Das Twip-Team (von links): Heiko Deppler, Michael Adersberger, Katrin Kallweit, Nicolas Olberg und Bernd Schlüter.
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Twip: „Startups profitieren von unserem Schatz an Entwicklern“

Ein neuer Investor für das Münchner Ökosystem: Twip ist offiziell seit Dezember 2021 aktiv. Hinter den Kulissen arbeiten die Macher dahinter schon länger mit Startups zusammen. Was Twip der Szene zu bieten hat, wonach das Venture Studio selbst sucht und welche Tipps es für Startups hat, haben uns die Venture Developer Michael Adersberger und Nicolas Olberg im Interview erzählt.

Der promovierte Physiker Michael Adersberger wechselte vom CERN zum Münchner Software-Unternehmen QAware, wo er nicht nur selbst Software Engineering lernte, sondern auch Erfahrungen im Corporate-Venture- und Startup-Umfeld sammeln konnte. Nicolas Olberg verfügt über langjährige Erfahrungen im IT-Bereich. Beim IT-Dienstleister MaibornWolff ist er seit über sieben Jahren tätig, zunächst in der Software-Entwicklung, später in der Zusammenarbeit mit Startups. Twip ist ein Gemeinschaftsprojekt der beiden Software-Häuser QAware und MaibornWolff.

Munich Startup: Stellt Twip bitte kurz vor!

Michael Adersberger: Unsere beiden Mutterunternehmen kommen aus dem Projektgeschäft für große Firmen bis hin zu Dax-Konzerne. Für unsere Unternehmen ist es aber zunehmend wichtiger, sinnstiftende und innovative Ideen für unsere Mitarbeitenden zu generieren. Twip wurde gegründet, um an tollen und innovativen Themen mitzuwirken, die wir bei den Startups sehen. Twip ist aus Überzeugung geboren.

Und warum glauben wir, dass wir Startups unterstützen können? Wir greifen auf nahezu 900 Software-Entwickler und Entwicklerinnen zu, die alle technologischen Bereiche abdecken: von UI, UX, Backend, Cloud-Themen, Dev-Ops, AI, you name it. Mit diesem großen Schatz an Engineers und unserer Erfahrung können wir Startups zielgerichtet unterstützen. Zum Beispiel indem wir in einer frühen Phase über die Architektur schauen und Tipps geben. Oder indem wir in einer späteren Phase ein komplettes Entwickler-Team stellen. Außerdem unterstützen wir die Startups beim Recruiting.

„Unsere Unterstützung ist wie eine Waage“

Unsere Unterstützung ist wie eine Waage: Wir bauen auf, damit wir die Geschwindigkeit bekommen, nehmen uns dann aber in dem Maße zurück, wie das interne Team wächst. Am Ende geben wir dann die Verantwortung an das interne Team ab und gehen wieder raus. So geben wir den Startups einen richtigen Boost.

Munich Startup: Ihr bietet Startups „Engineering-for-Equity“. Was genau muss man sich darunter vorstellen?

Nicolas Olberg: Engineering-for-Equity (Software Engineering wird in Anteilen bezahlt) ist eine Option, die wir sehen, um mit Startups zusammenzuarbeiten. Wir wissen natürlich, dass es für ein Startup nicht immer leicht ist, die üblichen Tagessätze für IT-Dienstleistungen, Recruiting-Support und Ähnliches auszugeben. Da macht es viel mehr Sinn, ein Zusammenarbeitsmodell zu finden, in dem man das Risiko teilt. Engineering for Equity ist eine Variante für uns, einem Startup diesen Boost mit unseren Software-Entwicklern zu geben.

Wir streben nicht an, immer einen solchen Deal abzuschließen. Wir beobachten, dass die Ausgangssituation bei den Startups sehr unterschiedlich ist. Von daher können auch andere Risiko- und Zusammenarbeitsmodelle wie beispielsweise Convertible Loans sinnvoll sein.

Wie andere Investoren Twip wahrnehmen

Munich Startup: Wie ist euer Verhältnis zu anderen Investoren?

