Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung durch Startupdetector und dessen Insolvenz-Analyse-Tool.
Wenn der Zahlungsausfall ein Unternehmen ereilt, wird in der Regel eine vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet, bevor es zum eigentlichen Verfahren kommt (was es dabei zu beachten gilt, erklärt übrigens dieser Gastbeitrag). Dies dient der Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen. Die Zeit der vorläufigen Insolvenz wird aber auch dazu genutzt, neue InvestorInnen oder KäuferInnen zu finden, bevor das eigentliche Verfahren beginnt. Aber das gelingt nicht immer.
Lösungen für insolvente Startups
Gelungen ist dies bei Samdock, das Ende Januar die vorläufige Insolvenzverwaltung startete. Das Startup bietet eine cloudbasierte Software-as-a-Service-Lösung an, mit der kleine und mittelständische Unternehmen Geschäftsprozesse in den Bereichen Vertrieb, Marketing und Kundenservices in einem durchgängigen System digitalisieren und automatisieren können. Im zweiten Quartal fand das Startup einen Käufer, und Technologie, Marke, Kunden und auch ein Teil des Teams konnten übernommen werden. Das neue Unternehmen, Samdock One mit Sitz in Bielefeld, betreibt das Geschäft nun weiter.
Erfolglose Insolvenzverfahren
Weniger glücklich lief es für Laqa. Das Startup musste ebenfalls im ersten Quartal – Mitte Februar, um genau zu sein – die vorläufige Insolvenz erklären. Anfang April folgte dann die Eröffnung des Hauptverfahrens, nur wenige Tage später die Feststellung der Masseunzulänglichkeit. Das Startup hatte eine digitale Lösung für Einrichtungen der Pflege und des Gesundheitswesens zur Erfassung und Verarbeitung von Trinkmengen und -intervallen bei PflegeempfängerInnen entwickelt. Ein smarter Trinkbecher sollte erfassen, ob die NutzerInnen ausreichend trinken und sie zur Not daran erinnern.
Neu eröffnete Insolvenzverfahren
Die Insolvenz von Xpay wurde um ein neues Kapitel erweitert. Nachdem schon früher die Insolvenzverfahren für die Xpay Holding AG, die Xpay Solutions GmbH und die Xpay Development GmbH eröffnet, folgte im Mai auch das Verfahren für die Xpay Card Services GmbH. Das pikante dabei: als E-Money-Agent steht sie operativ im Zentrum von Xpay. Wie schon in den Fällen zuvor wurde auch hier Rechtsanwalt Dr. jur. Matthias Hofmann der Münchner Kanzlei Pohlmann Hofmann bestellt.
Ebenfalls keine Lösung gab es für Insaas. Der Entwickler einer KI-basierten, auf Versicherungen und Banken fokussierten Marktforschungssoftware musste Mitte März in die vorläufige Insolvenz. Im Juni folgte dann die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Thomas Klöckner der Kanzlei Lecon, der auch Samdock durch die Insolvenz begleitete.
Schlechte Nachrichten gab es im zweiten Quartal auch für Blickfeld: Obwohl sich das Startup erst im Dezember 2023 eine Wachstumsfinanzierung von 7,5 Millionen Euro sichern und so seine Gesamtfinanzierungssumme auf über 45 Millionen Euro steigern konnte, rutschte es im Juni in die Insolvenz. Das 2017 gegründete Unternehmen ist bekannt für seine LiDAR-Sensoren und Wahrnehmungssoftware. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Rolf G. Pohlmann der Münchner Kanzlei Pohlmann Hofmann bestellt.
Neue Fälle von vorläufiger Insolvenz in der Münchner Szene
Im zweiten Quartal des Jahres kam es zudem zu fünf neuen Fällen vorläufiger Insolvenz. So musste mit Mr Laser Beam im Mai ein weiteres Urgestein der Münchner Startup Szene die vorläufige Insolvenz anmelden. Mr Beam entwickelt Desktop-Lasercutter, die privaten und gewerblichen Anwendern den Einstieg in die digitale Fertigung von individualisierten Serienprodukten ermöglichen sollen. 2021 konnte sich das Startup eine Finanzierung in siebenstelliger Höhe sichern. Zu den Investoren gehörten damals das Family Office Extorel von Falk Strascheg, die BayBG Bayerische Beteiligungsgesellschaft sowie private Investoren aus dem Baystartup-Investoren-Netzwerk. Am 1. Juli, also bereits im dritten Quartal, wurde dann das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. Alexander Fridgen, Partner bei Baker Tilly, bestellt. Allerdings wurden in diesem Zuge bereits Assets verkauft: So haben verschiedene MitarbeiterInnen sowohl den Onlineshop als auch die Produktion herausgekauft. Somit kann es für Mr Beam weitergehen.
Auch die 2015 gegründete Gebrauchtwagenplattform Instamotion musste ihre Zahlungsunfähigkeit melden. Das Startup konnte in der Vergangenheit über mehrere Finanzierungsrunden insgesamt knapp 30 Millionen Euro einsammeln. Ende Mai kam jedoch die vorläufige Insolvenz, auf die ebenfalls im dritten Quartal die Eröffnung des Verfahrens folgte. Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Henrik Brandenburg von der Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen.
Ähnlich erging es Holoride. Auf die vorläufige Insolvenzverwaltung Ende April folgte zu Beginn des dritten Quartals die Eröffnung des Verfahrens. Kurz darauf wurde auch von Insolvenzverwalter Rechtsanwalt Dr. Hubert Ampferl von der Kanzlei Dr. Beck & Partner GbR die Masseunzulänglichkeit festgestellt. Holoride entwickelt Virtual-Reality-Unterhaltung für Autopassagiere. 2021 konnte das Startup 10 Millionen Euro einsammeln, seither gab es keine weiteren Finanzierungsrunden mehr für die Münchner.
Ein weiterer Fall vorläufiger Insolvenz ereilte Neutron Star Systems. Das Startup bietet Hochtemperatursupraleiter-Raumschiffsysteme an, als sein Flaggschiffprodukt gilt ein elektrisches Antriebssystem für die Mobilität von Raumfahrzeugen in der Umlaufbahn. Bisher finanzierte es sich über verschiedene Zuschüsse von Institutionen wie der ESA, dem European Innovation Council oder der US Space Force. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Oliver Schartl von der Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen bestellt.
Schließlich musste sich auch Dock Financial der Insolvenz ergeben. Das Technologie-Unternehmen bietet verschiedenen Branchen maßgeschneiderte Finanzlösungen an und unterstützt bei der Integration von Finanz-Features. Zudem machte es in den vergangenen Jahren mit den Übernahmen von Paydora und Compeon auf sich aufmerksam. Venture Capital konnte Dock Financial nicht einsammeln. Die vorläufige Insolvenz erklärten dann sowohl die Dock Financial GmbH als auch die mit ihr verbundene Dock Financial Capital GmbH Ende Mai. Zu Insolvenzverwaltern bestellt wurden Rechtsanwältin Marlene Scheinert und Rechtsanwalt Ivo-Meinert Willrodt der Pluta Rechtsanwalts GmbH.