Going Global: Israel lockt mit Venture Capital und internationalen Kontakten

Israel hat sich den Ruf als Startup-Nation erarbeitet und gilt vielen anderen Ökosystemen als Vorbild. Was gibt es dort für Münchner Startups zu gewinnen? Johanna Hebestreit und Jonathan Glick, Wirtschaftsreferenten im Bayerischen Büro Israel, berichten im Interview für unsere Reihe „Going Global“ von finanzstarken Investoren, internationalen Netzwerken und kulturellen Unterschieden.

Munich Startup: Mit einem relativ kleinen Markt und viel Startup-Konkurrenz ist Israel auf den ersten Blick ein denkbar schlechtes Pflaster für die internationale Expansion junger Münchner Unternehmen. Warum lohnt es sich trotzdem, das Land auf die Mind Map zu setzen?

Bayerisches Büro Israel: Der israelische Markt ist für Münchner Startups nur bedingt interessant im Bereich Kundenakquise, auch wenn es hier durchaus Potential gibt. Aus den folgenden Gründen ist Israel dennoch spannend:

  1. Es gibt über 430 Venture Capital Firmen in Israel und diese interessieren sich zunehmend für den europäischen Markt. Erst letztes Jahr hat der israelische VC Fund Maniv Mobility in das Münchner Startup 2trade investiert. Das Münchner Startup Ecosystem sollte sich hier schnell positionieren. Wir vom Büro wollen das aktiv unterstützen und planen einige Aktivitäten in diesem Bereich, u.a. gemeinsam mit Baystartup.
  2. Talente und R&D: internationale Firmen wie Apple, Google oder Cisco machen es vor – ein R&D Zentrum nach dem anderen wurde in den letzten Jahren in Israel eröffnet, mittlerweile sind es über 100 nur im Raum Tel Aviv. Der Grund sind die gut ausgebildeten Fachkräfte in Israel, sowie die sehr gute Zusammenarbeit mit Universitäten. Wenn Startups also auf der Suche nach neuen Mitarbeitern sind, sollten sie israelische Fachkräfte auf jeden Fall auf dem Schirm haben.
  3. Der dritte und wichtigste Grund: 300 Tage Sonne im Jahr. Und natürlich Hummus.

Munich Startup: Wie kommt man denn mit den israelischen Investoren in Kontakt? Ist dazu eine Niederlassung in Tel Aviv ein Muss?

Bayerisches Büro Israel: Israel ist ein kleiner Markt und Startups wie Investoren agieren international. Israelische Investoren sind es gewöhnt, mit Rechtseinheiten zusammenzuarbeiten, die nicht in Israel registriert sind. Daher ist eine Niederlassung in Israel kein Muss.

Netzwerke aufbauen und pflegen

In Israel läuft alles über Netzwerke – Kaltakquise oder direkt Ansprachen sind eher selten. Daher sollten Netzwerke aufgebaut und gepflegt werden. Es ist vollkommen normal und empfohlen, bereits bestehende Kontakte um Vorstellungen zu bitten. Außerdem gibt es in Israel viele spannende Veranstaltungen, wie z.B. die Ecomotion im Bereich Mobility oder DLD Tel Aviv, die es einem einfach machen das Ecosystem kennenzulernen. Auch wir vom Bayerischen Büro in Israel sind Teil des Netzwerks vor Ort und bieten Unterstützung an.

Munich Startup: Wonach suchen die israelischen Geldgeber?

Bayerisches Büro Israel: In Israel wird vor allem in Enterprise Software, Mobility, Life Sciences, Ag- und FoodTech, IoT Startups und Cyber Security investiert und damit genau in die Bereiche, in denen auch München stark ist.

Munich Startup: Wer kann einem Münchner Startup dabei helfen, in Israel präsent zu sein?

Bayerisches Büro Israel: Es gibt zahlreiche Organisationen, die Münchner Startups dabei helfen können: die deutsche-israelische Handelskammer, das israelische Trade Office in München sowie unser Bayerisches Büro in Israel. Für junge Entrepreneure eignet sicherlich BIPA (Bavarian Israeli Partnership Accelerator) am besten, um den israelischen Markt kennenzulernen.

