© Infineon

„Infineon liefert relevante Komponenten in Verbindung mit technischer Beratung“

Viele Kooperationen zwischen Startups und Unternehmen enden in lukrativen Win-Win-Situationen. Doch Corporates in Deutschland gehen meist noch zögerlich auf Partnersuche. Nicht so der Halbleiterhersteller Infineon: Mit seiner Kooperationsinitiative Inno.Wafer adressiert das Unternehmen Startups ganz gezielt. Was Infineon den Jungunternehmen zu bieten hat, wie die Kooperationen ablaufen und wie alle Beteiligten davon profitieren erklärt Lamin Ben Hamdane, Head of Startup Cooperation & Partnerships bei Infineon, im Interview.

Munich Startup: Wer seid Ihr und was macht ihr? Stellt Euch bitte kurz vor!

Lamin Ben Hamdane: Infineon ist unter den Top-10 der größten Halbleiterhersteller weltweit. Große Produktbereiche sind Sensoren, Microcontroller, Leistungselektronik und Hardware Security. Unser Team agiert als zentraler Explorer, der für Infineon Kooperationen mit Startups aufgleist, um für beide Seiten Win-Win-Situationen und neues Geschäft zu erzeugen. Beheimatet sind wir am Hauptsitz in Neubiberg. Wir haben zusätzlich Teams im Silicon Valley und in Singapur, die intensiv mit Startups arbeiten. Wir adressieren grundsätzlich Themen, die im Fokus der Divisionen & Operations liegen. Durch diese engen Verbindungen erhöhen wir auch die Wahrscheinlichkeit einer langfristig tragfähigen Kooperation. Zum Schluss ist es noch wichtig zu erwähnen, dass wir kein Corporate-VC sind, also keine Investments in Startups tätigen.

Munich Startup: Welche Innovationen sucht Ihr?

Lamin Ben Hamdane: Auf hoher Flugebene unterscheiden wir einerseits zwischen Kooperationen, die für die Divisionen aus Business-Development-Perspektive relevant sind. Hier suchen wir u.a. Startups, die innovative Hardware entwickeln. Relevante Bereiche sind z.B. Energieeffizienz und Elektromobilität, Mensch-Maschine-Kommunikation oder IoT. Das sind nur einige Anwendungen, wo wir mit unserem Produktportfolio an Power-, Sensorik- und Sicherheitslösungen Startups befähigen können, schneller Ihre Lösung zu entwickeln. Wir haben auch Interesse an Software-Startups, die Expertise in „embedded“ Software oder künstlicher Intelligenz haben und unsere Produkte durch Software Enabled Features bereichern.

Andererseits gibt es Kooperationen auf der Operations-Seite, um Prozesse intern zu optimieren und Kosten zu sparen. Beispiele sind der Einsatz der Lösung eines Startups in der Halbleiter-Produktion, Stichwort Industrie 4.0. Speziell in diesem Bereich adressieren wir eher Late-Stage-Startups.

Infineon sucht neue Anwendungen für bestehende Produkte

Munich Startup: Aber das könnt Ihr selbst doch viel besser!

Lamin Ben Hamdane: Wir sind nach wie vor ein Techkonzern welcher seine Stärken und seinen Fokus auf der Entwicklung von Halbleitern und deren Produktion hat. Wo uns Know-how fehlt, ist im Bereich wachsender neuer Anwendungen für unserer Produkte. Ein Beispiel ist der Bereich schnelles Laden von E-Fahrzeugen. Wir wollen die Systeminnovationen in diesen Bereichen besser verstehen und Feedback über unsere Produkte bekommen. Wie können diese beispielsweise in eine Systemlösung integriert werden und welche Schwierigkeiten treten hier auf? Auch im Bereich Embedded Software sind wir froh, nicht alles in-House entwickeln zu müssen!

Munich Startup: Was zählt mehr: das Geschäftsmodell, die Neuheit der Idee oder das Team?

Lamin Ben Hamdane: Wir schauen uns primär natürlich den Tätigkeitsbereich eines Startups an, der zu einem unserer Fokusthemen passen muss. In einem ersten Gespräch bekommen wir auch einen Eindruck der Kompetenz des Teams und deren Reifegrad. Und schließlich ist auch wichtig zu verstehen, wie motiviert das Startup ist, mit uns zusammen zu arbeiten!

Munich Startup: Wie sieht Eure Zusammenarbeit mit Startups aus? Worauf legt ihr den Fokus?

