Das Keepoala-Gründerteam Tjark Metzner, Sebastian Engel-Wolf und Eik Lämmerhirt (v.l.)
Foto: Keepoala

Keepoala: Bonusprogramm für nicht-zurückgesendete Bestellungen

Das Zurücksenden gekaufter Waren verursacht jährlich Kosten von 3,4 Milliarden Euro – alleine in Deutschland. Keepoala will durch ein Bonusprogramm Retouren vermeiden. Wir haben mit Eik Lämmerhirt, einem der drei Gründer von Keepoala gesprochen.

Munich Startup: Wer seid Ihr und was macht Ihr? Stellt Euch bitte kurz vor!

Eik Lämmerhirt: Sebastian Engel-Wolf, Tjark Metzner und ich, wir sind die Gründer von Keepoala. Keepoala ist das führende Loyalty-Programm, um die Retouren im Onlineshopping mit Hilfe der ShopperInnen zu reduzieren. Als digitaler Retourenexperte finden wir für jeden Retourengrund den passenden Hebel zur Verminderung des Retourenaufkommens.

Ursprünglich sind wir alle aus Thüringen. Tjark und ich sind in der gleichen Straße aufgewachsen, sozusagen Kindergartenfreunde. Sebastian und Tjark sind auf die gleiche Schule gegangen. Über Tjark habe ich dann Sebastian kennengelernt. Mittlerweile sind wir alle 32 Jahre alt, d.h. uns verbindet eine lange Freundschaft. So unterschiedlich unsere akademischen Backgrounds, uns war immer bewusst: wenn wir einmal gründen, dann machen wir das zusammen.

Sebastian hat Molekulare Biotechnologie an der TUM studiert und programmiert seit er 16 Jahre alt ist. Tjark hat ein Economics Studium an der University of California Santa Barbara abgeschlossen, war dann einer der ersten Mitarbeiter von Flixbus und hat dementsprechend den Wachstumspfad eines digitalen Unternehmens von 4 auf mehr als 1000 Mitarbeiterinnen aktiv mitgestaltet. Mein Name ist Eik und habe nach meinem BWL Studium an der TU Dresden und der Audencia Nantes für einen Company Builder den Geschäftsaufbau von mehr als 30 Deeptech-Unternehmen begleitet.

Seit diesem Jahr arbeiten wir nun von München aus gemeinsam an der Keepoala-Vision für einen nachhaltigeren E-Commerce-Sektor.

Jede Retoure kostet mehr als 10 Euro

Munich Startup: Welches Problem löst Euer Startup?

Eik Lämmerhirt: Wir lösen das Problem des zu hohen Retourenaufkommens, angefangen mit Deutschland als Europameister im Retournieren. Jede Bestellung, welche zurückgeschickt wird, verursacht Transport- und Handlingkosten von mehr als 10 Euro und belastet die Umwelt mit fast 1kg CO2 pro Retoure. Laut den Kolleginnen der Forschergruppe Retourenmanagement der Uni Bamberg hat sich das Problem der Retouren im Jahr 2018 auf insgesamt 280 Millionen zurückgeschickte Pakete und Kosten von 3,4 Milliarden Euro aufsummiert, allein in Deutschland.

Über ein smartes Incentivierungsprogramm möchten wir die Online-ShopperInnen dafür belohnen, Orders nicht zurückzuschicken. Der Fokus liegt hierbei auf der Schließung des Intention-Behavior-Gaps. Das bedeutet, der Wille zum nachhaltigen Einkaufen ist da, die Hürde etwas Gutes zu tun ist aber noch zu hoch, was die Umsetzung dessen, was ich mir eigentlich vorgenommen habe, behindert. Wir werden es über unsere App dem Einkaufenden so einfach wie möglich machen, für sein Umweltbewusstsein im Onlineshopping belohnt zu werden und den eigenen CO2-Fußabdruck zu verringern. Durch mehr Transparenz des ökologischen Fußabdrucks beim Einkaufen verhelfen wir langfristig zu einem bewussteren Konsum. Wird doch retourniert, dann kann der Bestellende dafür belohnt werden, detailliertere Auskünfte über Retourengründe zu geben. Die teilnehmenden Onlineshops, HändlerInnen und Brands profitieren zum einen durch die vermiedenen Retouren und Retourendaten von sinkenden Kosten und durch das Nachhaltigkeitssiegel Keepoala von gesteigerter Kundenzufriedenheit und -loyalität.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Eik Lämmerhirt: Richtig ist, es gibt unzählige Bonusprogramme. Zum Teil zielen diese Programme auch auf das Belohnen von vermiedenen Retouren. Letztlich sind das aber Insellösungen einzelner Marken und Shops. Der Endkunde ist überfrachtet mit verschiedenen Punkteständen, Treuekarten und ohne Feedback, welchen positiven Impact er mit dem richtigen Shoppingverhalten haben kann. Gleichermaßen gibt es komplementierende Technologieansätze, um Retouren präventiv zu vermeiden, also den Einkaufenden vor dem Kauf in die Lage zu versetzen, das passende Produkt zu bestellen. Bessere Produktbilder, kamera-basierte Vermessungen des Körpers, Kundenbewertungen gehören dazu.

