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PwC-Studie untersucht Finanzierung und Bewertung von Startups

Entscheidet sich ein VC dazu, in ein Startup zu investieren, ist die Bewertung des Jungunternehmens entscheidend. Denn sie bestimmt, wie viel Geld fließt. Doch wie kommen die VCs zu ihren Bewertungen von Frühphasen-Startups? Und welche Folgen hat das? Eine PwC-Studie gibt Antworten.

Laut der „Venture Capital-Marktstudie 2020“ von PricewaterhouseCoopers (PwC) verlassen sich die meisten Geldgeber bei ihren Bewertungen von Frühphasen (Early Stage) vor allem auf Erfahrungswerte. So geben die meisten der befragten VCs an, sich bei der Bewertung von Early-Stage-Startups auf ihre Erfahrung zu verlassen. Bei Later-Stage-Startups dominieren hingegen faktenbasierte Entscheidungen: Hier lassen sich deutlich weniger der befragten VCs von ihrer Erfahrung leiten. Dabei liegt ein sehr hoher Erfahrungsschatz vor. 72 Prozent der Befragten haben mehr als 10 Jahre Erfahrung bei der Bewertung von Startups. 34 Prozent haben sogar mehr als 20 Jahre Erfahrung

Aber natürlich ist Erfahrung nicht alles: Auch Multiple-Ansätze und die VC-Methode kommen zum Einsatz. Discounted-Cash-Flow (DCF)-Verfahren hingegen werden erst im Later Stage bedeutsamer. Zudem ist die Bewertung vergleichbarer Finanzierungsrunden ein beliebtes Mittel.

Was ist für die Bewertung wichtig?

Besonderes Augenmerk legen die Experten bei ihren Bewertungen auf bekannte Punkte: So ist die Motivation der GründerInnen die wichtigste Komponente (für 73,2 Prozent der Befragten ist sie sehr wichtig), gefolgt von Persönlichkeit und sozialer Kompetenz (61 Prozent) sowie Gesamtkompetenz und visionärer Kraft des CEOs (58,5 Prozent). Auf die Gründungserfahrung achten hingegen nur 14,6 Prozent der VCs.

Weitere wichtige Bewertungskriterien neben den Gründenden selbst sind das Wachstumspotenzial des Startups (87,2 Prozent), die Skalierbarkeit bzw. Internationalisierungsmöglichkeit (80 Prozent) sowie das Ertragspotenzial (62,5 Prozent). Eine Bedrohung durch bestehende Wettbewerber sehen hingegen lediglich 10,3 Prozent als wichtig an.

Welche Ziele die VCs verfolgen

„Eines der vielen aufschlussreichen Studienergebnisse ist, dass die Ziel-Anteilsquote der Investoren in der Regel zwischen 10 bis 24,9 Prozent liegt. Allerdings planen 80 Prozent der Geldgeber von vornherein Folgeinvestments in weiteren Finanzierungsrunden ein, um ihre Beteiligungsquoten zu halten. Für Startups ist das eine gute Nachricht“,

erklärt Enrico Reiche, VC-Experte von PwC Deutschland. Dabei passt fast ein Drittel der Investoren Geschäftspläne von Startups an und verwendet niedrigere Diskontsätze. Die erwartete Internal Rate of Return (IRR) bezogen auf das Portfolio liegt im Mittelwert zwischen 32 Prozent jährlich für Early-Stage-Startups und 21 Prozent jährlich für Later-Stage-Unternehmen. Das erwartete Multiple liegt im Mittelwert zwischen 5,9 für Early Stage und 3,2 für Later Stage.

Stärkung des Finanz-Ökosystems

„Startups sind ein wichtiger Motor für Innovation und Wachstum. Risikokapital ist der Treibstoff, der die Startups voranbringt und den GründerInnen den notwendigen Raum zur Entfaltung von Leistung und Leidenschaft gibt. Das Finanz- Ökosystem prägt entscheidend die Entwicklung junger Unternehmen“,

sagt Dirk Honold, Professor für Unternehmensfinanzierung und Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Hochschule Nürnberg und Co-Autor der Studie. Und ergänzt:

„Die Studie belegt, dass nur jeder vierte Investor mehr als 15 Millionen Euro in ein Portfolio-Unternehmen investiert. Der aktuell diskutierte Zukunftsfonds kann hier wesentlich zu mehr großvolumigen Runden und neuen, großen VC-Investoren in Deutschland beitragen.“

Die Studie offenbart auch, dass in fast 50 Prozent der Early-Stage-Deals nicht anrechenbare Liquidationspräferenzen vereinbart werden, die bei rund einem Drittel der Unternehmen als Ausgleich für höhere Unternehmensbewertungen dienen.

COVID-19 und die Folgen

Im Jahr 2020 ist ein Einflussfaktor auf die Vertragsgestaltung hinzugekommen, den es vorher noch nie gegeben hat: die Corona-Pandemie. Sie führte dazu, dass in fast 50 Prozent der von den befragten Investoren bislang im Jahr 2020 abgeschlossenen Finanzierungsrunden nach dem Signing und vor dem Closing die Unternehmensbewertung oder andere Vertragsbestandteile angepasst wurden. Patrick Hümmer, Geschäftsführer von Ventury Analytics, erklärt:

„Mehr als 75 Prozent der Investoren erwarten, dass COVID-19 eher zu sinkenden Bewertungen führt. Einen erweiterten Finanzierungsbedarf sehen die Befragten ebenfalls bei 75 Prozent der Startups, wobei 55 Prozent der Investoren eine Co-Finanzierung mit staatlichen Mitteln befürworten. Die Mehrheit dieser Investorengruppe möchte jedoch nicht auf Staatshilfen warten.“

Über die Studie

Erstellt haben die Studie die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC, Dirk Honold, Professor für Unternehmensfinanzierung und Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Hochschule Nürnberg, sowie die Nürnberger Ventury Analytics GmbH. Befragt wurden in der Spitze 74 Investoren zu 113 Details ihrer Beteiligungshöhen, Bewertungspraxen und Finanzierungsverträge. Alle Befragten haben (auch) einen Deutschland-Fokus und investieren rechnerisch jährlich insgesamt mehr als zwei Milliarden Euro Venture Capital.