© Tildi / Michael Gröger

Women in Tech: Doris Schoger und Sofie Morber von Tildi

Das Re-Commerce Startup Tildi wurde 2023 von Doris Schoger und Sofie Morber gegründet. Die Soziologin und Wirtschaftswissenschaftlerin Doris Schoger hat einen starken Mode- und Marketing-Background durch ihre Tätigkeit bei verschiedenen Startups, unter anderem Zalando. Als Serial-Founderin war sie bereits vor Tildi selbstständig. Sofie Morber ist ebenfalls BWLerin, jedoch mit Fokus auf Finance und Accounting. Nach ihrer Consulting-Karriere gründete sie direkt Tildi. Was motivierte die beiden, was hätten sie gern vor der Gründung gewusst, und wie arbeiten sie gern? Das und mehr erzählen die Gründerinnen im Interview.

Munich Startup: Was hat Euch zur Gründung von Tildi motiviert?

Doris Schoger: Ich wollte ein Gegenmodell zur linearen Ökonomie schaffen: Ressourcen schonen statt ausbeuten. Seit Anfang an bin ich ein Fan des Gedankens der Zirkularität. Seit 2019 arbeite ich nicht mehr im E-Commerce, sondern im Re-Commerce. Ein Buchstabe macht so einen Unterschied! Denn alles, was dahinter passiert, ist so viel anders.

Sofie Morber: Die Gründung von Tildi ist für mich die Verbindung aus persönlichem Bedürfnis – ich habe eine sechsjährige Tochter – und meiner Leidenschaft für Unternehmertum, die mich schon immer begleitet hat. Der Recommerce-Markt bietet zwar großes Potenzial, aber auch viele Herausforderungen, wie mangelnde Transparenz, Nutzerfreundlichkeit und Effizienz. Das hat mich dazu motiviert, eine Plattform zu schaffen, die sich auch im Wettbewerb klar abhebt – mit einem Fokus auf Innovation, Nachhaltigkeit und echten Mehrwert für die NutzerInnen. So entstand die Vision, einen neuen Standard im Recommerce zu setzen.

Tildi-Gründerin Doris Schoger: „Wenn man zu viel weiß, macht man es vielleicht nicht.“

Munich Startup: Was hättet Ihr gerne vor der ersten Gründung gewusst?

Doris Schoger: Ich denke, wenn man zu viel weiß, macht man es vielleicht nicht. Es gibt viele Fallstricke für GründerInnen, die, wenn man sie kennt, vielleicht vom Gründen abhalten würden.

Sofie Morber: Ähnliche Sache wie das Mutterwerden: Du kannst noch so viel darüber wissen oder Dich darauf vorbereiten, die Realität ist dann doch voller Überraschungen, Herausforderungen und Wachstumsmomente, die man sich vorher nicht ausmalen kann.

Munich Startup: Wie ist Tildi bislang finanziert?

Doris Schoger: Wir haben erste Investitionen von Angels erhalten. Darüber hinaus sind wir gerade im Fundraising. Wir laden jeden ein, mit uns zu sprechen, der Teil der Veränderung sein möchte.

Kreislaufwirtschaft als Teamsport

Munich Startup: Wann und wo bekommst Du die besten Ideen?

Doris Schoger: Austausch, Austausch, Austausch. Kreislaufwirtschaft ist ein Teamsport, und man muss alle hören bzw. treffen, die etwas dazu beitragen können. Viele Ideen ergeben sich in Gesprächen, in einem Austausch-Ping-Pong – und vieles gibt es schon, es kann weitergedacht werden.

Munich Startup: Was sind Deine 3 liebsten Arbeitstools?

Doris Schoger: Hm, ich vermute, da ich sie täglich verwende und sie nicht ändere, mag ich sie: FIGMA, GitHub und Google Drive.

Munich Startup: Dein Top-Tipp zum Thema “Pitchen”?

Doris Schoger: Jede Audience braucht einen eigenen Pitch. Ich habe ansonsten keinen Tipp, denn wir selbst müssen mit Tildi noch viel mehr auf die Pitch-Bühnen.

Munich Startup: Erscheint es Dir gerade als eine gute Zeit, um zu gründen? Warum?

Doris Schoger: Generell nein. Aber die Themen, die uns in die Zukunft führen, können nicht warten. Die Märkte sind gesättigt, Unternehmen fokussieren sich auf ihre Krisen, Förderungen sind gekürzt oder unsicher, und Investoren halten ihr Geld zusammen. Andererseits braucht es besonders jetzt Innovationen und Konzepte, die in diese neue Lage passen. Wahrscheinlich muss man als GründerIn mehr Resilienz mitbringen als noch vor ein paar Jahren.

Positiver Einfluss auf die Welt

Munich Startup: Auf welche Technologie oder Branche würdest Du bei Deiner nächsten Gründung setzen?

Doris Schoger: Ich würde tiefer in die Finanzströme eintauchen. Ich denke, Kreislaufwirtschaft braucht auch hier neue Denkweisen. Denn oft ist ein Produkt ein wirtschaftlicher Totalschaden und kann allein deswegen nicht mehr verkauft werden. Oder ich würde in den Bereich neue Materialien gehen. Wir müssen uns von den Materialien, die als Abfall enden, lösen und sie durch neue, unschädliche Stoffe ersetzen.

Sofie Morber: Daran kann ich gerade ehrlich gesagt noch nicht denken. Aber eine weitere Gründung muss für mich generell einen gesellschaftlichen Mehrwert bringen. Etwas, das die Zukunft positiv beeinflusst und gleichzeitig ökonomisch nachhaltig erfolgreich ist.

Munich Startup: Was könnte aus Deiner Sicht am Gründungsstandort München noch verbessert werden?

Doris Schoger: Ich persönlich würde mir mehr Flächen wünschen, um Konzepte zu testen. Ansonsten bin ich hier recht happy.

Munich Startup: Welchen Gründer oder welche Gründerin würdest Du gerne einmal persönlich treffen? Und was würdest Du sie oder ihn fragen?

Doris Schoger: Keine einfache Frage. Ich würde Dirk Rossmann gerne fragen, wie er seine Entscheidung gefällt hat, trotz Preisbindung einen Laden zu eröffnen, der sich nicht an diese hält, und nur darauf zu wetten, dass sie in den nächsten Tagen fällt. Seit ich seine Geschichte gehört habe, frage ich mich immer wieder: Wie viel davon war naiver Mut, und wie viel war kalkuliertes Risiko?

Sofie Morber: Ganz spezifisch fällt mir derzeit niemand ein. Der Dialog mit anderen GründerInnen, unabhängig von der Unternehmensgröße, ist unglaublich wertvoll. Besonders erfolgreiche GründerInnen sind für mich jedoch eine große Inspiration. Ich finde es spannend, zu erfahren: Welche Entscheidung war rückblickend entscheidend für Deinen Erfolg? Und welchen Fehler sollte jeder Gründer oder jede Gründerin einmal gemacht haben, um zu lernen? Und welchen Fehler sollte man unbedingt vermeiden?

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