Foto: Der Entrepreneurs Club

Entrepreneurs Club: „Familiengeführte Unternehmen bestimmen Deutschlands Wirtschaft“

Der Entrepreneurs Club vernetzt Familienunternehmen mit Startups, unterstützt bei der Unternehmensnachfolge und der Suche nach Fachkräften. Wir haben mit Stefan Klemm gesprochen, er ist Gründer und Inhaber des Entrepreneurs Club.

Munich Startup: Was macht der Entrepreneurs Club und wer steht hinter der Organisation?

Stefan Klemm: Der Entrepreneurs Club gilt heute deutschlandweit als eine der relevantesten Anlaufstellen für Familienunternehmen und Unternehmer in Bezug auf Fragestellungen zur Gewinnung von Fach- und Führungskräften, Nachfolge oder Unternehmenstransaktionen. Zu unseren Bestandskunden zählen heute rund 250 der 500 größten deutschen Familienunternehmen. Wir sind aber auch ein richtiger Unternehmer-Club mit Mitgliedern, die sich mit der eigenen Nachfolge beschäftigen, sei es im eigenen Familienunternehmen oder als externes Management-Buy-in (MBI). Es ist eine erklärte Mission des Entrepreneurs Clubs, Unternehmertum öffentlich zu stärken, langfristig zu sichern und damit einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Unternehmerischen Persönlichkeiten und Unternehmer-Talenten bieten wir an bei uns „anzudocken“ und mit ihren Geschäftsideen oder bestehenden, angrenzenden Businesses, Teil unseres „ECosystems“ zu werden. Gegründet wurde der Entrepreneurs Club 2005 von mir, zusammen mit rund 20 Gründungsmitgliedern, die sich alle mit dem Thema Unternehmensnachfolge beschäftigt hatten. Viele der damaligen Gründungsmitglieder sind heute in die Nachfolge im eigenen Familienunternehmen eingetreten, oder haben einen oder mehrere MBIs umgesetzt.

„Das Arbeitsumfeld in Familienunternehmen kommt heutigen Talenten viel näher als im Großkonzern“

Munich Startup: Warum haben Sie das Portal „Karriere im Familienunternehmen“ gestartet?

Stefan Klemm: In Deutschland werden überwiegend die großen DAX-Unternehmen öffentlich wahrgenommen und als prägend für die Wirtschaft gehalten. Bei vergleichbarer Leistungsfähigkeit stehen gerade bei Absolventen und Young Professionals die bekannten Marken im Fokus des Interesses und die Familienunternehmen werden oftmals in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung unterschätzt. So weiß kaum jemand, dass es jedoch zu einem Großteil die familiengeführten Unternehmen sind, die Deutschlands Wirtschaft bestimmen.

Stefan Klemm, Gründer und Inhaber des Entrepreneurs Club. (Foto: Der Entrepreneurs Club)

Wenn Sie eine etablierte Unternehmerin oder einen etablierten Unternehmer fragen, was das größte Bottleneck beim Wachstum ist, werden Sie vermutlich meistens hören „gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“. Die Gewinnung von guten Leuten ist also „Chefsache“ und von höchster strategischer Bedeutung. Wir haben es uns deshalb mit „Karriere im Familienunternehmen“ zum Ziel gesetzt, Fach- und Führungskräfte über das besondere, vor allem von guter Arbeitsatmosphäre und Nachhaltigkeit geprägte, Karriereumfeld in der Unternehmensklasse der Familienunternehmen aufzuklären. Wie aus gemeinsamen Studien der Stiftung Familienunternehmen mit der TU München hervorgeht, kommt das Arbeitsumfeld in Familienunternehmen – Stichworte Arbeitsatmosphäre, Nachhaltigkeit und Purpose Driven Jobs – heutigen Talenten nämlich viel näher als im anonymen Großkonzern.

Munich Startup: Fällt es Familienunternehmen besonders schwer, Fachkräfte zu finden?

Stefan Klemm: Für Familienunternehmen ist aus oben genannten Gründen Employer Branding das Werkzeug der Stunde. Das gebotene Karriereumfeld ist einzigartig. Für junge Fach- und Führungskräfte bieten Familienunternehmen auch super Entwicklungschancen. Die Hierarchien sind flach, Eigenverantwortung wird großgeschrieben, und weil die Karrierewege hier nicht so strikt vorgezeichnet sind, kann man mit Engagement weit kommen, sowohl in Deutschland als auch in Dependancen im Ausland. Zudem sind Familienunternehmen branchenübergreifend zu finden und bieten damit vielen verschiedenen Interessensgruppen und Talenten attraktive berufliche Chancen. Das muss nun nur noch bekannter werden. In der öffentlichen Wahrnehmung müssen Familienunternehmen wieder eine stärkere Rolle spielen, sie müssen gesehen werden.

