Die beiden Twostay-Gründerinnen Cecilia Chiolerio und Dorothea Haider (v.l.).

„Das große Ganze im Blick“ – die Twostay-Gründerinnen

Twostay ermöglicht es jedem, einen eigenen Coworking-Space zu eröffnen und die eigene Coworking-Community wachsen zu lassen. Dabei übernimmt das 2019 gegründete Startup die Risiken und teilt seine Erfahrung im Aufbau von Communities. Die Münchner Gründerin Dorothea Haider hatte nach ihrem Studium der Kulturwirtschaft bei der UN gearbeitet, danach in Chile „grüne“ Startups aufgebaut und später als Gründungsberaterin gearbeitet. Ihre italienische Mitgründerin Cecilia Chiolerio hatte Internationales Management studiert und vor der Gründung bei verschiedenen Startups gearbeitet. Wir haben die beiden Gründerinnen des bislang durch ein Angel-Investment finanzierten Unternehmens interviewt.

Munich Startup: Was hat Euch zur Gründung von Twostay motiviert?

Dorothea Haider: Die Freude daran, eigene Projekte zu gestalten und die direkte Wirkung meines Handelns zu sehen. Dabei dazu beitragen, die Gesellschaft so zu gestalten, wie ich es für richtig und zukunftsweisend halte. Mir ist wichtig, bei meinem Tun das große Ganze im Blick haben.

Cecilia Chiolerio: Ich wollte schon immer etwas Eigenes gründen. Meine Motivation beruht darauf, ein Umfeld zu schaffen, in dem ich meine Werte und Ideen am besten verwirklichen kann. Auf der Suche nach der richtigen Idee habe ich meinen Job gekündigt und in dieser Zeit in Cafés gearbeitet oder bin zu Hause geblieben. Mir wurde schnell klar, dass ich eine Lösung für ein Problem finden wollte, das ich selbst am eigenen Leib erfahren hatte: fehlende Vernetzungsmöglichkeiten und eine funktionale Arbeitsumgebung, die ich mir leisten kann. Während dieser Zeit erkannte ich auch das Potenzial und die Möglichkeiten von New Work. Gleichzeitig lernte ich viele Menschen kennen, die ihren eigenen Beruf neu erfunden haben – vom Freiberufler über den Gründer bis hin zum Remote Worker. Bis heute sind sie die Menschen, die mich am meisten inspirieren und für die ich mit Twostay ein Umfeld schaffen möchte, in dem sie bestmöglich gedeihen können.

Munich Startup: Hattet Ihr Vorbilder beim Gründen?

Dorothea: Ich habe ja davor zuerst selbst in einem Startup gearbeitet und dann lange Zeit Startups beraten. Jeder dieser Gründer war für mich ein Vorbild. Es hat Spaß gemacht und war sehr inspirierend so viele Leute zu sehen, die eine Idee haben und ihr nachgehen!

Cecilia: Ich habe viel Unterstützung von meinem früheren Chef bekommen, dem Gründer eines Startups, bei dem ich in Berlin angestellt war. Bei vielen Entscheidungen frage ich mich, was er tun oder wie er die gleiche Situation angehen würde. Ich würde ihn eher als Mentor denn als Vorbild bezeichnen. Sicherlich war er jemand wichtiges in diesem Entscheidungsprozess.

Die Ideensammlung

Munich Startup: Wann und wo bekommst Du die besten Ideen?

Cecilia: Ganz unterschiedlich. Ich habe eine Notiz auf meinem Smartphone mit dem Titel „Ideen“, wo ich sie sammle. Dort schreibe ich alles auf, alle Geschäftsideen oder alle Probleme, bei denen ich mir eine gute Lösung vorstellen kann. Ich bin mir nicht sicher, ob es die „besten Ideen“ sind, aber sie sind definitiv eine gute Basis für eine neue potenzielle Herausforderung.

Munich Startup: Dein größtes Talent?

Dorothea: Sales. Ich liebe Sales und bin sehr überzeugend, wenn es ums Verkaufen geht. Das geht natürlich nur, wenn ich selbst an das glaube, was ich verkaufe. Oft hat Sales in Deutschland einen sehr negativen Beiklang. Für mich bedeutet Sales, dass ich anderen Menschen voller Begeisterung von etwas erzähle, an das ich selbst glaube. Das ist einfach überzeugend. Das merke ich vor allem, wenn ich Locationbesitzern (meist Bar- oder Restaurantbesitzer oder Hotels) von Twostay erzähle und sie von den Vorteilen für ihr Lokal überzeuge.

Munich Startup: Wie gehst Du mit Zweifeln um?

Dorothea: Ich spreche sie aus, dadurch werden sie greifbarer, händelbar und meist sofort kleiner. Cecilia und ich verwandeln den Zweifel dann in eine Hypothese. Dann sehen wir uns Daten an, die diese Hypothese bestätigen oder widerlegen können. Wenn wir keine Daten dazu finden bauen wir ein Experiment und schauen uns an, wie es läuft. Das hat bisher immer jeden Zweifel aus der Welt geräumt. Dabei ist für mich der wichtigste und hilfreichste Schritt bereits Schritt eins: das Ansprechen.

