© Philoneos

Philoneos unterstützt Familienunternehmen bei Innovation und Transformation

Neue Umstände zwingen zu neuem Handeln – ein Grundsatz, der allen Unternehmen spätestens seit der Corona-Pandemie bekannt sein dürfte. Doch was heißt das konkret für Familienunternehmen? Das Münchner Startup Philoneos bietet Unterstützung bei Innovation und Transformation sowie Begleitung in Zukunftsthemen. Im Interview erklärt Co-Founder Dr. Maximilian Lude, wie sein Startup arbeitet, wie Traditionsunternehmen innovieren und warum der Mittelstand innovativer ist als sein Ruf.

Munich Startup: Was genau macht Philoneos?

Maximilian Lude, Philoneos: Philoneos ist ein Bureau für Zukunftsangelegenheiten, wir begleiten mittelständische Familienunternehmen in Innovationsprozessen aller Art.

Man kann unseren Beratungsansatz in drei inhaltliche Kreise einteilen: Da ist einmal die Advisory, mit der wir in den Bereichen Innovation, Transformation und Arbeitgeberattraktivität verschiedenste Projekte co-kreativ umsetzen. Der zweite Kreis sind unsere Science Services. Wir bei Philoneos versuchen immer aus aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und eigens erhobenen Daten eine Brücke zur Praxis zu schlagen. Der dritte Kreis ist unser Innovation Campus, eine von uns entwickelte Weiterbildungsplattform, die wir als E-Learning-Grundlage nutzen und den Mitarbeitenden unserer Kunden zur Verfügung stellen, um sich fortzubilden.

Schon kurz nach unserer Gründung 2018 konnten wir einige spannende Familienunternehmen als Kunden gewinnen, die wir nun schon langfristig begleiten. Zum Beispiel Pfeifer, eines der führenden Unternehmen der europäischen Holzindustrie. Zu Beginn unserer Zusammenarbeit haben wir für sie ein hybrides Innovationsteam eingeführt. Letztes Jahr fand dieser Prozess seinen Höhepunkt, indem mein Co-Gründer Sebastian Bartling mit der Unterstützung unseres Teams für Pfeifer einen externen Innovation Hub konzipiert, aufgebaut und interimsmäßig geleitet hat. Dieser neue Standort des Unternehmens mitten in Innsbruck setzt sich mit neuen Technologien und Startups auseinander, identifiziert neue Trends und Potentiale und setzt diese um. Das war schon was ganz Besonderes für uns und beschreibt gut, wofür wir als Beratung und Bureau stehen.

Die eigentliche Frage ist wohl, was wir nicht tun! Nachfolge-Beratung zum Beispiel steht nicht auf der Liste. Dafür haben wir allerdings eine spannende Partnerorganisation in unserem Netzwerk, Haus Next: eine Plattform für die Next Gen von Familienunternehmen. Also haben wir eigentlich doch für alles eine Lösung.

Philoneos-Co-Founder Dr. Maximilian Lude. © Philoneos

„Wir haben uns sehr lange gesträubt, uns Beratung zu nennen“

Munich Startup: Unternehmensberatungen gibt es viele. Was unterscheidet Euch?

Maximilian Lude: Wir haben uns sehr lange gesträubt, uns überhaupt Beratung zu nennen. Keiner unserer Mitarbeitenden ist ein klassischer Berater wie er im Buche steht und das nicht aufgrund der Kompetenzen, sondern der Einstellung. Wir arbeiten näher am Kunden, wollen gemeinsam individuelle Lösungen entwickeln und diese langfristig implementieren, sowie konkrete Maßnahmen mitgeben, die jedes Unternehmen für sich umsetzen kann.

Eine unserer Besonderheiten ist die Verzahnung von Wissenschaft und Praxis: Ein Großteil der Philoneos-Familie ist aktiv in der Wissenschaft tätig! Ich selbst durfte die letzten drei Jahre den Lehrstuhl für Innovation an der TU München als Professor vertreten, doziere regelmäßig an der Politecnico Universität in Mailand und bin als Senior Researcher am Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen der Zeppelin Universität, an dem ich auch zu Familienunternehmen promoviert habe. So gehen wir zur Analyse des Status Quo bei unseren Kunden immer von wissenschaftlichen Methoden und aktuellen Forschungsergebnissen aus.

Munich Startup: Wie genau sieht denn diese Verzahnung von Wissenschaft und Praxis aus?

Maximilian Lude: Der wissenschaftliche Teil kann von quantitativen Umfragen, bis hin zu qualitativen Studien reichen, die wir zusammen mit Kunden durchführen, um deren Ausgangslage besser zu verstehen. Das können Mitarbeiterumfragen sein oder sogar Experimentalstudien, in denen wir ganz konkrete Situationen testen, bei denen wir gemeinsam die relevanten Variablen festlegen und auswerten.

