Die Schokolade von Fairafric wird in Ghana produziert.

Fairafric: Schokoladenfabrik mit Impact

Fairafric hat eine solarbetriebene Schokoladenfabrik in Afrika aufgebaut und vertreibt nun in Europa die Bio-Schokolade. Was hat das mit Innovation und Impact zu tun? Zum einen hat das Münchner Unternehmen innovative Wege für die Finanzierung gefunden, zum anderen integriert es die Social Development Goals (SDGs) auf eindrückliche Weise. Ein Interview mit Gründer Hendrik Reimers.

Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Ihr?

Hendrik Reimers, Fairafric: 75% des weltweiten Kakaos kommt aus Westafrika, aber weniger als 1% der Schokolade wird dort auch produziert. Wir ändern das, indem wir die Schokolade direkt vor Ort produzieren, wo der Kakao angebaut wird, nämlich in Ghana. Auf diesem Weg entstehen qualifizierte Arbeitsplätze und Afrikas Einkommen pro Tafel vervielfacht sich. Dazu haben wir die weltweit erste solarbetriebene Bio-Schokoladenfabrik der Welt gebaut und konnten bis jetzt knapp 100 Arbeitsplätze schaffen. Mit unserer Vision „Use business to end poverty“ setzen wir uns somit stark für SDG 1 „Fight poverty“ ein. Das Ziel: 10.000 klimafreundliche Arbeitsplätze auf dem afrikanischen Kontinent schaffen.

Fairafric: Wirklich faire Schokolade

Hendrik Reimers, Gründer von Fairafric und unser Interviewpartner.

Munich Startup: Aber das gibt es doch längst!

Hendrik Reimers: Nicht direkt. Klar gibt es auf dem Markt viele “faire” Schokoladen, aber da muss man genau hinschauen, warum sie als “fair” deklariert wird. Im Normalfall wird die Schokolade aber trotzdem im Globalen Norden produziert: Die Kakaobohnen werden exportiert und hier zu Schokolade weiterverarbeitet.

Nicht bei uns! Die Schokolade kommt fertig verpackt bei uns in Deutschland an und wir vertreiben sie in Europa. Damit steigern wir das lokale Einkommen pro Schokoladentafel in Ghana um mehr als 400%. Denn während bei einer in Europa hergestellten Tafel Schokolade etwa 0,13€ in den Ländern des Kakaoanbaus bleiben, sind es bei Fairafric 0,74€! Zudem bedeutet für uns “fair” zu sein, zu Mensch und der Natur gerecht zu sein. Unsere Schokoladen sind bio-zertifiziert, plastikfrei verpackt und klimaneutral produziert.

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Hendrik Reimers: 2013 war ich in Ostafrika auf einer Reise und ich sah, wie Landwirtschaft und Armut zusammenhängen. Mich bewegte die Frage, warum Rohstoffe immer nur aus Afrika exportiert und nicht direkt im Ursprungsland verarbeitet werden. Von diesem Gedanken getrieben fokussierte ich mich auf Kakao und Schokolade, reiste nach Ghana, lernte Leute kennen, die in der Branche tätig sind. 2016 starteten wir die erste Crowdfunding-Kampagne, bei der wir zum allerersten Mal Fairafric-Schokolade, hergestellt in Ghana, anboten.

Finanzierung über Anleihen und Schokoscheine

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Hendrik Reimers: Die Finanzierung war und ist sehr herausfordernd, da viele Institutionen nicht in Afrika investieren. Dafür stehen mehr als 2.000 PrivatinvestorInnen an unserer Seite und haben bewiesen, dass gemeinsam alles möglich ist: 2020 bauten wir unsere eigene, solarbetriebene Fabrik im ländlichen Ghana, direkt neben den Kakaoplantagen in nur fünfeinhalb Monaten. Trotz der Pandemie gelang es uns, Infrastruktur aufzubauen und ein Team einzustellen, und unser Traum einer eigenen Schokoladenfabrik wurde wahr.

Munich Startup: Wie laufen die Geschäfte?

Hendrik Reimers: Die Pandemie und die Inflation verschonten unsere Umsätze in den letzten Jahren leider nicht. Durch Finanzprodukte wie eine Anleihe oder den Schokoschein – also ein Darlehen, bei dem der Zins in Schokolade ausgezahlt wird– geben wir unserer Community die Möglichkeit, mit uns die Schokoladenwelt zu revolutionieren. Fairafric entwickeln wir immer weiter, und bringen neue Produkte wie die Drops, Fruit Balls und weitere Überraschungen in diesem Jahr auf den Markt.

Seit Start unserer Fabrik haben wir die Umsätze um mehr als 150% gesteigert und wollen diese nun Stück für Stück besser auslasten, um die Kapazität von 50 Millionen Tafeln pro Jahr zu erreichen. Bereits bei 15% Auslastung erreichen wir den Break-Even-Point. Das wollen wir in den nächsten Jahren erreichen.

Schokolade ist erst der Anfang

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf?

Hendrik Reimers: Mit unseren neuen Geschäftsfeldern Contract-Manufacturing und Semi-Finished-Products produzieren wir für bestehende Marken sowohl fertige Schokoladenprodukte als auch Schokolade für die Weiterverarbeitung. Damit wollen wir die Schokoladenindustrie revolutionieren und ‚Made in Africa‘ als einen neuen Branchenstandard etablieren. Langfristig wollen wir unter anderem ein eigenes Agroforestry-Projekt starten und nachhaltigen Kakao in einer Direktbeziehung mit unseren FarmerInnen anbauen und mehr CO2 in den Boden bringen als wir in der gesamten Wertschöpfung ausstoßen. Schokolade ist erst der Anfang. Es gibt eine Menge an Produkten, bei denen es noch keine Wertschöpfung in Westafrika gibt, wie zum Beispiel Cashewkerne.

Unser Konzept ist übertragbar auf eine Menge an Rohstoffen aus dem afrikanischen Kontinent!

Munich Startup: Outsourcen oder selber machen?

Hendrik Reimers: In Ghana selber machen, um dort Infrastruktur aufzubauen, Menschen einen Arbeitsplatz zu ermöglichen und den größtmöglichen Impact im Land zu haben. Wir wollen eine komplett nachhaltige Wertschöpfungskette sicherstellen und das volle Potenzial ausschöpfen. Dafür ist eine möglichst enge Partnerschaft und das eigene Engagement entlang aller Schritte notwendig. Die Verantwortung an andere abgeben ist daher für uns keine Option. Wir wollen hier als positives Beispiel vorangehen und einen neuen Standard für die gesamte Branche setzen.