Lamin Ben Hamdane: Typischerweise gibt es nach einem ausführlichen Scouting ein erstes Intro-Gespräch. Wenn ein Match zwischen Infineon und einem Startup entstanden ist, stehen weitere Meilensteine wie ein PoC (Anm.: Proof-of-Concept) oder ein gemeinsamer Demonstrator an. Infineon bietet hier z.B. kostenlose Produkt-Samples oder auch einen gewissen Tech-Support an. Das langfristige Ziel ist es, eine nachhaltige Geschäftsbeziehung zu etablieren. Diese kann in Form einer R&D- oder Go-to-Market-Partnerschaft, Kunden- oder Zulieferbeziehung entstehen.

„Die Zusammenarbeit erweitert unseren Lösungsraum für Innovation enorm“

Munich Startup: Was habt Ihr als etabliertes Unternehmen dabei von den Startups gelernt?

Lamin Ben Hamdane: Aus technischer Sicht haben wir bereits viel auf der Systemseite über unsere Produkte gelernt und Feedback bekommen. Des Weiteren haben wir Einblicke in verschiedene Innovationsfelder bekommen und neue Trends erkannt. Welche Innovationen entstehen z.B. im Bereich Energiespeicherung? Welche Anforderungen an unsere Produkte werden hier gestellt? Passt unser derzeitiges Produktportfolio und wie kommen Startups damit zurecht? Wir sehen natürlich auch wie agil und schnell Startups unterwegs sind, schließlich müssen sie schnell ein Produkt auf die Straße bringen und dann skalieren. Ich glaube weniger, dass wir diese Arbeitsweise als Corporate so übernehmen können, aber die Zusammenarbeit erweitert unseren Lösungsraum für Innovation enorm!

Munich Startup: Mit welchen Startups habt ihr bisher zusammengearbeitet?

Lamin Ben Hamdane: Es sind bereits zahlreiche Kooperationen zustande gekommen. Einige Beispiele sind hier in Europa z.B. Stabl, Toposens oder Luminovo. Global haben wir Aktivitäten im Silicon Valley (Kooperationen z.B. mit Blumio oder Oculii) oder auch in Singapur mit unserem Co-Innovation Space (z.B. Ampotech, Xnergy).

Munich Startup: In welcher Phase gehen Startups idealerweise auf Euch zu?

Lamin Ben Hamdane: Auch hier kann wieder zwischen Startups unterschieden werden, welche relevant für unsere Divisionen oder für Operations sind. Gerade bei Kooperationen in Bereichen unserer Divisionen sprechen wir häufig schon mit frühphasigen Startups, welche einen ersten Prototypen entwickeln und häufig noch in der Seed-Phase sind. Jedoch sind hier nach oben keine strikten Grenzen gesetzt. Im Gegensatz dazu sollten Startups, welche Lösungen für unsere Operations anbieten, bereits ein fertiges Produkt auf dem Markt haben, also mindestens eine Series-A-Finanzierung abgeschlossen haben.

„Startups werden zu Kunden, Lieferanten oder R&D/G2M-Partnern“

Munich Startup: Wie geht es mit den Startups weiter, nachdem sie bei Euch waren?

Lamin Ben Hamdane: Nach einem ersten Kennenlernen und bei gegenseitigem Interesse geht es im ersten Schritt um eine technische Kooperation. Wir definieren gemeinsam ein erstes Projekt von ein paar Monaten. Ergebnis kann ein Proof-of-Concept oder ein Demonstrator sein. Infineon liefert relevante Komponenten in Verbindung mit technischer Beratung. Daraus kann sich im nächsten Schritt eine gemeinsame Go-to-Market-Strategie entwickeln. Längerfristig kann die Zusammenarbeit zu einer dauerhaften Geschäftsbeziehung führen. Startups werden zu Kunden, Lieferanten oder R&D/G2M-Partnern.

Munich Startup: Der beste Rat, den Ihr einem Startup geben könnt?

Lamin Ben Hamdane: Für uns sehr hilfreich ist, wenn das Startup sich Gedanken über mögliche Synergien einer Kooperation macht und wieso gerade Infineon ein guter Partner wäre. Dann eine gewisse Portion Geduld, denn es braucht Zeit, um intern den richtigen Ansprechpartner zu finden, der an dem Startup ein Interesse haben könnte und um Feedback einzuholen.

Munich Startup: Last but not least: Auf wen gehen Startups zu, wenn sie mit Euch ins Gespräch kommen wollen?

Lamin Ben Hamdane: Wir haben mit der Kooperationsinitiative Inno.Wafer eine Plattform geschaffen, welche gezielt Startups adressiert. Hier können detaillierte Informationen gefunden werden und auch eine Application Form ausgefüllt werden, wo wir schon erste Hinweise auf potentielle Synergien bekommen. Wir kommen dann im Nachgang mit dem richtigen Ansprechpartner an der Seite auf das Startup zu.