Das Planerio-Geschäftsführerteam: Stefan Klußmann (links) und Markus Hinz.
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Planerio: Intelligente Dienstpläne für die Gesundheitsbranche

Das Münchner Startup Planerio digitalisiert die Prozesse rund ums Angestellten-Management im Gesundheitswesen. Mit der Software können Krankenhäuser oder Praxen beispielsweise automatisiert Dienste planen oder ihre Lohnbuchhaltung erledigen. Dr. Stefan Klußman, CFO, und Markus Hinz, CEO, haben unsere 7 Fragen beantwortet.

Munich Startup: Wer seid Ihr und was macht Planerio? Stellt Euch bitte kurz vor!

Markus Hinz: Stefan Klußmann (44) und ich (53) sind die beiden Geschäftsführer von Planerio, dem Betriebssystem für modernes Workforce-Management im Gesundheitswesen. Wir bieten eine intelligente Software für die automatische Dienstplanung, Zeiterfassung und Lohnbuchhaltung in Krankenhäusern, Praxen und Pflegeeinrichtungen.

Stefan ist promovierter Neurobiologe und hat nach vielen Jahren bei McKinsey 2016 Planerio mitgegründet – zusammen mit Robert Grüter, der unter anderem Co-Founder von Brainlab ist, und mit dem ‚Erfinder‘ unseres Planungsalogrithmus, dem Radiologie-Professor Dr. Wieland Sommer.

Ich selbst bin seit diesem Jahr dabei. Nach meiner zwölfjährigen Manager-Tätigkeit bei Google und meiner über 20-jährigen Erfahrung zum Thema Digitalisierung war ich auf der Suche nach einer neuen Herausforderung rund um die digitale Transformation – am liebsten in einem Late Startup. Robert und Wieland, die ich privat schon länger kannte, haben dann mein Interesse an Planerio und dem Gesundheitswesen geweckt.

Dr. Stefan Klußmann: Auf unsere Gründungsgeschichte sind wir besonders stolz, denn die nahm tatsächlich in der Teeküche des Klinikums Großhadern ihren Anfang. Wieland Sommer hatte als Radiologe die Verantwortung für die Dienstplanung in seiner Abteilung übernommen – und verbrachte plötzlich 25 Stunden im Monat damit, Dienstwünsche, Anträge, Urlaube, Krankheitstage, Qualifikationen und Beschwerden seines Teams zu managen. Zusammen mit einem Kollegen kam er auf die Idee, mithilfe eines Algorithmus den Dienstplan automatisch errechnen zu lassen – die Idee für Planerio war geboren.

Die Gründungsidee entstand in der Krankenhaus-Teeküche

Munich Startup: Welches Problem löst Euer Startup?

Markus Hinz: Wir möchten mit unseren intelligenten Work-Life-Managament-Lösungen den Personalmangel und die Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter in der Gesundheitsbranche nachhaltig verbessern – und gleichzeitig zu einer besseren Patientenversorgung beitragen.

Dank unserer Dienstplanungs- und Zeiterfassungslösungen, die die Bedürfnisse und Qualifikationen der Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen, können diese nicht nur Privat- und Berufsleben besser vereinen, sondern haben im Arbeitsalltag wieder mehr Zeit für ihre Patienten.

Dr. Stefan Klußmann: Doch nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch das Management profitiert durch höhere Planungs- und Rechtssicherheit und mehr Arbeitseffizienz. Unsere intelligenten, digitalen Prozesse ermöglichen neue Handlungsspielräume und die nötige Datengrundlage für wirtschaftliche Optimierungen jeder Art (Business Intelligence).

KI als ‚kollektive Intelligenz‘

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Markus Hinz: Das sollte man glauben, aber es gibt keine andere derart flexible, agile und automatische Dienstplanung auf Basis künstlicher Intelligenz (KI). Und es gibt bisher auch keine andere Mitarbeiter-App mit unseren umfangreichen und mitarbeiterzentrischen Funktionen, wie zum Beispiel digitales Eintragen von Dienst-Wünschen, Dienst-Tausch-Börse, Antragsmanagement und vielem mehr.

Während manch‘ andere Anbieter ein einfaches Kopieren des letzten Monatsplans als ‚Digitalisierung‘ oder sogar ‚Automatisierung‘ verstehen, bieten wir eine tatsächliche automatische und digitale Erstellung des Dienstplans nach individuell festgelegten Regeln. Und unsere Funktions- und Lösungsvielfalt wächst mit jedem neuen Kunden weiter. In diesem Zusammenhang übersetzen wir KI auch gerne mit ‚kollektiver Intelligenz‘: Jeden Monat ist unser Produkt ein Stück besser, weil wir wieder eine Anforderung aus einer Arztpraxis, einem Krankenhaus oder einer Pflege-Einrichtung umgesetzt haben.

