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Markus Feigelbinder im Interview: „Offen sein für Inspiration“

Markus Feigelbinder, Gründer und Managing Director des Traveltech-Startups Fineway, spricht über seine Vorbilder und darüber, wieso es für ihn als Gründer so wichtig ist, offen zu sein. Außerdem rechnet er gekonnt ab mit Vorurteilen über Startups. Sein mit über 20 Millionen Euro finanziertes Unternehmen hat der Wahlmünchner 2015 gemeinsam mit Markus Bohl gegründet. Ein Interview.

Munich Startup: Markus, was hat Dich zur Gründung motiviert?

Markus Feigelbinder: Die Idee zu Fineway und unserem Instant Trip Planning entstand aus einem persönlichen Umstand heraus. Vor jedem meiner Urlaube gab es lange Diskussionen, wer denn nun die Reiseplanung übernehmen soll. Dabei wurde mir klar, dass die Zeit, die man mit dem Vergleichen von Angeboten, dem Raussuchen der Optionen und der ganzen Planung verbringt, unverhältnismäßig groß ist. Die Buchung von Reisen ist umständlich, zeitintensiv und lästig — oft wünschte ich mir einen guten Geist, der genau weiß, was ich möchte und aus all den Millionen Angeboten das passende heraussucht.

Wenn der Wunsch nach einem „guten Geist“ zum Gründen motiviert

Die Technik, die solch einen guten Geist verkörpert, existiert bereits. Und eigentlich muss niemand mehr gestresst neben der Arbeit stundenlang Reiseportale nach Unterkünften, Flügen oder Freizeit-Aktivitäten durchsuchen. Aus dieser Erkenntnis heraus ist Fineway entstanden.

Hattest Du Vorbilder beim Gründen?

Natürlich schaut jeder mit Bewunderung auf Stars wie Jeff Bezos oder Steve Jobs, die an ihrer Vision festhielten und aus ihrer Idee trotz diverser Widerstände ein erfolgreiches Unternehmen, eigentlich schon fast ein Imperium, gemacht haben. Alleine schon wegen ihres gigantischen Erfolges findet man bei ihnen Inspiration.

„Vorbilder findet man überall“

Im Laufe der Zeit habe ich aber festgestellt, dass es zwar schön ist, Bücher über erfolgreiche Menschen zu lesen, es am Ende aber die Leute in meinem direkten Umfeld sind, die mich beeinflussen. Vorbilder findet man überall. Das fängt an der Uni an und geht weiter bei Arbeitskollegen, Vorgesetzten, Partnern, Mitgründern und Investoren. Man muss nur offen dafür sein, die Stärken der Menschen um sich herum zu sehen und für sich zu nutzen. Das bestimmt das tägliche Handeln und die Motivation viel direkter als abstrakte ‚Role Models‘, die man noch nie getroffen hat.

Deshalb ist es für einen Gründer auch so entscheidend, sich ein Netzwerk an Leuten aufzubauen, die einen inspirieren, Vorbilder sind und im Zweifel auch mit einem guten Rat zur Seite stehen. Das ist meiner Ansicht nach viel wichtiger, als einem unternehmerischen Idol zu verfallen. Wobei die anfangs Erwähnten — Jobs und Bezos — insofern Vorbilder sind, als dass sie eine Branche verändert und ihr neue Wege aufgezeigt haben. Das ist letztendlich auch die Vision von Fineway. Denn wir wollen ja die Reisebranche auf den Kopf stellen.

Wann und wo bekommst Du die besten Ideen?

Wenn man das nur planen könnte. Wenn ich wüsste, dass mir unter der Dusche regelmäßig Geistesblitze kommen, wäre das super und ich wüsste, was zu tun ist. Für mich selbst kann ich kein Muster feststellen. Manchmal kommt eine zündende Idee dann, wenn ich sie nicht erwarte, beim Autofahren, im Urlaub oder beim Einkaufen. Manchmal braucht es eine aktivere Umgebung, in der der Druck höher ist oder in der wir im Team gezielt an Ideen arbeiten.

Generell ist mein Rat, auf sich zu vertrauen. Noch nie habe ich es erlebt, dass jemand bei einem wichtigen Thema – noch dazu, wenn es einem am Herzen liegt — komplett ohne Idee dasteht. Und wenn, dann bieten Kollegen, Partner, etc. den entscheidenden Anstoß für eine gute Idee. Man muss nur offen sein für Inspiration — egal woher.

Lasst Euch nicht Grenzen auferlegen, die es nicht gibt

Deine größte Schwäche?

Fineway-Gründer Markus Feigelbinder denkt gern in großen Maßstäben und begeistert andere für scheinbar unmachbare Dinge.

Oft sind vermeintliche Schwächen in einem anderen Kontext ja plötzlich eine Stärke und werden zum Talent. Generell kann man das Denken in großen Maßstäben und das Verfolgen von scheinbar unmachbaren Dingen als Schwäche sehen, da es einen im Zweifel davon abhält, sofort zur Tat zu schreiten und in machbaren Größen zu denken. Als Gründer hilft mir das aber ungemein dabei, eine Vision zu sehen und verschiedenste Menschen dafür zu begeistern. Von daher verbuche ich das mal als Talent.

Der größte Irrtum, dem Du je unterlegen bist?

