Dieter Hierner - Leitung Startups@Germany -Region Bayern Deutsche Bank
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Deutsche Bank meets Startups

Auch das Frankfurter Kreditinstitut setzt vermehrt auf die Zusammenarbeit mit Jungunternehmen. So hat die Deutsche Bank in den letzten Jahren nicht nur drei Innovation Labs hochgezogen, sondern unterstützt junge Gründer auch bei Finanzierungsfragen und vermittelt Kontakte zu Investoren. Darüber hinaus hat der Konzern mit dem Kommunikationskanal ‚Pitch Portal‘ sowie dem Unterstützungsprojekt ‚Made for Good‘ weitere interessante Projekte für Startups in petto. Wir haben mit Sabine Schmitt und Dieter Hierner, Leitung Startups@Germany – Region Bayern, über die Angebote der Deutschen Bank für Startups gesprochen.

Wie genau arbeitet die Deutsche Bank mit Startups zusammen und welche Unterstützung bietet Ihr jungen Gründern an?

Die Deutsche Bank begleitet Startups von Anfang an und in allen Entwicklungsstufen. Zu Beginn stehen vor allem Beratung und erste Zahlungsverkehrsprodukte im Fokus, zum Beispiel Konten und Karten. Wir sind fest davon überzeugt, dass junge Unternehmer ihre Finanzen frühzeitig so organisieren sollten, dass sie schnell wachsen können und sie dieses Wachstum nicht überfordert. Dies gilt umso mehr, wenn sie grenzüberschreitend tätig sind und durch die Deutsche Bank begleitet werden. Da stellen sich frühzeitig Fragen, bei denen wir Gründer helfen können, etwa beim internationalen Zahlungsverkehr, bei der Absicherung von Lieferanten-Risiken, dem Aufbau des internationalen Geschäfts oder der Professionalisierung von Finanzfunktionen.

Unterstützung bei der Skalierung

Sabine Schmitt
Sabine Schmitt

In der Digitalwirtschaft ist Skalierung ein zentrales Thema. Wir können diese Skalierung mitgehen, weil wir die Tücken und Untiefen der Übergänge vom Startup zum Mittelständler und vom Mittelständler zum Konzern kennen. Wenn diese Übergänge gelingen, können Unternehmen ihr ganzes Erfolgspotenzial verwirklichen.

Beteiligt sich die Deutsche Bank auch direkt an Startups? Und wenn ja, gibt es auch Münchner Unternehmen, an denen die Deutsche Bank Anteile besitzt?

Fintech- und Insurtech-Unternehmen als Kooperationspartner sind wichtiger Bestandteil unserer Innovationsstrategie. Dazu gehört auch, dass wir bei jeder Zusammenarbeit ein strategisches Investment beim Partner prüfen. Wir kooperieren schon jetzt mit einer zweistelligen Zahl von Tech-Partnern, mit denen wir bereits viele Produkte für unsere Kunden zur Marktreife geführt haben. Wir wollen erster Ansprechpartner für B2B-Kooperationen unter marktführenden Fintechs und Insurtechs sein. Wenn Fintechs oder Insurtechs aber direkten Zugang zum Endkunden wollen, dann sehen wir diese Unternehmen als Wettbewerber und handeln entsprechend. Beispielsweise waren wir einer der ersten Kooperationspartner (ohne Beteiligung) bei Gini aus München, die Fotoüberweisungen übers Smartphone ermöglichen.

Deutsche Bank als Bindeglied zwischen Old und New Economy

Welche weiteren Angebote hat die Deutsche Bank für Startups in petto?

Wir bieten Startups unser Netzwerk für mögliche Kooperationen an – können also das Bindeglied sein zwischen Old und New Economy. Wir haben einen guten Einblick in Geschäftsmodelle und Technologien aus beiden Welten. Daraus lassen sich Hypothesen ableiten, welche möglichen Partner sinnvoll zusammenarbeiten könnten. Es gilt aber vor allem, einen geschützten Raum zu schaffen, in dem sich beide Seiten austauschen können. Diesen Raum versuchen wir mit Workshop- und Konferenzformaten zu geben. Wir schaffen den Raum, maßen uns als Bank aber nicht an, Topf und Deckel zusammenzubringen. Wichtig als Bank ist es auch, regional nah an den Netzwerken der Unternehmen und Startups dran zu sein. Und wir müssen inhaltlich sehr gut verstehen, worum es geht, daher haben wir eigene Technologie- und Sektor-Experten an Bord.

