Munich Startup: Wer seid Ihr und was macht Workerbase? Stellt Euch bitte kurz vor!
Norman Hartmann: Wir sind Workerbase, ein Startup aus München, das industrielle Produktionsprozesse effizienter gestaltet. Mit Workerbase kann die Produktivität in Fabriken gesteigert werden ohne Menschen durch Roboter zu ersetzen.
Thorsten Krüger: Wir Gründer haben uns bei Siemens kennengelernt. Norman und ich haben dort in der zentralen Forschungsabteilung jahrelang untersucht, wie Technologie den Menschen bei der Arbeit unterstützt. In einem Projekt zum Einsatz von Smartwatches für die Produktion ist Hamid dazugestoßen und uns war sofort klar, dass er beim geplanten Unternehmen unser CTO sein muss.
Hamid Reza Monadjem: Und so ist es dann auch gekommen. Mittlerweile haben wir unser Produkt aber noch erweitert. Wir nutzen nicht mehr nur Smartwatches, sondern unterstützen alle denkbaren Geräte. Mit unserer Lösung werden Menschen optimal in industrielle Produktionsprozesse eingebunden. Das fängt bei der Smartwatch an, geht über Smartphone und Tablet und hört bei der Datenbrille noch lange nicht auf. Unsere Software ist sehr flexibel und Mitarbeiter in der Produktion können je nach Anwendungsfall das bestmögliche Gerät wählen.
Workerbase vernetzt Angestellte in der Produktion über Devices
Munich Startup: Welches Problem löst Euer Startup?
Norman Hartmann: Die Workerbase-Software vernetzt die Mitarbeiter mit Hilfe von digitalen Endgeräten. Mit unserer Lösung werden Informationen schneller verfügbar und auf Abweichungen vom Planbetrieb kann sofort reagiert werden. So lassen sich zum Beispiel Warte- und Liegezeiten im Produktionsprozess vermeiden und die Zeit für die Herstellung eines Produkts wird verkürzt.
Hamid Reza Monadjem: Derzeit arbeiten wir intensiv an KI-Algorithmen, um Abläufe basierend auf Echtzeitdaten automatisch anzupassen. Unternehmen können so effizient auch kleine Losgrößen produzieren und schnell auf sich ändernde Kundenanforderungen reagieren.
Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!
Thorsten Krüger: Software zur Planung von Produktionsabläufen gibt es seit Jahrzehnten. Die Kernideen des Toyota-Produktionssystems sind im Rahmen von ‚Lean Produktion‘ in vielen Unternehmen längst eingeführt. Wir erweitern die etablierten Konzepte durch digitale Echtzeit-Workflows auf mobilen Geräten. Gängige Systeme wie Enterprise-Resource-Planning (ERP) erlauben üblicherweise einen Planungshorizont von Wochen oder Tagen.
Im Gegensatz dazu setzen wir auf Koordination in Echtzeit und können so Produktionsprozesse flexibler organisieren. Beispielsweise erhält ein Maschinenbediener mit Workerbase im Falle eines Anlagenfehlers direkt eine Nachricht auf seine Smartwatch. Er kann dann sofort reagieren und den Fehler zeitnah beheben. Das Unternehmen profitiert enorm, da durch kürzere Maschinenstillstände mehr Produkte in der gleichen Zeit produziert werden können.
Produkt-Market-Fit als Herausforderung
Munich Startup: Was waren bisher Eure drei größten Herausforderungen?
Norman Hartmann: Ich würde sagen, Produkt-Market-Fit herzustellen, in einem sich so langsam bewegenden Bereich wie der deutschen Industrie, war mit Sicherheit einer unserer größten Herausforderung. Hier sind die Entscheidungszyklen leider doch recht lang und man bekommt dadurch nur eher langsam Feedback, auf dem man iterieren kann. Als wir es dann geschafft hatten, haben wir die Entwicklung deutlich wahrnehmen können: wir machen jetzt Deals im deutlich sechsstelligen Bereich! Und das freut auch unsere Investoren.
Thorsten Krüger: Wir sind ein wachsendes Startup mit derzeit vielen offenen Stellen. Aber in München gibt es viele spannende Startups und natürlich auch die etablierten Technologieunternehmen. Gute Mitarbeiter zu finden ist daher trotz der hervorragenden Unis vor Ort eine echte Herausforderung.
Hamid Reza Monadjem: Aus technologischer Sicht sind die Anforderungen von Produktionsunternehmen an Stabilität und Verfügbarkeit unsere Software herausfordernd. Wir haben das mittlerweile aber sehr gut gelöst und sind stolz darauf, dass unser Produkt bei unseren Kunden 24 Stunden und 7 Tage die Woche stabil läuft.
Umsatz verdoppelt, trotz Lockdown
Munich Startup: Wie laufen die Geschäfte?
Norman Hartmann: Die Geschäfte laufen gut und wir konnten letztes Jahr unseren Umsatz wieder verdoppeln – und das trotz des Lockdowns im ersten Halbjahr 2020, der ja vor allem die Industrie richtig heftig getroffen hat. Dadurch setzen Unternehmen jetzt zunehmend auf Digitalisierung und haben erkannt, dass sie sich verbessern müssen. Unsere Lösung ist bei Unternehmen verschiedener Größe im produktiven Einsatz, dazu gehören auch große DAX-Unternehmen wie Siemens oder Porsche.
Thorsten Krüger: Es gibt Weltmarktführer wie zum Beispiel GKN Powder Metallurgy, die mit Workerbase ihre gesamte Produktion transformieren. Dort sind wir derzeit im globalen Rollout und mittlerweile in vier Werken im täglichen Einsatz. Das umfasst Maschinenalarme, Qualitätsmessungen, Logistiktätigkeiten, Rüstvorgänge. Die Mitarbeiter bei GKN nutzen Workerbase mittlerweile für 80 Prozent aller anfallenden Tätigkeiten in der Produktion.
Workerbase kann die gesamte Produktion transformieren
Munich Startup: Wie schätzt Ihr den Startup-Standort München ein?
Thorsten Krüger: München ist ein gutes Umfeld für Startups! Ein großer Teil unserer Kunden kommt aus dem süddeutschen Raum und da ist München als Standort von Vorteil.
Norman Hartmann: Und auch der Austausch unter den Münchner Startups funktioniert. Zwar sind seit Corona fast alle Netzwerk-Events auf Eis gelegt, aber wir tauschen uns regelmäßig mit anderen Gründern aus der Münchner Startup-Szene per Telefon aus.
Munich Startup: Früh aufstehen oder die Nacht durchmachen?
Hamid Reza Monadjem: Ich habe schon so manche Nacht durch programmiert. Aber grundsätzlich bin ich eher für früh aufstehen.
Thorsten Krüger: Bei mir stellt sich die Frage nicht mehr. Ich bin Familienvater und meine zwei Töchter gehen beide in die Schule. Und bis die beiden die Nacht durchmachen, dauert es hoffentlich noch etwas.
Norman Hartmann: Also ich nehme mir immer wieder vor früh aufzustehen, zählt das auch?