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Enna: Einfacher Video-Chat mit Oma und Opa

Enna ermöglicht es, Video-Chats über eine aufgelegte Plastikkarte zu starten. Durch das Bedienkonzept sollen SeniorInnen leichter digital mit ihrer Familie in Kontakt bleiben können. Das Gründerteam stellt sein Produkt im Interview vor.

Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Ihr?

Enna: Letztendlich wollten wir ein Problem lösen, das viele von uns verbindet. Oma und Opa sind nicht digital und sind dadurch automatisch in vielen Bereichen (z.B. Facetime, Familien-Whatsapp-Gruppen etc.) ausgeschlossen. Wir wollten also einen Zugang zur digitalen Welt schaffen, bei dem man nichts falsch machen kann. Deswegen haben wir ein eigenes Dock entwickelt, mit dem man unsere Enna-App auf einem handelsüblichen Tablet über eindeutige und vor allem haptische Befehlskarten (Enna Cards) steuern kann.

Auf den Smartphones der Angehörigen wiederum läuft unsere zweite App, mit der sie Oma und Opa Fotos schicken können, Videoanrufe starten können und vor allem neue Enna Cards erstellen und bestellen können. Enna ist also eigentlich eine Lösung für die ganze Familie.

Mit Enna möchten wir einen Beitrag zu mehr digitaler Teilhabe in unserer Gesellschaft leisten. Noch immer nutzen fast 10 Millionen Menschen in Deutschland das Internet im Alltag gar nicht oder nur sporadisch – in den meisten Fällen, weil digitale Endgeräte, Apps & Co. zu kompliziert für sie sind. Betroffen sind vor allem Menschen in hohem Alter, mit Krankheiten oder Behinderungen. Wir haben mit Enna eine Lösung entwickelt, mit der auch Menschen ohne jegliche Digitalkompetenz ganz einfach und selbstbestimmt auf digitale Angebote wie Videokommunikation, Unterhaltung oder Unterstützung zugreifen können.

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Enna: „Wir kombinieren maximale Einfachheit in der Bedienung mit einer unbegrenzten Vielfalt an digitalen Angeboten“

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Enna: So ein haptisches Bedienkonzept gibt es für die Zielgruppe unseres Wissens nach noch nicht. Zwar gibt es Anbieter, die genau wie wir das Ziel verfolgen, Menschen in die digitale Welt mitzunehmen. In den meisten Fällen vereinfachen sie aber lediglich gängige Bedienmuster, etwa durch Vergrößerung von Icons oder Vereinfachung von Menüführungen. Dabei beschränken sie aber stets auch die Möglichkeiten, die die Digitalisierung mit sich bringen könnte, auf einige wenige Anwendungen. Auch sprachgesteuerte Lösungen beanspruchen für sich, den digitalen Graben zu überwinden, sind aber heute noch nicht ausgereift genug für einen Einsatz bei Zielgruppen, für die die Konversation mit einer Maschine abstrakt und oft auch einschüchternd wirkt. Letztendlich benötigen alle existierenden Lösungen ein nicht zu unterschätzendes Mindestmaß an digitaler Kompetenz und Intelligenz. Bei Enna ist das anders. Wir kombinieren maximale Einfachheit in der Bedienung mit einer unbegrenzten Vielfalt an digitalen Angeboten.

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Enna: Der erste Enna-Prototyp wurde 2016 von unserem Gründer Jakob für seine Oma Liselotte gebaut. Diese hatte sich zuvor bei ihm beschwert, dass sie ausgeschlossen sei von den Familiengruppen bei Whatsapp und dadurch nie die tollen Fotos zu sehen bekam, die Jakob von seinen Reisen teilte. Mit dem von Jakob entwickelten System konnte Liselotte dann aber selbstständig mithilfe weniger Knöpfe auf Fotos und Videos der ganzen Familie zugreifen. Das machte im Freundeskreis die Runde und jeder wollte einen “Oma-PC” für seine Großeltern haben. Die Nachfrage war schnell so groß, dass Jakob nicht mehr mit der Produktion hinterherkam und daher beschloss, seinen Vollzeit-Job zu kündigen und voll auf das Thema “digitale Teilhabe” zu setzen. Gemeinsam mit seinen Mitgründern Moritz und Tim hat er dann das haptische Bedienkonzept entwickelt und im August 2020 unsere Firma gegründet.

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Enna: Die Pandemie war für uns eine Herausforderung in dem Sinne, dass uns der Zugang zu unserer (oft gesundheitlich vulnerablen) Zielgruppe in vielen Fällen verwehrt blieb. Gleichzeitig blieben wir auch von verzögerten Lieferketten im Bereich der Elektronikkomponenten (Stichwort Chipkrise) nicht verschont, sodass wir unseren Marktstart mehrere Male nach hinten verschieben mussten. Dank toller Partner, einem grundsätzlichen Optimismus im Team sowie vollstem Vertrauen in unser Produkt und unseren Markt konnten wir aber alle Hürden gut meistern und blicken jetzt voller Zuversicht auf die kommenden Monate.

Munich Startup: Wie laufen die Geschäfte?

Enna: Unser offizieller Marktstart steht erst noch bevor, daher halten wir uns aktuell in der Kommunikation noch ein wenig bedeckt. Die Nachfrage ist aber dennoch bereits sehr groß und wir haben eine Vielzahl an Vorbestellungen und Anfragen erhalten.

Um mit Enna eine möglichst große Reichweite zu erreichen, werden wir in Zukunft stark auf eigenen Content setzen und die ersten Test haben auch schon echt toll funktioniert. Auf Tiktok sind wir zum Beispiel direkt mit dem ersten Video viral gegangen. Das zeigt, wie viele Leute ein ähnliches Problem bei Oma und Opa feststellen.

Außerdem testen wir Enna seit einigen Monaten in verschiedenen Einrichtungen der Alten-und Behindertenhilfe, die ihrerseits ebenfalls Interesse angemeldet haben, Enna für ihre KlientInnen zu erwerben.

„Haben München als sehr guten Startup-Standort kennengelernt“

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Enna: Wir sind alle gebürtige Münchner, kennen daher die Stadt und ihre Möglichkeiten sehr gut und sind gut vernetzt. Unser Büro liegt mitten auf der Praterinsel, was ebenfalls schonmal keine schlechten Voraussetzungen sind, um die Vorzüge der Stadt zu genießen. Für uns als Startup war es zudem sehr hilfreich, auf die Expertise und Unterstützung zweier Münchner Accelerator-Programme zugreifen zu können: Dem Strascheg Center for Entrepreneurship der Hochschule München sowie dem Master Accelerator, dem Startup-Programm von German Entrepreneurship. Wir haben München als sehr guten Startup-Standort kennengelernt, den wir anderen Gründern nur weiterempfehlen können.

Munich Startup: Risiko oder Sicherheit?

Enna: Ein gesunder Mix aus beidem. Bei der Qualität unseres Produkts möchten wir keinerlei Abstriche machen und immer lieber auf Nummer sicher gehen als z.B. zu früh und mit einem unfertigen Produkt auf den Markt zu gehen. Dafür tauchen wir jederzeit mutig und mit offenem Visier in Bereiche ein, die für uns alle völlig neu sind. Dazu gehören etwa die Bereiche Pflege und Behindertenhilfe, aber auch die Zusammenarbeit mit großen Contenthäusern und anderen Kooperationspartnern, für die Enna einen Zugang zu digital abgehängten Zielgruppen schaffen kann.