Philoneos bereitet wissenschaftliche Ergebnisse für Unternehmer auf

Wir arbeiten auch sehr nah an aktuellen wissenschaftlichen Publikationen, deren Erkenntnisse wir in unseren Beratungsansatz übersetzen. Zu dieser komplexen Parallelwelt findet man aus Außenstehender nicht allzu leicht einen Zugang und es gehört nicht unbedingt zum Job-Alltag eines Managers – Familienunternehmen hin oder her – ellenlange wissenschaftliche Paper zu wälzen. Dabei kann man aus ihnen so viel für die Praxis lernen! Weil mich das schon immer frustriert hat, habe ich mir und meinem Team zur Aufgabe gemacht für Unternehmen diese Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis zu schlagen. Dafür haben wir zum Beispiel unser Print-Magazin „Schleudertrauma“ herausgebracht, in dem es „Forschung zum Mitnehmen“ gibt. Also wissenschaftliche Publikationen zu Innovationsthemen mit allen Kernerkenntnissen auf nur einer Seite zusammengefasst. Das kann man dann einfach morgens auf dem Weg ins Büro lesen und trotzdem das Wichtigste lernen und für sich nutzen.

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Maximilian Lude: Alles fing an der Zeppelin Universität am Bodensee an. Ich habe dort am Institut für Familienunternehmen (FIF) promoviert, zum Thema Familienunternehmen (FU). In meiner Forschung und dem Austausch mit den FU wurde mir und meinem Doktorvater Prof. Dr. Reinhard Prügl schnell klar, dass in vielen Familienunternehmen im Mittelstand ein gewisser Bedarf an Begleitung in Zukunftsthemen bestand. Eine Lösung sollte her!

Reinhard Prügl leitet das FIF, damals noch gemeinsam mit Dr. Ursula Koners, die mittlerweile als Geschäftsführerin des Festspielhaus Baden-Baden tätig ist. Sie konnten wir auch schnell für unser Vorhaben als Gesellschafterin gewinnen. Da wir wussten, dass ich das operative Geschäft unmöglich allein stemmen konnte, rief ich meinen langjährigen Freund und ehemaligen Kommilitonen Sebastian Bartling an, der zu dieser Zeit in Dublin bei Google arbeitete. Er fand die Idee die Zukunft von Familienunternehmen proaktiv mitzugestalten zum Glück genau so spannend. Also taten wir uns zu viert zusammen und gründeten Philoneos.

„Wir haben dann schnell gemerkt, das Wohnzimmer reicht nicht mehr“

Sebastian und ich fingen aus seinem Wohnzimmer heraus in München an, merkten aber schnell, dass uns das nicht mehr reicht. Coworking Spaces waren uns damals zu teuer, also suchten wir ein eigenes Büro, in dem wir auch mit unseren Werkstudenten genug Platz haben würden. Wir fanden eine Bürofläche direkt am Englischen Garten, die uns aber inzwischen wieder zu klein geworden ist, weil wir jedes Jahr sukzessive wachsen und mittlerweile 8 Mitarbeitende beschäftigen. Jetzt haben wir ein großes, offenes Büro in der Klenzestraße am Gärtnerplatz und sind dort sehr glücklich.
Die Ladenfläche im Lehel konnten wir aber nicht so einfach loslassen und haben daraus einen Weinkiosk namens Sir Thompson gemacht, in dem fast alle Teammitglieder von Philoneos involviert sind und wir uns gemeinsam am Konzept der Holokratie probieren. Es bleibt also spannend!

Was ist eigentlich Innovation?

Munich Startup: Was heißt es denn eigentlich für einen Mittelständler, innovativer werden zu wollen?

Maximilian Lude: Erstmal will ich vorneweg nehmen, dass meiner Meinung nach das Bild nicht zutrifft, dass der Mittelstand nicht innovativ sei. Immerhin bestehen die meisten Familienunternehmen über Generationen hinweg, gerade weil sie immer wieder neue Innovationen umgesetzt und sich an den sich ständig wandelnden Kontext angepasst haben. Ich nenne dieses Phänomen „Tradition durch Innovation“.