Twostay-Tipp: „Einfach weitermachen“

Munich Startup: Die drei übelsten Vorurteile, die Dir beim Gründen begegnet sind?

Dorothea: Vor allem eine Sache: Zu Beginn haben wir immer wieder gesagt bekommen “Das wird niemals funktionieren.” oder “Das braucht die Welt nicht.” Unsere Idee stand damals noch ganz am Anfang und war natürlich noch nicht so ausgereift wie heute. Wir hatten viele unbeantwortete Fragen bezüglich aller möglichen Aspekte unserer Businessidee. Trotzdem haben wir den guten Kern an der Sache gesehen und haben einfach weitergemacht.

Das ist auch einer der wichtigsten Tipps, die ich weitergeben kann: einfach weitermachen. Natürlich haben wir uns auch immer Rat eingeholt. Aber Rat von Menschen die wirklich Experten sind und Rat zu sehr konkreten Fragestellungen. 

Munich Startup: Erscheint es Dir gerade als eine gute Zeit, um zu gründen? Warum?

Cecilia: Ich denke, es ist der perfekte Zeitpunkt. Und wenn man bereits ein Geschäft hat, ist es auch die perfekte Zeit, um nach neuen Möglichkeiten zu suchen. Corona hat viel Umbruch gebracht, für uns alle. Und in Krisenzeiten ergeben sich neue Gelegenheiten. Ich glaube auch, dass Corona der Digitalisierung in vielen Aspekten unseres Lebens einen Schub gegeben hat. Damit wurden wir gezwungen, uns mit all den Prozessen zu beschäftigen, die wir in der Vergangenheit auf wenig effiziente Weise betrieben haben. Wir mussten innehalten und schauen, wo wir stehen, eine Pause in unserem hektischen Leben einlegen. Das hat uns dazu gebracht, das große Ganze zu betrachten. 

Aus Krisen ergeben sich neue Gelegenheiten

Munich Startup: Findest Du es wichtig, dass in Deutschland mehr Frauen gründen?

Cecilia: Ich denke, es ist wichtig, dass mehr Menschen in Deutschland Startups gründen. Wir brauchen mehr Innovation, wir müssen viele Dinge ändern, die auf eine viel zu althergebrachte Art betrieben werden. Und wir haben zu viele Probleme, die große Konzerne kaum angehen (wie die Erhaltung unseres schönen Planeten). Mehr Gründerinnen – das wäre großartig. Wir brauchen mehr Vorbilder und mehr Erfolgsgeschichten, damit die Menschen frauengeführte Unternehmen als normal ansehen.

Munich Startup: Unterstützt Ihr andere GründerInnen?

Dorothea: Wir unterstützen Gründer und Gründerinnen wo wir können. Mit coolen Produkten machen wir gerne Cross-Marketing-Aktionen. Wenn uns jemand um Rat fragt, haben wir immer ein offenes Ohr. Und natürlich werden wir gezielt von Plattformen angeschrieben, die sich die Unterstützung von Gründerinnen zum Ziel setzen. Da sind wir natürlich immer dabei. 

Munich Startup: Was liegt auf Eurem Schreibtisch gerade ganz oben?

Cecilia: Menschen zurück zum Coworking bringen und das auf eine sichere Art und Weise, unser Marketing an die aktuelle Zeit anpassen. Und unseren Kunden zeigen, dass Twostay ein sicherer Ort ist, an dem man aus einem ermüdenden Homeoffice aussteigen kann.

Dorothea: Jede Stadt hat andere Corona-Auflagen. Ich wühle mich durch bürokratische Texte und Richtlinien, um zu verstehen, welche Regeln gerade wo gelten. Und ich bin in stetigem Austausch mit den diversen Stadtverwaltungen, um unser Hygienekonzept darzulegen, damit wir weiter geöffnet haben dürfen. Tatsächlich haben uns bisher alle Städte die Genehmigung erteilt, weiter zu betreiben, obwohl Twostay ja in Gaststätten unterwegs ist. Aber wir werden als Arbeitsstätte anerkannt. 

Munich Startup: Was macht Dich glücklich?

Cecilia: Ich schaffe es noch immer, mich über Kleinigkeiten zu freuen, die mit unserem Business zu tun haben. Von einem erfreulichen Kundenkommentar bis hin zu einem Tag mit guten Umsätzen oder einer Anmeldung für die Warteliste. Es gibt Tage, an denen die Dinge sich zusammenfügen und wir Feedback bekommen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Es macht mich glücklich zu sehen, wie unser Team wächst und wie sehr andere Leute, die nicht die gleiche Bindung an Twostay haben wie ich, ihre Zeit und Kompetenz einbringen und sich bemühen, das Projekt mit voller Motivation und Leidenschaft voranzutreiben.