Die Aufgabe unseres Büros ist es, bayerische und israelische Wirtschaftsbeziehungen zu fördern. Sollte sich ein Münchner Startup für den israelischen Markt interessieren, kann es uns jederzeit kontaktieren. Als staatliche Organisation sind unsere Services kostenlos und natürlich vertraulich.

Munich Startup: Welche rechtlichen Rahmenbedingungen oder Hürden sollte man unbedingt kennen?

Bayerisches Büro Israel: Wie bei jeder internationalen Expansion sollten Startups frühzeitig einen guten Anwalt und / oder Steuerberater kontaktieren. Hierbei empfiehlt es sich mit lokalen Rechtsberatern zusammenzuarbeiten, die auf internationale Firmen spezialisiert sind. So können von Anfang an Fehler vermieden werden, insbesondere was internationale Steuerfragen angeht. Sollten Entsendungen geplant sein, muss man sich mit dem israelischen Visa-Recht auseinandersetzen.

Münchner Startups fehlt es an globalem Denken

Munich Startup: Was kann München vom Erfolg der israelischen Startup-Landschaft übernehmen?

Bayerisches Büro Israel: Zwei Dinge: das Selbstbewusstsein und das globale Denken.

Israel ist hinter dem Silicon Valley das wichtigste Startup Zentrum der Welt. Darauf ist Israel (zu Recht) stolz und versteht es, sein Ecosystem zu vermarkten. Die Münchner Startup Welt ist zwar kleiner, steht aber an Innovation vor allen in den Bereichen Deep-Tech, Enterprise Software und Mobilität dem Israelischen Startup Ecosystem in nichts nach. Es kommen viele spannende Startups aus München und auch im Bereich Funding holt das bayerische Ecosystem immer mehr auf. Daher sollte die Münchner Startup-Szene ihre internationale Bekanntheit weiter vermarkten und ausbauen. Hierbei sollte vor allem auf die Stärken Münchens hingewiesen werden: die extrem gut ausgebildeten Talente, das immense Kundenpotential im B2B Bereich und die zahlreich wachsende Anzahl an spannenden und höchst innovativen Startups.

Das zweite ist das globale Denken. Der Israelische Markt ist klein und daher planen selbst sehr frühphasige israelische Startups die internationale Skalierbarkeit in ihre Geschäftsmodelle mit ein. Startups aus dem DACH-Raum haben einen größeren Markt in dem sie erstmal „aufwachsen“ können, aber dennoch sollten sie den Anspruch verfolgen, global zu expandieren.

„Die israelische Kommunikation ist extrem direkt“

Munich Startup: Wie steht es um Unterschiede in der Unternehmenskultur zwischen Deutschland und Israel und gibt es wichtige Gepflogenheiten in der Geschäftswelt, auf die Münchner Startups unbedingt achten sollten?

Bayerisches Büro Israel: Die israelische Kommunikation ist extrem direkt. Dies kann am Anfang irritierend wirken und teilweise als unhöflich wahrgenommen werden, birgt jedoch auf den zweiten Blick viel Potential für eine effektive Zusammenarbeit. Anders als in Deutschland herrscht in der israelischen Business Welt vor allem Spontanität. Meetings passieren eher short notice und werden nicht schon wochenlang im Voraus geplant. Entscheidungen werden viel schneller getroffen und es wird rapide agiert. Was Israelis auch von ihren Partnern und Kunden erwarten. Darauf muss sich eingestellt werden, was jedoch für Startups einfach sein sollte.

Munich Startup: Welches No-Go sollte man unbedingt vermeiden?

Bayerisches Büro Israel: In Anzug und Krawatte zum Meeting erscheinen und lange um den heißen Brei reden. Letzteres kann in der israelischen Geschäftswelt schnell als negative Eigenschaft wahrgenommen werden.

Munich Startup: Haben Sie einen besonderen Tipp für Münchner Startups?

Bayerisches Büro Israel: In der israelischen Startup-Welt kennt jeder jeden, das sollte nie vergessen werden – aber das sollte den Münchnern ja bekannt vorkommen…

Kontakt zum Bayerischen Büro Israel

Das Büro des Freistaats Bayern für Wirtschaft, Wissenschaft, Technologie, Bildung und Jugendaustausch in Israel wurde im Dezember 2017 eröffnet und hat seinen Sitz in Tel Aviv. Johanna und Jonathan sind zuständig für die bayerisch-israelischen Wirtschaftsbeziehungen.