Der Startup-Milliardär Elon Musk mit Flammenwerfer.

Diese 5 Punkte unterscheiden ein Startup von anderen Unternehmen

Was unterscheidet ein Startup-Unternehmen von einer anderen Unternehmensgründung? Die Frage klingt banal, doch die Abgrenzung von Startups und anderen Firmen ist gar nicht so einfach. Wir zeigen die fünf wichtigsten Unterschiede.

Startup bedeutet vieles: Die Nachfolger eines Familienbetriebs gründen für die Entwicklung neuer Produkte ein „Startup“ aus. Das „Food-Startup“ an der Ecke verkauft die neuesten Instagram-Kreationen. Konzerne werben in Stellenanzeigen mit ihrer „Startup-Kultur“.

Der Startup-Begriff verspricht neue spannende Produkte, eine freundschaftliche Arbeitsatmosphäre, Tempo und Flexibilität. Der Münchner Soziologe Armin Nassehi meinte einmal:

„Startup bedeutet, dass man […] zu einer neuen Gesellschaftsschicht gehört, nämlich zu den Kreativen, das heißt zu denjenigen, die schon per Habitus eigentlich ablehnen, was sie genau tun, nämlich ein Geschäftsmodell zu entwickeln.“

Sind Startup-Gründer also Unternehmer im Gewand von Kreativen? Im engeren Sinne meint „Startup“ noch etwas anderes und sehr Spezifisches. So richten sich die Corona-Hilfen für Startups eben nur an einen ganz bestimmten Unternehmenstypus. Wenn wir von der „Startup-Nation Israel“ sprechen meinen wir nicht die unzähligen fantastischen Fusion-Restaurants in Tel Aviv, sondern vor allem die vielen jungen Software- und Hightech-Unternehmen im Land. Und auch Munich Startup berichtet vor allem über Startup-Unternehmen in einem ganz bestimmten Sinne.

Startup oder Start-up?

Zunächst einmal zum Begriff: Der Duden führt nur die Schreibweise „Start-up“. In den vergangenen Jahren hat sich jedoch eher „Startup“ durchgesetzt. „Start-up“ soll vermutlich die Herkunft vom englischen „to start up“ betonen. Auch im Englischen ist jedoch häufiger „startup (company)“ als „start-up (company)“ zu lesen, etwa im zugehörigen Wikipedia-Artikel.

Eine Suche im Google Books Ngram Viewer zeigt, wie häufig „Startup“ und „Start-up“ in deutschsprachigen Büchern verwendet wurde. Im Jahr 2006 konnte „Startup“ erstmals „Start-up“ überholen. 2013 bis 2015 hatte „Start-up“ kurzfristig die Nase vorne, musste die Führung dann aber endgültig abgeben.

Startup oder Start-up?

Diese 5 Punkte unterscheiden ein Startup von anderen Unternehmen:

1. Forever Young

Zunächst einmal das Aller-offensichtlichste: Startups haben etwas Jugendliches an sich. Nicht nur im Klischeebild tragen Startup-Gründer Kapuzenpulli statt Anzug und sind eher 30 als 50 Jahre alt. Auch die Startup-Ikone Elon Musk gibt sich betont jugendlich, raucht während eines Interviews Gras, verkauft und spielt mit Flammenwerfern und streitet auf Twitter mit der halben Welt. Der 49-Jährige wirkt bisweilen wie eine Mischung aus College-Student, Bond-Bösewicht und Rockstar, aber sicher nicht wie ein Mann mittleren Alters.

2. Lean und Agil

Früher war der Weg vom (Geschäfts-)Kundenwunsch zum fertigen Produkt relativ klar: Auf Kundenseite besteht der Bedarf nach einem Produkt oder einer Dienstleistung. Der Kunde schreibt im Lastenheft nieder, was er braucht, und sucht sich einen Dienstleister, der das gewünschte Produkt möglichst günstig liefern kann.