Das neu von uns gelaunchte Online-Portal www.karriere-familienunternehmen.de setzt hier an. Es informiert nicht nur über die Vorzüge, die Familienunternehmen für Arbeitnehmer bereithalten, sondern verkündet darüber hinaus noch eine gute Botschaft: Die vakanten Stellen sind vorhanden. Auch und teils gerade jetzt. Mit 50 bislang angebundenen Partnerunternehmen zählen wir fast 3.000 Stellenausschreibungen. Der Blick auf die Seite lohnt sich also sowohl für Arbeitssuchende, aber auch für alle, die sich informieren und eventuell ein eigenes Unternehmen gegründet haben, oder gründen möchten. Familienunternehmen können hier als Leitbild dienen. Denn sie sind generationsübergreifend, langfristig ausgerichtet und beständig im Wandel der Zeit.

„Jedes Familienunternehmen war einst ein Startup“

Munich Startup: Welche Bedeutung haben Startups für Familienunternehmen?

Stefan Klemm: Kombiniert man Entrepreneurship und Fleiß, etabliert sich ein Unternehmen. In diesem Sinne war jedes Familienunternehmen einst ein Startup und erinnert sich bestimmt gerne zurück an die Anfänge der eigenen Historie. Dadurch, dass Familienunternehmen teilweise auf eine sehr lange Geschichte zurückblicken, haben sie auch viel Veränderungen durchlebt und sich jeweils neuen Situationen anpassen müssen. Jede Zeit hat ihre eigenen Herausforderungen. Die der heutigen kann zum Beispiel in der Digitalisierung liegen oder auch in ganz neuen Vertriebswegen wie dem Direkt-Marketing. Da lohnt sich durchaus der Blick auf Startups, die vor allem durch Flexibilität die Nase vorne haben könnten. Eine Chance für Familienunternehmen liegt sicherlich in der Adaptierung neuer Strukturen durch den Ankauf eines Startups. Ein Beispiel ist das traditionsbewusste westfälische Unternehmen Oetker, das zum signifikanten Preis von 1 Milliarde Euro das Startup „Flaschenpost“ erwarb.

Munich Startup: Was kann die „Old Economy“ für Startup-Unternehmen leisten?

Stefan Klemm: Familienunternehmen können andererseits aber auch als Startup-Schmieden fungieren. Als Inkubatoren gründen und bauen Konzernbereiche Startups auf, um etwa die Entwicklung neuer digitaler Produkte und Services voranzutreiben. Sie verknüpfen und nutzen dabei die vorhandene Infrastruktur, das gesammelte Wissen und etablierte Netzwerke und verfügen damit über ein komplettes „Startup-Ökosystem“ von dem innerhalb kürzester Zeit profitiert wird. Die jeweils „klügsten und kompetentesten Köpfe“ des Unternehmens werden oftmals in diese neuen Bereiche gesteckt und haben dann die Möglichkeit, in einem gleichzeitig von nachhaltiger Ausrichtung geprägten, aber trotzdem agilen und innovativen Hightech-Umfeld tätig zu werden. Auch Kooperationen können sich für beide Unternehmensformen auszahlen. Indem jeder an den Stärken des anderen partizipiert, stärken sie sich gegenseitig. Auf unserem Portal gibt es zu diesem Thema den Artikel „Jedes Familienunternehmen war einmal ein Startup“, der bei Interesse das Thema noch ausführlicher beleuchtet.

Entrepreneurs Club vermittelt Zugang zu UnternehmerInnen

Munich Startup: Stellen Sie selbst aktiv Kontakt zwischen Startups und Mittelständlern her?

Stefan Klemm: Klar. Das ist Teil einer der Services des Entrepreneurs Clubs. Die „EC Target Börse“ vermittelt handverlesene Targets aus einem Deal-Flow von derzeit 2.000 Unternehmen pro Jahr, die zum Verkauf stehen. Dort sind zwar in der Regel etablierte KMUs zu finden, die etwa aus Gründen ungelöster Unternehmensnachfolge zum Verkauf stehen. Es sprechen uns aber häufig auch Startups an, die auf der Suche nach Investoren sind. Für einige ist es, neben dem benötigten Kapital an sich, noch viel zielführender, sich mit einem etablierten Player im Markt, – z.B. aus dem Feld der Familienunternehmen – operativ zusammenzutun. Denn dieser hat nicht nur Marktzugang, sondern besetzt mitunter als Weltmarktführer auch komplette Nischen mit international aktiven und eingespielten Strukturen, also „up and running“ Beschaffungs- und Produktions-Wertschöpfungsketten. Das Gute, speziell an den Familienunternehmen ist hierbei: Die Entscheider sind zugleich die Unternehmerinnen und Unternehmer. Sie können also selbst und direkt entscheiden, was sie mit ihren finanziellen Mitteln und sonstigen Ressourcen machen. Wenn man als Startup, zum Beispiel über den Entrepreneurs Club, Zugang zu einem solchen Unternehmen aus dem ECosystem erhält, landet man mit seinem Pitch Deck nicht unter hunderten Pitch Decks, die ein professioneller VC ansonsten vielleicht pro Monat „auf dem Tisch hat“. Man hat idealerweise die Möglichkeit, eine/n Senior Unternehmer/in mit oftmals vielen tausend Mitarbeitern und ein paar Milliarden Euro eigenem operativen Umsatz, in einem persönlichen Gespräch von sich und seiner Geschäftsidee zu überzeugen.