Wie Planerio den Kampf um die besten Talente meistert

Munich Startup: Was waren bisher Eure drei größten Herausforderungen?

Dr. Stefan Klußmann: Als größte Herausforderung würde ich KI nennen – also einen Algorithmus zu programmieren, der tatsächlich die Komplexität aller Planungsvariablen im Gesundheitswesen (wie beispielsweise gesetzliche Regelungen wie die Pflege-Personaluntergrenzen-Verordnung) beherrscht und automatisch für jede Krankenhausabteilung, Pflegeeinrichtung oder Arztpraxis den optimalen Dienstplan erstellen kann.

Eine zweite große Herausforderung ist sicherlich der ‚War for Talents‚ für uns als Engineering- bzw. Software-Startup hier in München. Der Wettbewerb um die besten Talente ist groß. Deshalb legen wir großen Wert auf eine Unternehmenskultur, die geprägt ist von gegenseitigem Vertrauen und Wertschätzung, regem Wissensaustausch und Innovationsfreude. Auch dass unsere neuartige Technologie wirklich etwas bewegt, motiviert! Dadurch und durch den rigorosen Fokus auf Recruiting und Networking ist es uns gelungen, eine zukunftsfähige Organisation aufzubauen.

Und last, not least gibt es im Gesundheitswesen viele, lang etablierte Software-Lösungen und IT-Infrastrukturen. Das ist besonders für unseren Vertrieb eine große Herausforderung. Gerade bei der Zusammenarbeit mit Krankenhäusern muss eine Vielzahl von unterschiedlichen Stakeholdern überzeugt werden. Doch wir wussten von Anfang an, worauf wir uns einlassen: Die technologische Zeitwende von On-Premise- zu Cloud-Lösungen war längst eingeläutet und wurde durch die Corona-Krise nur noch beschleunigt. Wir besitzen zusammen mit unseren Gesellschaftern ein hervorragendes Netzwerk und Branchen-Know-how. So kann aus der Vertriebs-Herausforderung für uns sogar langfristig ein Wettbewerbsvorteil werden.

„Unser Team wächst rasant“

Munich Startup: Wie laufen die Geschäfte?

Dr. Stefan Klußmann: Planerio ist bereits bei über 500 Klinik-, Pflege- und Praxis-Standorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Einsatz. Mit der Dienstplanung in Großpraxen und in über 100 Radiologien sind wir inzwischen sogar Marktführer in Deutschland. Und auch unsere Teamgröße von inzwischen knapp 50 MitarbeiterInnen wächst rasant. Die Corona-Krise beschleunigt den Digitalisierungsprozess in der Gesundheitsbranche und damit auch den Erfolg von Planerio. So liegt unser Umsatz dieses Jahr im knapp siebenstelligen Bereich.

Munich Startup: Wie schätzt Ihr den Startup-Standort München ein?

Markus Hinz: Wir schätzen München als Hotspot für Investoren, Dienstleister, potenzielle Kunden und wertvolle Multiplikatoren aus dem Gesundheitswesen. Selbstverständlich spielt auch der hohe Freizeitwert für unsere MitarbeiterInnen eine besondere Rolle. Weil das natürlich nicht nur wir so sehen, zieht Münchens Attraktivität auch Nachteile, wie den bereits angesprochenen ‚War for Talents‘ und hohe Mieten mit sich. Dennoch fühlen wir uns hier sehr wohl: München ist Planerios Heimat.

Dank Quantencomputing auch künftig gut performen

Munich Startup: Risiko oder Sicherheit?

Markus Hinz: Ich würde sagen: eine gesunde Mischung aus Sicherheit und kalkuliertem Risiko. Unsere Kunden an über 500 Standorten brauchen die Sicherheit eines zuverlässigen Partners, um ihre Zukunft zu planen. Und die liefert Planerio auch: Wir haben bisher noch keine Kündigung von Kunden erhalten, bei denen unser Produkt schon im Einsatz war.

Außerdem sichern wir mit staatlich geförderten Forschungsprojekten unseren Innovationsvorsprung für die Zukunft ab. Mithilfe von künstlicher Intelligenz wollen wir zum Beispiel verstehen, welche Anforderungen ‚New Work‘ im Gesundheitswesen in zwei bis drei Jahren an die Personaleinsatzplanung stellt, beispielsweise hinsichtlich flexibler Schichtsysteme. Und durch den Einsatz von Quanten-Computing wollen wir heute bereits sicherstellen, dass unser System zukünftig gleichzeitig tausende Dienstpläne performant und automatisch planen wird.