© Servail

Servail entwickelt Wartungsroboter für die Bahn

Stammstreckensperrung wegen Wartungsarbeiten – ein Problem, das die meisten MünchnerInnen nur zu gut kennen. Doch wenn es nach Servail geht, gehören solche Sperrungen schon bald der Vergangenheit an. Denn das Startup entwickelt Roboter für die Instandhaltung von Bahnfahrzeugen und Bahngleisen, die auch im laufenden Betrieb eingesetzt werden können. Im Interview erzählt Co-Founder Max Steger von der Vision des Startups.

Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Ihr?

Max Steger, Servail: Servail entwickelt Roboter für die Instandhaltung von Bahnfahrzeugen und Bahngleisen. Das besondere Merkmal unserer Roboter ist, dass sie sehr kompakt aufgebaut sind und den freien Raum unter den Zügen und zwischen den Schienen nutzen. Dadurch sind sie unabhängig vom laufenden Bahnbetrieb. Einfach ausgedrückt: Die Roboter können sich entlang der Gleise bewegen und Messungen und Wartungsarbeiten durchführen, während die Züge darüber weiterfahren.

Damit lösen wir eine der größten Herausforderungen der Bahnbranche: Die Maximierung der Streckenverfügbarkeit. Der Güter- und Personenverkehr auf der Schiene wird zukünftig deutlich zunehmen. Das Streckennetz wächst jedoch nicht proportional mit und wir sind bereits jetzt an der Kapazitätsgrenze. Es wird in der Zukunft kaum Zeitfenster für Instandhaltungsprozesse geben. Die Sperrung einer Strecke – beispielsweise für Inspektionen – wird noch kostbarer. Mit unseren Robotern wird die Anzahl erforderlicher Streckensperrungen deutlich reduziert.

Servail inspiziert ganze Streckennetze

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Max Steger: Den Ansatz eines fahrenden Roboters unter den Zügen, der unabhängig vom Bahnbetrieb ist, gibt es auf dem Markt bislang nicht. Es gibt mehrere Startups, die sich dem Thema Sensorik im Bahnumfeld widmen, unsere Value Proposition ist jedoch einzigartig. Im Vergleich zu stationären Sensorsystemen inspizieren wir nicht punktuell, sondern ganze Streckennetze. Zudem bietet unsere Roboterplattform die Möglichkeit, Werkzeuge zu integrieren und direkt Wartungsarbeiten durchzuführen.

Mit unserem ersten Produkt entwickeln wir eine Lösung, die sehr maßgeschneidert ist für die Anforderungen im Bahnbereich und ein branchenspezifisches Problem löst. Unser Ausgangspunkt war ein reelles Kundenproblem und nicht die Adaption einer neuen Technologie auf eine Branche.

Die Servail-Gründer Christian Ganghofer (CTO) und Dr.-Ing. Max Steger (CEO). © Servail

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Max Steger: Christian [Ganghofer] und ich [Max Steger] kennen uns bereits seit der Schulzeit und sind seitdem befreundet. Wir sind nach der Schule unterschiedliche Wege gegangen und haben in verschiedenen Städten studiert. Christian ist Maschinenbauer und hat in verschiedenen Unternehmen in der Entwicklung von Sondermaschinen gearbeitet. Ich bringe durch meine Promotion im Bauingenieurwesen und meiner Tätigkeit bei einem Zulieferer für Bahntechnik Branchenwissen mit. Wir haben im vergangenen Sommer begonnen, uns mit den großen Herausforderungen der Bahnbranche zu beschäftigen und wie man diese technisch am besten lösen könnte. Dass die Robotik auch in diesem Bereich Einzug finden wird, lässt sich nicht aufhalten. Wir wollen diese Entwicklung als Pioniere antreiben. Danach haben wir unseren Mut genommen und gegründet. Ab dann ging alles schnell.

„Die Bahnindustrie ist sehr fokussiert auf Sicherheit und Zuverlässigkeit“

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Max Steger: Mit dem Bahnmarkt bewegen wir uns in einem traditionell konservativen Marktumfeld. Die Bahnindustrie ist sehr fokussiert auf Sicherheit und Zuverlässigkeit, woraus eine ausgeprägte Regulierung resultiert. Für die Themen Sicherheit und Zuverlässigkeit ist die Regulierung wichtig, Innovationen werden dagegen mitunter erschwert. Die Wege zur Marktverfügbarkeit sind länger als in manch anderen Branchen. Wir meistern diese Herausforderung, in dem wir ein sehr akutes Kundenproblem adressieren und mit Kunden bereits in der Entwicklung eng zusammenarbeiten. Dadurch wird der Weg zur Marktverfügbarkeit stark vereinfacht.

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Max Steger: In einem Jahr möchten wir mit einer Teil-automatisierung von Instandhaltungsprozessen bereits einen Mehrwert für die Kunden bieten. In fünf Jahren sind unsere Roboter ein wichtiger Bestandteil der Instandhaltungsstrategien unserer Kunden.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Max Steger: München ist sicherlich in vielerlei Hinsicht ein idealer Standort für Tech-Startups. Es gibt ein sehr gut entwickeltes Eco-System mit einem starken Netzwerk zur Industrie und Wissenschaft. Von den Münchner Unis kommen viele sehr gut ausgebildete Absolventen in den Arbeitsmarkt und helfen Startups gerade in den frühen Phasen weiter. Gleichzeitig muss man aber auch sagen, dass die Konkurrenz am Arbeitsmarkt durch die großen Tech-Unternehmen sehr groß ist. Mit den tendenziell höheren Einstiegsgehältern der Industrie kann ein frühphasiges Startup in der Regel nicht mithalten. Die Gehaltsfrage ist aber natürlich in einer Stadt wie München besonders wichtig, da die Lebenshaltungskosten hoch sind.

Munich Startup: Hidden Champion oder Shooting Star?

Max Steger: Für uns persönlich ist die Sichtbarkeit von Servail kein entscheidendes Erfolgskriterium. Gleichwohl muss man zugeben, dass sie doch bei vielen Dingen hilfreich ist.

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Maximilian Feigl

Maximilian Feigl berichtet seit 2020 über das Münchner Startup Ökosystem. Dabei haben es dem studierten Politikwissenschaftler vor allem Deeptech-Themen angetan.

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