Konzentriert sich die Zusammenarbeit auf Startups aus dem Fintech-Bereich oder arbeitet die Deutsche Bank branchenübergreifend mit jungen Unternehmen zusammen?

Wir haben verschiedene Arten mit Startups zu kooperieren. Allen voran sind wir nicht rein auf Fintechs fokussiert, sondern arbeiten auch mit jungen Unternehmen zusammen, deren Angebot über das Banking hinausgeht. Auch diese Mehrwertleistungen wollen wir unseren Kunden anbieten. Eine Kooperation kann verschiedene Ausprägungen haben: So können wir zum einen Technologien, Ansätze und Wertschöpfungsketten nutzen und sie über unsere Plattform unseren Kunden zugänglich machen. In diesem Fall gehen wir mit den Anbietern eine Kooperation über die Nutzung ihrer Technologien und ihres Know-hows ein. Auch ein sogenanntes „Weiterleitungsgeschäft“ ist möglich, bei dem wir Kunden an Startups oder Fintechs weiterleiten, die dann ihre Services anbieten können. Außerdem haben wir die Möglichkeit, die Startups auf unsere eigene Plattform zu heben. Das geschieht, indem wir ihre Produkte mittels API-Schnittstellen mit unserer „Bankwelt“ zu verbinden und so unseren Kunden die Angebote einfach nutzen können. In ausgewählten Fällen beteiligen wir uns auch an dem Unternehmen.

Deutsche Bank: Bestehende Kooperationen mit Münchner Startups

Einige Beteiligungen gibt es bereits. So können wir an einer möglichen Wertsteigerung aufgrund des zusätzlichen Geschäfts durch unsere Kooperation partizipieren. Aktuell kooperieren wir mit rund 20 Startup-Unternehmen – aber nicht in allen Fällen sind wir finanziell an den jeweiligen Unternehmen beteiligt.

Was sind die Erfolgsgeschichten von der Zusammenarbeit mit Münchner Startups?

In Bayern und vor allem in München werden viele neue Startups gegründet. Zwei erfolgreiche Beispiele sind Supernutural und HolodeckVR. Supernutural stellt nachhaltige, unkaputtbare Nuss-Mühlen her. Diese stehen nicht nur in Bio-Läden oder verpackungsfreien Supermärkten, sondern mittlerweile auch in Hotels oder bei Firmen wie dem 1. FC Bayern München, die sich mit Ernährung beschäftigen und ihren Mitarbeitern oder Gästen ein ganzheitliches Konzept bieten wollen.

Die Technologie von Holodeck VR bietet Gruppen von bis zu 20 Personen – ausgestattet mit entsprechenden Brillen – spannende Virtual-Reality-Erlebnisse. So können Freizeitparks, Festivals oder sonstige öffentliche Räume wie Einkaufzentren oder Hotels ihre Besucher zu einzigartigen Erlebnissen einladen. Die Ursprünge der weltweit patentierten Technologie gehen auf das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS zurück, an dem die Gründer die Idee und Grundlagen des Produkts entwickelt haben.

Unsere Spezialisten beraten diese Startups zu Bankdienstleistungen und Lösungen für jede Entwicklungsphase ihrer Unternehmen und stellen darüber hinaus das gesamte Netzwerk der Bank zur Verfügung. Außerdem treten wir gemeinsam auf Events auf und bringen die Startups mit erfolgreichen Unternehmern und Sparringspartnern zusammen. Ein Beispiel ist etwa der „Münchner Unternehmersalon.“

So bewerbt Ihr Euch für eine Kooperation

Wie können sich Startups für eine Zusammenarbeit mit der Deutschen Bank bewerben?

Wir setzen auf die Plattformökonomie. Das bedeutet, wir wollen unseren Kunden über unsere Plattform einen möglichst breiten Zugang zu sehr guten Produkten bieten. Die müssen dann nicht notwendigerweise von der Deutschen Bank stammen. Das Konzept des „Open Banking“ spielt für die Plattformökonomie die zentrale Rolle. Also die Öffnung unserer Schnittstellen, die es Drittanbietern ermöglicht, Kundendaten für externe Anwendungen zu nutzen, ähnlich wie in einem App Store. Mit der „Payment Service Directive II“ (PSD II) hat der Gesetzgeber die Banken zu diesem Schritt sogar verpflichtet. Wir gehen aber noch einen Schritt weiter.

