Foto: Tinus

Tinus: Einschlafhilfe für Tinnitus-PatientInnen

Durch Tinnitus-PatientInnen in ihrem eigenen familiären Umfeld sind Jaqueline Schaupp und Simon Gresch auf die Idee gekommen, eine Einschlafhilfe in Form eines Klangkissens zu entwickeln. Dieses Kissen soll Menschen mit Tinnitus zu einem nachhaltigen Schlaferlebnis verhelfen. Wie genau ihr innovatives Kissen funktioniert und welche Herausforderungen sie mit ihrem Startup Tinus bereits nehmen mussten, erklären die beiden GründerInnen im Interview.

Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Ihr?

Tinus: 5-15 Prozent der Gesamtbevölkerung in Industrieländern leiden an einer Tinnitus-Erkrankung. In Deutschland gibt es etwa drei Millionen Tinnitus-Patienten, die Probleme beim Einschlafen haben. Diese Probleme entstehen, weil man sich beim Einschlafen ohne Hintergrundgeräusche auf den Tinnitus konzentriert und es keine nachhaltige Möglichkeit gibt, sich von den störenden Ohrengeräuschen abzulenken. Kopfhörer sind nicht zum Schlafen geeignet, da selbst kleine In-Ear-Kopfhörer ungeeignet sind, um einen gesunden Schlaf zu ermöglichen. Fernseher oder ähnliche Audioquellen beeinträchtigen zum einen den Schlafpartner, zum anderen wird man die ganze Nacht beschallt, was sich sehr negativ auf die Schlafqualität auswirkt. Natürlich kann man sich einen Sleep Timer stellen – doch jeder kennt bestimmt den Moment, in dem man aufschreckt, weil der Fernseher sich ausschaltet und man noch nicht in der Tiefschlafphase angekommen ist.

Einschlafen mit einem Klangkissen

Genau hier setzen wir mit unserem Produkt an. Tinus One ist eine Einschlafhilfe in Form eines innovativen Klangkissens mit einem integriertem Schlaftracking. Tinus gewährleistet dabei den Komfort eines herkömmlichen Kissens bei einer gleichzeitigen Schallisolation für den Schlafpartner. Um ein nachhaltiges Schlafergebnis zu erzielen, verfügt das Tinus One über intelligenten Funktionen wie z.B. einen Ausschaltmechanismus in der Tiefschlafphase, um eine Dauerbeschallung zu vermeiden.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Tinus: Im Gegensatz zu anderen konventionellen Musikkissen, bei denen lediglich ein Stereolautsprecher eingebaut wurde, kann Tinus One durch die Kombination aus Schallisolation und flächendeckender Schallübertragung überzeugen. Die Schallübertragung erfolgt mit Hilfe einer eigens entwickelten Technologie, basierend auf Knochenleitung. Das bedeutet nur die Person, die im Kontakt mit dem Kissen steht, kann Schall über das Kissen wahrnehmen. Tinus One vereint somit vier Kernelemente, die es insgesamt zu einem einzigartigen Produkt machen: Komfort, Klangqualität, Schallisolation und Sensordaten. Mit der Tinus App, die im September launchen wird, können wir zudem immer wieder neue Updates auf dem Tinus One durchführen, um unseren Nutzern regelmäßig neue Features bieten zu können.

Problemfindung im familiären Umfeld

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Tinus: Im Rahmen des universitären Kurses „Think.Make.Start.“ der TU München lernte sich das Gründerteam Jaqueline Schaupp und Simon Greschl im September 2019 kennen. Zielsetzung des Kurses war es, innerhalb von zehn Tagen ein Problem zu erörtern, durch Umfragen und wissenschaftlichen Arbeiten zu validieren und ein funktionsfähiges Produkt für potenzielle Kunden zu entwickeln. Jaqueline Schaupp und Simon Greschl sind auf das Leiden der Tinnitus-Patienten durch die Suche nach alltäglichen Problemen in ihrem familiären Umfeld aufmerksam geworden. Die Väter der beiden Gründer leiden an Tinnitus und haben besonders beim Einschlafen große Probleme. Dies war der Startschuss für Tinus mit der Zielsetzung den Vätern und zahlreichen weiteren Betroffenen ein Stück Lebensqualität zurück zu schenken.

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Tinus: Am meisten hat Tinus mit den anhaltenden Lieferengpässen kämpfen. Da das Tinus One ein neues Produkt auf dem Markt ist, ist es schwieriger, da man keine langjährigen Beziehungen aufgebaut hat und natürlich Lieferanten ihre Stammkunden bevorzugen. Außerdem musste das Startup einige der Produktionsmaschinen von Grund auf neu bauen, da es für viele Komponenten keinen Anwendungsfall und Rahmenbedingungen gibt wie in ihrem Smartpillow. Einige Teile stellt das Team immer noch selbst her, weil sie noch keinen externen Partner gefunden haben, der ihren Qualitätsstandards entspricht.

Lösungen für weitere Schlafkrankheiten

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Tinus: Tinus möchte seine Zielgruppe erweitern und weitere smarte Funktionen ergänzen, sodass weitere Schlafstörungen und andere Schlafkrankheiten identifiziert und therapiert werden können. Im Fokus stehen hier Atemaussetzer, Schnarchen und Zähneknirschen. All diese Informationen sollen zudem in einer App für den Nutzer verfügbar gemacht werden. Dort sollen auch weitere hilfreiche Inhalte im Zusammenhang mit Tinnitus und Schlafstörungen zur Verfügung gestellt werden.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Tinus: Das Startup-Ökosystem in München hat uns bisher sehr geholfen. Zum einen bieten die Universitäten ein großes Netzwerk, verschiedene Kursangebote, Unterstützung durch Coaching und Mentoring und schaffen durch Inkubatorflächen den Austausch mit anderen Startups.

Zum anderen durften wir in den letzten Jahren mit verschiedenen Acceleratoren wie dem LMU EC und Xpreneurs eng zusammenarbeiten. Dank all dieser Angebote konnten wir sowohl produkt-, business- als auch teamseitig wachsen.

Munich Startup: Langer Atem oder schneller Exit?

Tinus: Definitiv langer Atem! Wir haben noch viel vor, da wir nicht nur Tinnitus-Patienten einen nachhaltigeren Schlaf ermöglichen möchten, sondern generell Menschen mit Schlafstörungen.