Michael Adersberger: Wir sind gerade in sehr vielen Gesprächen, in denen wir versuchen, Vertrauen bei potentiellen Co-Investoren aufzubauen. Wir schaffen bei den Investoren die Awareness, dass wir Startups gerade in frühen Phasen einen Vorteil für ihre Entwicklung geben. Ein weiterer wichtiger Punkt für das Verhältnis zu Investoren ist, dass wir in frühen Phasen nicht zu viele Anteile übernehmen können, um das Startup attraktiv für Folge-Investments zu halten. Das limitiert mittelbar den Aufwand, den wir in einzelne Startups stecken können. Wir planen daher momentan mit einer Ticketsize von 200k€ bis 300k€.

Nicolas Olberg: Das Feedback der Investoren ist heterogen: Teilweise ist man skeptisch, weil Kompetenzen von außen nicht zu früh im Startup ergänzt werden sollen. Auf der anderen Seite gibt es aber genauso VCs, denen sofort mehrere Cases einfallen, die kurzfristig unsere Unterstützung benötigen könnten, um das Startup noch schneller auf die richtige Linie zu bringen und damit das Erfolgspotenzial deutlich zu steigern.

„Wir haben uns das Thema ,Positive Impact’ auf die Fahnen geschrieben“

Munich Startup: Ihr hattet bereits gesagt, dass ihr auf der Suche nach Startups seid, die euch brauchen und euren Entwicklern spannenden Projekte bieten. Worauf achtet ihr noch?

Michael Adersberger: Wir haben uns das Thema “Positive Impact” auf die Fahnen geschrieben, weil wir glauben, dass es das zentrale Thema unserer Generation ist. Die konkreten Probleme kommen schon jetzt auf uns zu, wie zum Beispiel Klimawandel oder Überbevölkerung. Das sieht man auch an dem Virus, das uns schon viel zu lange begleitet. Wir sehen es als unsere Pflicht, an diesen Herausforderungen aktiv mitzuwirken, um sie zu lösen.

Munich Startup: Arbeitet ihr dabei mit den Definitionen aus den Sustainable Development Goals der UN?

Nicolas Olberg: Wir haben überlegt, ob es für uns drei oder vier dieser Sustainable Development Goals gibt, die für uns eine besondere Rolle spielen. Aber das fiel uns gar nicht so leicht, weil jedes dieser Ziele für sich eine hohe Relevanz hat und wir keines der Themen bewusst ausgrenzen wollen. Aber es gibt Themen – wie Gesundheit, Bildung, Ressourcenschonung, Energie und CO2-Reduktion – bei denen wir der Überzeugung sind, einen besonderen Mehrwert liefern zu können. Was für uns klar ist: Zahlt ein Startup auf keines der 17 Ziele ein, dann ist eine Beteiligung für uns ein No-Go.

Vom ersten Kennenlernen in die finalen Verhandlungen

Munich Startup: Wie laufen eure Investments ab?

Michael Adersberger: Bei uns geht es los mit einem Kennenlernen, in dem wir uns eine halbe Stunde Zeit nehmen, um mit den GründerInnen zu sprechen und ihre Idee zu verstehen. Dann geht es weiter mit einem Pitch vor dem Twip-Team. Wir haben dazu einen dedizierten Fragenkatalog entwickelt, der alle Bereiche scannt. Der nächste Schritt ist eine detaillierte Analyse, bei der wir tief in die technischen und marktwirtschaftlichen Lösungen eintauchen. Wir tauschen uns dazu auch mit Branchen-Experten und -Expertinnen aus. Anschließend kommt es zum entscheidenden zweiten Pitch-Event. Hier fällt die finale Entscheidung: Investieren wir? Dann geht es in die finalen Verhandlungen. Oft wird es davor schon kleinere Kennenlern-Projekte geben, wo wir unseren Mehrwert herausstellen können.

Munich Startup: Mit welchen Startups habt ihr denn schon zusammengearbeitet?

