiten.

7. Isar oder Englischer Garten?

Isar! Da findet sich immer ein schönes und abgelegenes Plätzchen. Aber der Englische Garten hat auch seine grandiosen Seiten — besonders im Winter, wenn Schnee und Eis ihn verzaubern.

Anmerkung der Redaktion: Im Dezember 2019 verkündeten die Gründer einen Exit — Shift wurde an das US-Unternehmen Xometry verkauft. (Update vom 12. Dezember 2019)