Keepoala ist das führende Programm, das shopübergreifend den / die OnlineshopperIn ins Zentrum des Handels rückt, um Retouren, sowohl präventiv als auch nach getätigter Order, zu vermeiden. Die Kombination aus nachhaltigem Impact durch die App-gestützte Endkundenfokussierung mit angeschlossenen digitalen B2B-Retourendashboard für Partnerunternehmen ist innovativ und neu. Zum ersten Mal werden wissenschaftliche Erkenntnisse des Retournierens genutzt, um das Einkaufverhalten zum Positiven zu verändern, ohne dabei als ShopbetreiberIn Umsatzeinbußen zu fürchten.

Munich Startup: Was waren bisher Eure drei größten Herausforderungen?

Eik Lämmerhirt: Kundentraktion ist generell als Early-Stage-Startup die größte Herausforderung, auch bei uns. Nachhaltigkeit darf für HändlerInnen im E-Commerce nicht nur ein Lippenbekenntnis sein. Das Tagesgeschäft und neue Ansätze zur Anreicherung des Kerngeschäftes unter einen Hut zu bekommen, ist schwierig und bedarf einer klaren Strategie seitens der HändlerInnen und Marken. Die Shops, die der Meinung sind, Umweltbewusstsein kann nicht mit höherer Profitabilität und höherer Kundenzufriedenheit vereint werden, werden höchstwahrscheinlich in ein paar Jahren das Nachsehen haben. Wir freuen uns, an der Stelle bereits mit zahlreichen VorreiterInnen der Branche in Gesprächen zu sein.

Umweltschutz ist momentan für fast jeden Deutschen eines der wichtigsten Zukunftsthemen. Bei der Entwicklung der einzelnen Motivations- und Kompensierungsstrategien für unsere App ist es dementsprechend wichtig, wirkliche Einsparpotenziale zu heben, statt Greenwashing zu betreiben.

Vor der gemeinsamen Zeit bei Keepoala haben wir alle mehrjährige Erfahrungen in anderen Startups, Beratungs- und Kundenprojekten gesammelt. Die beruflichen Werdegänge sind dementsprechend von dem ein oder anderen Rückschlag gezeichnet, was aber in Konsequenz die eigene Lernkurve extrem beflügelt hat. Diesen Erfahrungsschatz können wir nun nutzen, um gemeinsam Keepoala voranzubringen und etwas Gutes zu bewirken.

Keepoala plant Gespräche mit Investoren im kommenden Jahr

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Eik Lämmerhirt: Bisher konnten wir unseren Business Case bereits durch zahlreiche, sehr positive Feedbacks von KundInnen, HändlerInnen und AkademikerInnen aus dem Forschungsbereich Retouren validieren und verbessern. Für die kommenden 12 Monate steht die Kundentraktion weiter im Mittelpunkt unseres Handelns. Hier wollen wir noch so viel wie möglich mit interessierten HändlerInnen ins Gespräch kommen, um frühzeitig für die teilnehmenden Shops durch die Datenqualität und -analyse Mehrwerte zu generieren und darauf aufbauend die User App für den Shoppenden skalieren zu können. Für die Skalierung werden wir in 2021 dann auch erste Investorengespräche avisieren und hoffen, in einem Jahr dann auch auf der Investorenseite Neuigkeiten vermelden zu können.

In 5 Jahren wollen wir DAS Gütesiegel für nachhaltigen Konsum im Onlineshopping in Europa sein. Unabhängig von unserem Einstiegsmarkt Bekleidung und Schuhe. Das heißt, wenn es darum geht, als Player im E-Commerce-Universum seine Anstrengungen in Richtung nachhaltige Wertschöpfungskette und Reduzierung des CO2-Fußabdrucks effizient und vertrauensschaffend umzusetzen, dann am besten mit uns!

Munich Startup: Wie schätzt Ihr den Startup-Standort München ein?

Eik Lämmerhirt: Der Standort München ist für uns in der frühen Unternehmensphase, abgesehen von den hohen Lebenshaltungs- und bereits anfallenden Betriebskosten, hervorragend geeignet. Durch die Universitätslandschaft haben wir bereits sehr früh Zugang zu High Professionals und WerkstudentInnen und konnten unser Team dadurch bereits auf 7 Teammitglieder ausbauen. Darüber hinaus profitieren wir vor Ort vom Netzwerk ansässiger Ex-Arbeitgeber und starker Sparringspartner wie dem Werk1 und dessen Community, Plug & Play, Baystartup und dessen Investorennetzwerk oder natürlich Munich Startup. Als passionierte Rennradfahrer ist Münchens Nähe zu den Bergen für Sebastian, Tjark und mich das i-Tüpfelchen in der Standortwahl.

Munich Startup: Risiko oder Sicherheit?

Eik Lämmerhirt: High risk – high return (ausnahmsweise nicht zu übersetzen mit Retoure). In unserem Fall elementar dazukommend: high impact! Uns ist bewusst, wie herausfordernd es ist, sowohl B2C als auch B2B ins Visier zu nehmen. Wir sind davon überzeugt, nur in Kombination aller Marktteilnehmer die Potentiale eines nachhaltigen E-Commerce-Sektors wirklich hebeln zu können und werden uns deswegen als allumfassender Retourenexperte positionieren.