Auf dem Entwicklerportal der Deutschen Bank (https://developer.db.com/) findet man umfangreiche Informationen über PSD2 und zu unserem eigenen API-Angebot, das Drittanbietern unabhängig von PSD2 schon heute zur Verfügung steht. Alle Datenabfragen über Kontoinformationen, wie die PSD2 es fordert, können ebenso über unsere sog. Premium-APIs getätigt werden. Daneben bieten wir auch APIs mit einem über PSD2 hinausgehenden Leistungs- und Service-Umfang – allen voran Kundeninformationen sowie Informationen zu Kreditkarten und Wertpapierdepots, aber auch maßgeschneiderte Datenabfragen wie Alters- oder Einkommensnachweise.

Unser API-Programm geht damit deutlich über die Anforderungen und Erfüllung der PSD2 hinaus. Deshalb haben wir uns wesentlich früher und umfassender für Dritte geöffnet – bereits 2017 als erste deutsche Großbank. Unser API-Programm ist die technische Grundlage für unser Plattformgeschäft. Hier geht es vor allem darum, neue Partner für uns zu gewinnen. Wir sehen hierin aber ein großes Potential vor allem für den Online-Handel und den B2B-Bereich.

Unsere Premium-APIs entwickeln wir zudem im engen Austausch mit bestehenden und potenziellen neuen Partnern. Insofern laden wir interessierte Unternehmen dazu ein, mit uns in Kontakt zu treten und ihre Anforderungen und Ideen mit uns zu teilen. Hierfür bieten wir die Möglichkeit, Teil unseres API Partner Networks zu werden. Das haben wir gegründet, um gemeinsam das Potenzial von Bankdaten für den jeweiligen Einzelfall zu evaluieren und in Pilotprojekten zu testen. Auf diese Weise stellen wir sicher, dass unsere Premium-APIs nicht einfach Daten liefern, sondern ganz konkrete Business-Probleme lösen. Heute entwickelt bereits eine vierstellige Zahl externer Entwickler über die dbAPI neue Produkte und Services für unsere Kunden.

Einschätzung des Fintech-Standorts Deutschland

Wie schätzt Ihr den Fintech-Standort Deutschland ein und welche Rahmenbedingungen sind wichtig, um auch künftig international mithalten zu können?

Andere Länder sind wesentlich weiter als Deutschland. Das hat zwei Gründe: Zum ist die Informationstechnologien in Deutschland nicht so weit, wie in anderen Ländern. Zum anderen unterscheidet sich Deutschland kulturell und strukturell von den USA oder Asien. Dazu tragen mehrere Faktoren bei: In Deutschland gibt es ein Überangebot etablierter Finanzdienstleister, was die Nachfrage für Fintechs negativ beeinflusst. Es gibt zudem eine allgemeine Risikoaversion in der Gesellschaft gegen Fintech-Dienstleistungen. Und auch wenn es Nachfrage gibt, ist der deutschsprachige Markt für Fintechs häufig zu klein, um zu expandieren und global zu werden.

Um das erste Problem zu lösen, bietet sich das skandinavische Modell der IT-Infrastrukturinvestitionen an, denn in Deutschland gibt es noch Regionen, in denen die Internetverbindung extrem langsam ist. Die Lösung für das zweite Problem ist viel komplizierter, da sie eine sehr langfristige Planung beinhaltet, beispielsweise Frühphasen-IT-Ausbildung in der Schule. Aufgrund dieser beiden Aspekte sind Fintechs in Deutschland in der Regel B2B-orientiert und haben eher einen Business- als einen Retail-Fokus.

Sandra Ohse

Sandra Ohse hat bisher als Redakteurin für eine bekannte Computer-Zeitschrift über die neuesten technischen Innovationen berichtet. Nun freut sie sich darauf, in die Welt der Startups einzutauchen, kreative Köpfe kennenzulernen und sie auf ihrem Weg redaktionell zu begleiten.

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