Trotzdem ist die Frage natürlich berechtigt. Man muss nur dabei berücksichtigen, dass es nicht nur eine Definition des Wortes Innovation gibt. Es kann das sein, was für die eigene Unternehmung neu ist oder die ständige Weiterentwicklung dieser. Innovation praktisch umzusetzen ist wiederum ein ganz anderes Thema. In der Wissenschaft spricht man dabei zum Beispiel vom Konzept der Ambidextrie, der sogenannten Beidhändigkeit. Das bedeutet für ein Unternehmen sozusagen mit der einen Hand Exploitation zu betreiben, sprich das eigene Kerngeschäft stetig weiterzuentwickeln. Die andere Hand beschäftigt sich dabei mit der Exploration, also immer wieder neue Geschäftsopportunitäten ausfindig zu machen.

Die Champions League des Mittelstands ist es, beide Disziplinen gleichzeitig zu betreiben und auszubalancieren. Und eine große Herausforderung dabei ist es, die eigenen Mitarbeitenden bei diesem Change an die Hand zu nehmen und ihnen immer wieder Lust und Freude an der Veränderung zu machen, sie sogar zu motivieren, proaktiv Teil derselben zu werden und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie die Zukunft proaktiv mitgestalten können.

Der Kontext wird sich immer verändern. Und das in exponentiell steigender Geschwindigkeit. Innovation ist also auch People Business und darf manchmal wehtun. Nur so können langfristige Erfolge erzielt werden.

„Für mich ist die Kernbotschaft der nächsten Jahre Anpassungsfähigkeit“

Munich Startup: Ein Mittelständler muss ja zuerst selbst feststellen, dass er ein Innovationsproblem hat, bevor er zu Euch kommen kann. Woher kommt denn deiner Erfahrung nach diese Erkenntnis?

Maximilian Lude: Diese Prozesse sind in etwa so heterogen wie die Familienunternehmen selbst. Wir beobachten, dass oft der Generationswechsel ein Treiber für Innovation ist. Das ist auch wissenschaftlich nachgewiesen.
In den letzten Jahren war aber auch der sich wandelnde Kontext ein tragender Faktor. Globale Pandemien, Klimawandel und fortschreitende Digitalisierung haben unseren Anspruch an Arbeit, sowie unser Konsum- und Nutzerverhalten verändert.

Vor zwei Jahren wäre in vielen mittelständischen Unternehmen die regelmäßige Arbeit im Homeoffice nicht mal vorstellbar gewesen. Heute gehört es glücklicherweise fast überall zur gängigen Praxis. Der Kontext ändert sich, das steht fest. Für mich ist die Kernbotschaft der nächsten Jahre Anpassungsfähigkeit. Als Unternehmen Resilienz zu zeigen und sich den immer wieder neuen Gegebenheiten anzupassen.

Munich Startup: Wie hast du die Münchner Startup-Branche in den letzten Jahren erlebt? In der Zusammenarbeit zwischen Startups und Mittelstand besteht ja prinzipiell großes Potenzial.

Maximilian Lude: München ist für mich ein regelrechter Melting Pot für die Startup-Branche! Es gibt neben den vielen mittelständischen Unternehmen und großen industriellen Playern in den Bereichen Mobilität und IT mittlerweile zahlreiche Startups, die sich aus der Universitätslandschaft heraus entwickelt haben. Die Anzahl und Qualität dieser Gründungen sprechen absolut für das Potential der sehr technisch ausgerichteten Universitäten Münchens.

Philoneos: Der Mittelstand innoviert durch Kooperationen mit Startups

Allerdings gilt es bei der Zusammenarbeit zwischen Startups und Mittelstand noch viele Potenziale auszuschöpfen. Ich glaube, die Zukunft der Innovation im Mittelstand liegt in der Kooperation mit Startups. Ich beobachte oft, wie dabei zwei Welten, Werte und Kulturen aufeinanderprallen und sich auseinandersetzen müssen. Dabei entstehen in interdisziplinären Teams mit verschiedenen Backgrounds meist die besten Ideen und Geschäftsmodellinnovationen. Dafür entwickeln wir bei Philoneos sogenannte Ideen-Hackathons, bei denen mal Studierende, mal Startups mit den mittelständischen Unternehmen gemeinsam Innovationen entwickeln. Sie wären überrascht, was da für inspirierende Ideen entstehen! Ich glaube genau darin liegt ein Riesenpotential für beide Seiten, voneinander und miteinander zu lernen und die Zukunft zu gestalten.

Munich Startup: Risiko oder Sicherheit?

Maximilian Lude: Sowas von Risiko! Allerdings kann ich mir diese Einstellung auch nur erlauben, weil ich mir die Geschäftsführung mit Sebastian teile. Wir sind sehr unterschiedlich und unsere Kompetenzen ergänzen sich perfekt. Wir können auch viel voneinander lernen und sind uns gegenseitig ein Korrektiv. Er würde vermutlich Sicherheit antworten und ich immer Risiko.