Der größte Irrtum war es, gängige Meinungen nicht zu hinterfragen und sich damit selbst Grenzen aufzuerlegen, die es eigentlich nicht gibt. Bloß weil “man” glaubt, dass etwas nicht geht oder nicht umsetzbar ist, heißt es noch lange nicht, dass es nicht trotzdem geht. Es lohnt sich, Dinge auszuprobieren, denn Rückschritte kann man nicht machen. Das Schlimmste, das passieren kann, ist, dass die anderen Recht behalten.

Seid bereit dafür, etwas zu geben

Deine Geheimwaffe beim Networking?

Das Thema füllt ja ganze Bücher. Am Ende geht es aber immer darum, mit anderen Menschen zu sprechen. Da führt auch kein noch so gut gemeinter Tipp dran vorbei. Rausgehen und Leute treffen ist also die Geheimwaffe. Außerdem glaube ich, ein Netzwerk erhält sich nur, wenn man auch bereit ist, dabei etwas zu geben. Mit Leuten zu sprechen und zu glauben, dass es am Ende nur einen Anruf braucht, um ein eigenes Problem zu lösen, ist ein Irrglaube. In einem Netzwerk gebe ich auch meine Expertise und Verbindungen weiter. Dazu sollte man bereit sein.

Erscheint es Dir gerade als eine gute Zeit, um zu gründen? Warum?

Wenn man eine gute Idee hat, die nach Umsetzung schreit, ist “jetzt” immer ein guter Zeitpunkt. Die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ändern sich nur über lange Sicht. Also heißt das, dass man aus der jetzigen Situation das Beste machen und Wege suchen muss, um sein Unternehmen so aussichtsreich wie möglich zu starten. Jede Branche sieht da natürlich anders aus.

Generell ist zum Beispiel an den politischen Bedingungen noch zu arbeiten, um mehr Unternehmensgründungen möglich zu machen. Aber das sollte niemanden, der den Drang zum eigenen Startup verspürt, davon abhalten in Aktion zu treten. Für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz wie bei Fineway war die Zeit natürlich reif.

Work-Life-Balance versus soziale Abschottung

Die drei übelsten Vorurteile, die Dir im Gründeralltag begegnet sind?

Gerade in Deutschland herrschen feste Vorstellungen über Startups und ihre Gründer.

Oft wird sich nicht die Mühe gemacht, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. So sagt man lieber pauschal, dass Startups das Label “innovativ” nur verwenden, weil es alle machen. Die meisten Gründer haben aber — wie wir bei Fineway — den Anspruch, etwas neu zu machen, anders zu denken und eine Branche zu verändern. Das Vorurteil, dass Gründer Altes nur neu verpacken und es als innovativ bezeichnen, finde ich schlicht unpassend. Glücklicherweise sind aber immer mehr Menschen offen und verstehen die Ansätze der Gründer.

Ein anderes Vorurteil zielt auf die Persönlichkeit und das soziale Umfeld ab. Wieso soll man als Gründer automatisch keine Freunde und Familie haben können? Das ist doch Quatsch. Dass Gründer gewisse Zugeständnisse machen, um ihre Vision voranzutreiben, ist logisch. Dass das aber zwangsläufig in eine soziale Abschottung führt, ist ein Vorurteil. Dieses Schwarz-Weiß-Denken hilft niemandem weiter und hält im schlimmsten Fall fähige Leute davon ab, selbst zu gründen. Nur weil sie meinen, dass dann eine Familiengründung nicht mehr möglich ist. Dabei gibt es viele positive Beispiele von Work-Life-Balance im Gründeralltag.

Zuletzt finde ich die Annahme, dass Gründer alle blutjung sein müssen, seltsam. In der landläufigen Meinung tun sich Gründer in sehr jungen Jahren zusammen und basteln dann an mehr oder weniger realistischen Ideen. Wer sagt denn, dass man mit vierzig kein Unternehmen mehr gründen kann? Mit all der Erfahrung und einem großen Netzwerk ist das nicht so abwegig, wie man allgemein glaubt.

Was liegt auf Deinem Schreibtisch gerade ganz oben?

Ein Thema, das konstant auf meinem Schreibtisch ist, ist es, noch weitere tolle Mitarbeiter mit an Bord zu holen. Wir haben das Glück, ein super motiviertes und talentiertes Team zu haben. Aber wir wachsen und haben weiter Bedarf an guten Leuten. Das fängt bei Reiseexperten an, die in den jeweiligen Ländern sitzen und das Land als Reiseziel in- und auswendig kennen, und hört bei AI-Experten und Data Scientists auf. Da nicht nur die fachliche Expertise wichtig ist, sondern auch die Persönlichkeit und die Freude am Thema Reisen und AI, achten wir sehr auf Details. Bisher hat das gut funktioniert, aber Recruiting braucht definitiv eine gewisse Priorität.

Wohin geht’s als nächstes in den Urlaub?

Nördliche Reiseziele sind für mich sehr verlockend. Der Zufall will es, dass mein nächstes Ziel British Columbia, an der Westküste Kanadas ist. Lange habe ich das aufgeschoben, aber Kanada steht schon lange auf der Liste meiner präferierten Reiseziele. Die Gegend von Vancouver bis hin in den fast unberührten Norden reizt mich sehr. Und den Stress mit der umständlichen Reisebuchung können wir uns ja glücklicherweise sparen.

Viel Spaß auf der nächsten Reise, und vielen Dank für Deine offenen Antworten, lieber Markus Feigelbinder!