Frank Schmiechen begann seine journalistische Karriere als freier Sportreporter und Musikkritiker, arbeitete dann als Produktionschef und Chef vom Dienst bei Bild und leitete als stellvertretender Chefredakteur Welt Kompakt und die Welt am Sonntag. Wir haben ihn in München getroffen und er war so nett, uns ein paar Fragen zu beantworten.
Herr Schmiechen, seit Oktober 2014 sind Sie Chefredakteur von Gründerszene. Was fasziniert Sie besonders am Gründungsthema?
Die Energie, der Optimismus und die Auseinandersetzung mit der Digitalisierung. Startups sind der Nukleus für die Digitalwirtschaft der Zukunft. Ein weites, offenes Feld, das jetzt bevölkert wird. Wer jetzt als Gründer Mut und Fantasie hat, kann in Zukunft ganz oben mitspielen und extrem schnell wachsen.
Sie sitzen mit gruenderszene.de im gerne als „Startup-Hauptstadt“ betitelten Berlin. Dort tut sich ja immer eine ganze Menge. Was kriegen Sie denn von der Startup-Stadt München mit?
Zu wenig. Wir sind gerne in München. Auf der Bits & Pretzels zum Beispiel. Dort trifft man dann wieder viele Berliner… Aber Startups aus München wie zum Beispiel Metaio oder Prettysocial Media sind natürlich auch Thema auf Gründerszene.
„München holt auf“
Wie schätzen Sie München als Gründerstadt ein?
Ich glaube, dass München eine gute Chance hat, ein besonderer Standort für Startups zu werden. Klar, Berlin ist den Zahlen nach vorne. Aber München holt auf. Man sollte Berlin nicht kopieren, sondern sich auf die eigenen, regionalen Stärken besinnen. Bayern war ja immer schon ein guter Standort für Technologie. Berlin ist für junge Leute ein Magnet, weil hier die Preise für das tägliche Leben niedriger sind als anderswo. Und es wird immer internationaler. München ist teuer, wirkt von Berlin aus gesehen provinziell, aber die Stadt liegt in einer wirtschaftlich ungeheuer starken Region. Das sollte ausgenutzt werden.
Häufig wird von einer gewissen Konkurrenz zwischen München und Berlin gesprochen. Sehen Sie diese beiden Städte auch als Konkurrenten an oder wie würden Sie das Verhältnis beschreiben?
Ich will es mal so sagen: Berliner haben ein – ähm – gesundes Selbstvertrauen. Ich glaube, dass München in den Gedanken der jungen Hauptstädter keine große Rolle spielt.
Vor zwei Jahren übernahm Axel Springer den Gründerszene-Verlag Vertical Media. Ist das ein Hinweis, dass das Gründerthema im Mainstream angekommen ist?
Ich glaube, das ist eher ein Zeichen dafür, dass Axel Springer die Zeichen der Digitalisierung verstanden hat. Man setzt auf Gründerszene als Wirtschaftsmedium der Zukunft.
Dass Berlin eine pulsierende Startup-Szene hat, ist unbestritten. Sehen Sie es nicht dennoch kritisch, dass die mediale Aufmerksamkeit fast ausschließlich auf die Hauptstadt gerichtet ist? Gibt es nicht auch andere Hotspots oder zumindest entstehende Gründungsregionen in Deutschland, die von den Medien noch zu stiefmütterlich behandelt werden?
Es ist doch ganz einfach: Die bessere Idee und die bessere Geschichte gewinnt. Mir ist es vollkommen egal, wo ein Startup sitzt. Hauptsache, ich finde die Idee überzeugend. Oder die Gründer haben eine besondere Geschichte zu erzählen. Also, wenn ihr ein Startup gegründet habt und dazu eine besondere Geschichte – her damit. Wir brauchen eure Stories.
„Bits & Pretzels war beeindruckend“
Sie waren im September 2015 auf dem Gründerfestival Bits & Pretzels in München zu Gast. Wie hat Ihnen die Veranstaltung gefallen? Hat Sie etwas besonders beeindruckt?
Vor allem die Professionalität fand ich bemerkenswert. Es gibt so viele Konferenzen zu diesem Thema. Die Auswahl der Sprecher und die gesamte Abwicklung auf der Bits & Pretzels war beeindruckend. Und dann als Zugabe das Oktoberfest – was will man mehr? Eine gute Mischung, die zeigt, was München zu bieten hat. Ob die Messe der richtige Standort ist? Vielleicht gibt es da noch eine andere Idee.
Was halten Sie allgemein von Deutschland als Gründerland? Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf? Was fehlt und was läuft schon richtig gut hier?
Es funktioniert immer besser in Deutschland. Hochschulen, traditionelle Wirtschaft und Medien stellen sich immer besser auf die Startup-Szene ein. Es braucht noch mehr technische Gründer. Leute, die aus der IT kommen. Das ist vielleicht eine Frage der Ausbildung an den Unis. Unsere Startups werden oft von Kaufleuten oder Beratern gegründet. Was nicht schlecht ist. Aber in den USA sind es viel mehr Programmierer oder Techies, die gründen. Und gerade technische Ideen, wie zum Beispiel WhatsApp, haben die Chance, sich blitzschnell global durchzusetzen. Und es braucht in Deutschland mehr Geld von Investoren. Aber davon kann man ja nie genug haben.
Wagen Sie eine Zukunftsprognose für Gründerdeutschland? Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung der Startup-Landschaft ein?
Die Startup-Landschaft wird organisch mit der Digitalisierung wachsen. Ich denke, wir sind da erst am Anfang. Das gilt auch für mein Medium Gründerszene. Irgendwann wird auch der letzte Manager in der traditionellen Wirtschaft verstanden haben, dass Digitalisierung auch ihn betrifft. Und dann kommen Startups ins Spiel, die agiler auf Herausforderungen reagieren können. Entweder als Konkurrenz zu den etablierten Firmen – oder als deren Helfer auf dem Weg in die Zukunft.
Vielen Dank für das Gespräch!