Meghan Gregonis ist seit Juli 2018 Generalkonsulin der USA in München. Vor ihrer Tätigkeit in Deutschland war sie stellvertretende Direktorin für Public Diplomacy im Büro für europäische und eurasische Angelegenheiten des Auswärtigen Amtes, wo sie die Public Diplomacy Bemühungen in Westeuropa leitete und erweiterte. Vor ihrem Eintritt in den Auswärtigen Dienst war sie bei einer Venture-Capital Gesellschaft in ihrer Heimatstadt Philadelphia tätig.
Munich Startup: Frau Gregonis, Sie sind seit 2018 die hochrangigste Vertreterin der Vereinigten Staaten in Bayern. Hatten Sie schon die Gelegenheit, die Münchner Startup-Szene besser kennenzulernen?
Meghan Gregonis: Auf jeden Fall. Erst vor Kurzem waren drei vielversprechende Luft- und Raumfahrtunternehmen aus Bayern – Isar Aerospace, Mynaric und Quantum-Systems – im Rahmen eines kleinen, von unserem auswärtigen Handelsdienst organisierten Treffen bei uns zu Gast. Es sind wirklich beeindruckende und schnell wachsende Unternehmen. Ich bin begeistert, dass sie alle im Begriff sind, technologische Brücken zu den Vereinigten Staaten zu schlagen! Ich weiß auch, dass es noch eine ganze Reihe anderer Unternehmen wie diese gibt, in vielen unterschiedlichen Branchen.
Mit der LMU und der TUM bietet München in der Tat hervorragende Bedingungen für junge, innovative UnternehmerInnen. Das Umfeld in München unterstützt nicht nur Ausgründungen aus den Universitäten, sondern hat auch Talente in Form von hochqualifizierten MitarbeiterInnen zu bieten, die erst am Anfang stehen und bereit sind, Risiken einzugehen.
„Innovationsbrücke“ zwischen den USA und Bayern
Wir haben gute Kontakte zum Gründungszentrum UnternehmerTUM und zu Initiativen wie dem MUCSUMMIT, sodass ich durchaus sagen kann, dass es hier großartige Ressourcen für junge Unternehmen gibt. Außerdem setzen wir uns für die Förderung einer Art „Innovationsbrücke“ zwischen Bayern und den Vereinigten Staaten ein, um Partnerschaften und den Austausch zwischen innovativen Kräften in den Vereinigten Staaten und Bayern zu stärken. Die transatlantischen Beziehungen sind stark und gehen tief, und wir können sie weiter ausbauen, indem wir die Angehörigen der jungen, dynamischen und innovativ denkenden Generation auf beiden Seiten des Atlantiks zusammenbringen. Ich sehe hier grenzenloses Potenzial für Partnerschaften. Sowohl bayerischen als auch amerikanischen Startups bietet die Zusammenarbeit über den Atlantik hinweg Chancen.
Munich Startup: Wie schätzen Sie das Startup-Ökosystem in München ein?
Meghan Gregonis: Ich weiß, dass der Titel der deutschen „Startup-Hauptstadt“ zwischen München und Berlin heiß umkämpft ist. Ich kann nicht entscheiden, wer hier der Gewinner ist, aber ich muss sagen, dass ich vom Münchner Startup-Ökosystem sehr beeindruckt bin. Besonders beeindruckt haben mich das technische Know-how und die Innovationen, die ich hier gesehen habe. Als US-Generalkonsulin in Bayern bin ich vielleicht etwas voreingenommen, aber es gibt hier eine einzigartige Dynamik, die das unternehmerische Umfeld bereichert.
Munich Startup: Für viele Startups aus München dürfte es interessant sein, den US-Markt zu erschließen. Was gilt es für Startups in der Regel zu beachten?
Meghan Gregonis: Dem Global Entrepreneurship and Development Institute zufolge, sind die Vereinigten Staaten, was Unternehmertum angeht, weltweit die Nummer eins. Wir heißen Unternehmen in jeder Größe und Form willkommen. Auf dem gesamten US-Markt gibt es eine Vielzahl privater Inkubator- und Accelerator-Programme. Oft sind sie branchenspezifisch und geografisch in der Nähe von Innovations-Clustern und -Zentren angesiedelt. Das Rezept für erfolgreiche Investitionen besteht darin, den richtigen Standort zu finden. Es gilt immer noch das alte Motto „Lage, Lage, Lage“.
Wie Münchner Unternehmen in die USA kommen
Munich Startup: In Deutschland gibt es Programme wie German Accelerator, die Startups bei ihrer Expansion in die Vereinigten Staaten unterstützen. Gibt es in den USA Angebote, die Startups dabei helfen, dort Fuß zu fassen? Wie sehen diese Angebote aus?
Meghan Gregonis: Unser SelectUSA Tech Program bietet enorme Ressourcen für Startups und Technologieunternehmen, die nach dem richtigen Standort und Kontakten für eine erfolgreiche Unternehmenspräsenz in den Vereinigten Staaten suchen. Im Rahmen von SelectUSA finden auch Bildungsveranstaltungen, Workshops und Networking-Veranstaltungen für UnternehmerInnen aus dem Ausland statt. Einige Angebote richten sich explizit an Unternehmerinnen. Außerdem laden wir Startups und junge Firmen aus aller Welt auch zu unserem SelectUSA Investment Summit in Washington D.C. ein. Hier können Sie ihre Produkte oder Dienstleistungen vorstellen, Kontakte zu Investoren knüpfen und Multiplikatoren aus einigen der erfolgreichsten Technologie-Ökosysteme der Vereinigten Staaten kennenlernen.
