Smart Reporting ist ein Digital-Health-Startup aus München. 2017 erhielt das Jungunternehmen eine Finanzierung in Millionenhöhe. Der Gründer, Wieland Sommer, ist selbst Radiologe und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er hat das Unternehmen 2015 gegründet, weil er selbst keine passende Lösung für eines der großen Probleme der Mediziner gefunden hatte. Worum es dabei geht erzählt er uns im Interview.
1. Wer seid Ihr und was macht Ihr?
Zwar sind die Fortschritte in der Medizin bemerkenswert. Umso erstaunlicher ist es aber, dass sich trotz aller Entwicklungen einzelne Arbeitsabläufe in den letzten hundert Jahren nicht geändert haben. Da werden handschriftliche Änderungen an einer Patientenakte vorgenommen oder Befunde getippt oder bestenfalls diktiert.
Aber jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied und so versanden wichtige Daten und können nicht weiter genutzt werden. Alle sprechen von AI und Machine Learning, aber Diktiergeräte und Befunde im Freitext sind quasi die Endbahnhöfe im Datenfluss.
Diktiergerät adé, die Digitalisierung erreicht Arztbriefe und Befunde
Mit unserer Plattform wird der letzte analoge Schritt in der Medizin digitalisiert – die medizinischen Befunde und Arztbriefe. Statt eines Freitextes über Mikrophon wird der Arzt anhand intelligenter Entscheidungsbäume geführt. Damit können alle wichtigen Daten ausgewertet werden und die Arbeitsabläufe sind deutlich effizienter.
Unsere Software Smart Radiology ist auch das ideale Werkzeug zur Integration von AI und Bildanalysealgorithmen in den radiologischen Workflow – wir schreiben die Medizin der Zukunft.
2. Aber das gibt’s doch schon längst!
Leider nicht. Viele Firmen basteln an Insellösungen. Auch wenn „strukturierte Befundung“ grade in der Radiologie unter dem Spruch „Drei Radiologen, drei verschiedene Befunde“ altbekannt ist, gibt es bisher nur vereinzelte Ansätze, vor allem aus dem akademischen Umfeld.
Das muss nicht heißen, dass diese individuellen Befunde falsch oder gar schlecht sind. Aber sie sind eben unterschiedlich und das ist nicht nur ineffizient, Freitexte sind außerdem sehr schwer zu analysieren.
3. Was sind die drei Hauptzutaten für Euer Erfolgsrezept?
Wir konnten in den letzten Jahren die besten Talente aus dem Bereich Machine Learning und Bilderkennung rekrutieren und haben heute ein hervorragendes Team mit dem wir an dem Thema arbeiten, von dem die meisten nur sprechen – künstliche Intelligenz in der Medizin.
Wir haben eine Plattformlösung geschaffen, die in alle gängigen Krankenhaus-IT Systeme integriert werden kann und multilingual ist. Damit haben wir derzeit einen riesigen Zuwachs an Nutzern weltweit. Wir werden schon in über 50 verschiedenen Ländern verwendet.
Und last but not least ist das Salz in der Suppe, dass ich als Gründer selbst Mediziner bin und die Anforderungen unserer Kunden aus meiner eigenen Praxis kenne. Dadurch konnten wir bereits in der Phase der Gründung viel Vertrauen für Smart Reporting gewinnen.
Internationalisierung lässt Kundenstamm täglich wachsen
4. Butter bei die Fische: Wie läuft das Geschäft?
Auf unserer Plattform können sich Ärzte registrieren und die Software testen. Unter deutschen Radiologen sind bereits ca. 30% registriert. Wir haben in Deutschland mehrere Vertriebspartnerschaften mit Firmen, wie z.B. Agfa, in deren Systeme wir vollständig integriert sind. Außerdem sind wir in mehreren renommierten Universitätskliniken installiert und arbeiten aktuell an einem internationalen Projekt mit der Bayer AG.
Seitdem wir die Plattform auch in mehreren Sprachen freigeschaltet haben, bekommen wir täglich viele neue Nutzer weltweit, vor allem aus den USA, Russland, Brasilien, Indien und China.
5. Was bedeutet München für Euch?
Als Ausgründung der LMU hat Smart Reporting seit jeher einen starken Bezug zu München. Hier hat alles begonnen und hier sind auch unsere ersten Kunden und Kooperationspartner wie etwa Siemens. Das Entrepreneurship Center der LMU betreut uns darüber hinaus hervorragend.
Heute teilen wir uns mit anderen Startups eine Etage und blicken vorne auf den Stachus und hinten auf die Alpen. Das sagt eigentlich alles.
Epic Fail? Smart Reporting will lieber aus Fehlern anderer lernen
6. Wie wird Euer Startup zum nächsten Unicorn? Oder sehen wir uns bald auf der Epic Fail Night?
Wir sehen uns auf der Epic Fail Night – allerdings als Zuhörer. Wir wollen nicht alle Fehler selbst machen, sondern aus den Erfahrungen anderer lernen. Denn wir wissen: eine gute Idee alleine reicht nicht, um ein Unicorn zu werden.
7. Entweder…oder-Frage! Schweinshaxn oder Steckerlfisch?
Eigentlich beides ganz gerne. Im Biergarten aber lieber Steckerlfisch. Denn zwei Maß Helles haben ja schon die Kalorien einer Schweinshaxn.
Wer genaueres wissen möchte, dem sei der Podcast von Passiomed und das ausführliche Interview mit Wieland Sommer dort empfohlen.