Michael Adersberger: Wir haben nicht auf einer komplett grünen Wiese angefangen, sondern sind in der Zusammenarbeit mit Startups bereits als MaibornWolff und QAware aktiv gewesen. Von seiten QAware wäre da zum Beispiel die Allianz-Gründung Syncier zu nennen. Ein anderes Beispiel ist die Online-Event-Plattform Magnid, die QAware in einem halben Jahr vom WordPress-Prototypen auf eine skalierbare Cloud-Lösung mit 250.000 Nutzern gehoben hat.

Nicolas Olberg: Mit MaibornWolff haben wir unter anderem sehr erfolgreich mit Green City Solutions aus Berlin zusammengearbeitet. Dabei haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht, was den Aufbau des Entwicklungsteams des Startups angeht – neben dem gemeinsamen Ausbau der technischen Lösung.

Twip empfiehlt Coopetition – auch aus eigener Erfahrung

Munich Startup: Ihr habt ja bereits ausgeführt, dass Twip von zwei Unternehmen gegründet wurde, die eigentlich auch miteinander konkurrieren. Gibt es Learnings aus diesem Prozess, die ihr an Startups weitergeben könnt?

Nicolas Olberg: Natürlich sind MaibornWolff und QAware irgendwie Konkurrenten. Trotzdem haben wir seit langer Zeit ein sehr freundschaftliches, enges Verhältnis und tauschen uns zu den unterschiedlichsten Themen unternehmensübergreifend aus. Mit Twip haben wir noch einmal gemerkt, dass wir zusammen viel stärker sind. Und genau das würde ich auch Startups mitgeben. Versucht, partnerschaftlich zu denken und dort, wo es sinnvoll ist, voneinander zu lernen und gemeinsam einen höheren Wirkungsgrad zu erzielen – Coopetition zu leben und gemeinsam eine besser Antwort zu haben als allein.

Startups brauchen Leidenschaft, Commitment und Selbstdisziplin

Munich Startup: Um erfolgreich zu sein, muss ein Startup…

Nicolas Olberg: Leidenschaft und Commitment mitbringen. Ein Startup überzeugt mich immer besonders, wenn das Team für seine Lösung brennt und ich merke, dass es eine überzeugende Geschichte erzählen kann, warum es genau dieses Problem zu lösen gilt.

Michael Adersberger: Wirklich einen Kundenfokus haben. Was mir immer am meisten Sorgen macht, ist, wenn GründerInnen mit Tunnelblick ihre Ideen verfolgen und über Features nachdenken, aber dann aus den Augen verlieren, für wen sie das Produkt bauen. Natürlich braucht man Ideen, aber man darf nicht jedem Einfall nachgeben, sondern muss validieren, was der Kunde braucht. Dafür muss man eine totale Selbstdisziplin aufbringen. Wirklich gute Startups schaffen das.

Munich Startup: Wie habt ihr bisher die Münchner Startup-Szene erlebt?

Michael Adersberger: Gestartet sind wir mitten in der pandemischen Zeit, in der man niemanden wirklich treffen konnte. Mir fehlt dieser direkte Kontakt, vor allem wenn es darum geht, festzustellen, ob es auf einer zwischenmenschlichen Ebene funktionieren kann – was ja notwendig ist, wenn du zusammenarbeiten und investieren willst. Aber es gab auch virtuelle Events, die uns beeindruckt haben. Exemplarisch hervorgehoben etwa der UnternehmerTUM Demo Day, der im Dezember stattgefunden hat. Der war grandios und hat wirklich gut funktioniert.

„Die Münchner-Startup-Szene ist immer wirklich herzlich mit uns umgegangen“

Dabei ist die Münchner- oder auch generell die Startup-Szene in Deutschland immer wirklich herzlich mit uns umgegangen, hat uns immer wieder Kontakte zu ausgezeichneten Leuten vermittelt, die uns geholfen haben, unsere Ideen zu schärfen.

Munich Startup: An wen können sich interessierte Startups bei euch wenden?

Nicolas Olberg: Am allereinfachsten über unsere Website twip.de, via LinkedIn oder direkt per E-Mail (michi@twip.de oder nic@twip.de) einfach bei uns melden. Wir freuen uns auf euch!