Munich Startup: Zusätzlich zum US-Markt interessieren sich viele Startups auch für amerikanische Investoren. Über welche Plattformen können sie auf sich aufmerksam machen oder Kontakt zu Investoren aufnehmen?
Meghan Gregonis: Vielen Dank für die Frage. Die Risikokapitalbranche wurde in den Vereinigten Staaten erfunden. Wir sind und bleiben der attraktivste Venture-Capital-Markt der Welt. 2019 erhielten mit Wagniskapital finanzierte Unternehmen 136,5 Milliarden US-Dollar von US-Investmentfirmen und verzeichneten 237 Mega-Deals, 11,8 Prozent mehr als 2018.
Alternative, mit privatem Beteiligungskapital finanzierte Mechanismen – beispielsweise große Investitionen eines Business Angel oder kleiner Investorengruppen, sowie kleine Investitionen über Crowdfunding – sind ebenfalls attraktive Möglichkeiten, insbesondere für kleinere Innovatoren in den Vereinigten Staaten.
Unterstützung durch das Konsulat
Munich Startup: Wie kann das US-Generalkonsulat in München Startups unterstützen?
Meghan Gregonis: Wir haben das Glück, für diese Aufgaben hier am US-Generalkonsulat in München einen auswärtigen Handelsdienst zu haben. Unsere KollegInnen können infrage kommende bayerische Unternehmen im Rahmen von SelectUSA unterstützen. Wir können Unternehmen auch die richtige Richtung weisen oder Kontakte zu relevanten Netzwerken und Multiplikatoren herstellen, beispielsweise zu den Mitgliedern des Council of American States in Europe und seinen 15 Mitgliedstaaten. Sie alle sind äußerst gut vernetzt und beobachten die Startup-Szene in Bayern aufmerksam.
Munich Startup: Welche Unterschiede gibt es zwischen der deutschen und der amerikanischen Unternehmenskultur? Deutsche sind angeblich sehr gründlich, was von den Amerikanern oft als zu langsam empfunden wird, um nur ein häufig angeführtes Beispiel zu nennen. Haben Sie selbst schon etwas Ähnliches erlebt?
Meghan Gregonis: Die Innovationskultur in den Vereinigten Staaten – die tief in Zusammenarbeit und Wissensaustausch, Achtung der Vielfalt, Anpassungsfähigkeit und flachen Organisationsstrukturen verwurzelt ist –, ist ein echter Katalysator für Chancen. Indem unternehmerische Initiative und Risikobereitschaft gefördert und sogar dazu ermutigt wird, das Risiko des Scheiterns einzugehen, bietet unsere Innovationskultur einen zusätzlichen Wettbewerbsvorteil für die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten. Meines Erachtens werden die Vorteile der Risikobereitschaft – auch wenn dies ein potenzielles Scheitern beinhaltet – in Deutschland manchmal unterschätzt.
Munich Startup: Gibt es wichtige Sitten und Gebräuche, auf die Startups aus München definitiv achten sollten?
Meghan Gregonis: Die Unternehmenskultur in den Vereinigten Staaten hat sich in den vergangenen Jahrzehnten weiterentwickelt. Sie ist heute weniger formell und hierarchisch, besonders bei Startups. Die Angestellten sprechen sich häufig mit dem Vornamen an, haben einen besseren Zugang zu Vorgesetzten und pflegen allgemein einen entspannteren Kommunikations- und Kleidungsstil. Einen Teil dieser Kultur haben wir sogar am US-Generalkonsulat in München übernommen.
„Unterschätzen Sie die kulturellen Unterschiede nicht“
Munich Startup: Gibt es etwas, das man auf jeden Fall vermeiden sollte?
Meghan Gregonis: Unterschätzen Sie die kulturellen Unterschiede nicht. Wir sind uns ähnlich und haben eine Reihe gemeinsamer Werte, aber es gibt auch Unterschiede.
Wenn wir etwas Neues vorstellen, konzentrieren wir uns auf das große Ganze, beispielsweise darauf, wie der Kunde das Produkt verwenden oder (finanziell) davon profitieren kann. Die technischen Details folgen dann, man fängt nicht damit an.
Munich Startup: Was würden Sie deutschen Unternehmen, die in den USA erfolgreich sein wollen, raten?
Meghan Gregonis: Erfolgreiche Innovatoren, die eine Präsenz in den Vereinigten Staaten anstreben oder dort Partner suchen, benötigen ein grundlegendes Verständnis unseres Rechtssystems, der kulturellen und gesellschaftlichen Unterschiede sowie der unterschiedlichen Geschäftspraktiken.
Über die kulturellen und gesellschaftlichen Unterschiede können Sie sich informieren.
Jedoch sind das Wissen um die Unterschiede in den Rechtssystemen (kodifiziertes Recht gegenüber Gewohnheitsrecht) und das Heranziehen eines guten Anwaltes wichtig, um kostspielige Fehler zu vermeiden, wenn man Verträge aushandelt und sich in der internationalen Geschäftswelt bewegt.