Doch es bestehen einige Probleme dabei: Während des Entwicklungsprozesses können sich die Anforderungen verändern und das fertige Produkt wird gar nicht mehr benötigt. Oder der Kunde weiß gar nicht genau, welche Lösungen es überhaupt geben kann. Oder es stellt sich nach Jahren Entwicklungszeit heraus, dass das Budget hinten und vorne nicht reicht und die Entwicklung viel länger dauern wird als geplant. Oder, oder, oder…

Startups haben einige Methoden und Arbeitsweisen, um diesen Schwierigkeiten im Entwicklungsprozess zu begegnen und die sie von anderen Unternehmenstypen unterscheiden. Zum einen ist da das Modell ‚Lean Startup‘. Ziel dieses Prinzips ist es, die Prozesse von Unternehmen so stark zu verschlanken wie nur möglich und alles Handeln auf das eigentliche Ziel zu fokussieren: die Entwicklung eines Produkts, für das ein Markt besteht. Statt aufwändiger Überlegungen und Tests werden Hypothesen so schnell und günstig wie möglich am Markt getestet. Das Team baut mit minimalem Aufwand einen eben so funktionierenden Prototypen, das MVP oder Minimum Viable Product. In möglichst kurzen Zyklen wird dieser Prototyp überarbeitet und immer wieder am Kunden getestet. Sollte sich herausstellen, dass ein Produkt keinen ausreichenden Markt findet, gibt es keine Sentimentalität, sondern das Produkt wird verändert, weiterverkauft oder eingestellt – Hauptsache keine weiteren Ressourcen verschwenden. Fail fast.

In eine ähnliche Richtung geht das Agile Arbeiten: Die Produktentwicklung wird hier ins Zentrum eines dynamischen Prozesses gerückt. In kurzen Iterationsschleifen reflektiert das Team ständig die eigene Arbeit. Es bestehen auch sonst noch einige Unterschiede zu klassischer Produktentwicklung: Die agile Methode Scrum lehnt beispielsweise Hierarchien im Entwicklungsprozess ab. Stattdessen arbeiten gleichberechtigte Entwickler zusammen mit einem Product Owner, der die Kundenwünsche vertritt, und einem Scrum Master, der für die Einhaltung des Prozesses sorgt. Die beiden Agile-Experten Christian Kroemer und Tobias Hingerl haben vor einiger Zeit in einem Interview mit Munich Startup mehr zum Agilen Arbeiten und Scrum erzählt.

3. Austausch statt Hinterzimmer

Sowohl nach Innen als auch nach Außen legen Startups Wert auf Offenheit, Zusammenarbeit und Austausch. Startup-Gründer sind es gewohnt, unablässig über ihr Unternehmen und ihre Produkte zu sprechen: Beim Pitch vor Investoren, beim Gründerwettbewerb, bei Netzwerkveranstaltungen. Während klassische Gründer an ihren Produkten feilen oder sogar Angst haben, ein Mitbewerber könnte ihre Idee stehlen, suchen Startup-Gründer den ständigen Austausch, denn sie wissen: Die Idee ist nichts, die Ausführung ist alles. Da nimmt man lieber gute Kontakte und die öffentliche Sichtbarkeit bei potenziellen Mitarbeitern und Kunden mit als sich im Hinterzimmer zu verstecken. Selbst die Chefs von Unicorn-Unternehmen wie Flixbus oder Celonis traf man – als vor Corona Veranstaltungen noch stattfinden konnten – ständig auf den Bühnen von kleinen und großen Veranstaltungen an.

4. Wandel als Dauerzustand

Während sich klassische Unternehmen mit Wandel und Change Management zumeist schwer tun, haben Startups den ständigen Wandel zum Prinzip erhoben. Es ist ein üblicher Vorgang im Lean-Startup-Modell, nicht funktionierende Produkte über Bord zu werfen oder einen Pivot zu vollziehen, also einen radikalen Wechsel des Geschäftsmodells. Und auch ehemalige Startups, die zu Riesen herangewachsen sind, wandeln sich unaufhörlich: Zalando entwickelt sich, wie zuvor schon Amazon, vom Verkäufer zum Plattformanbieter, Google betreibt nur noch am Rande die weltweit erfolgreichste Suchmaschine. An der Art, wie junge Unternehmen wie Tesla in den vergangenen Jahren die Branchengrößen vor sich hertrieben, lässt sich sehen, wie effektiv und flexibel Startups mit Veränderung umgehen können – und klassische Unternehmen nicht.

5. Wachstum statt Gewinn

Von Vertretern der Old Economy hört man immer wieder den Vorwurf, Startups würden doch nur das Geld anderer Leute verbrennen und keine Werte schaffen. Und der Vorwurf stimmt ja oft: Startup-Unternehmen wollen in den ersten Phasen gar kein Geld verdienen, sondern so schnell wie nur irgendwie möglich wachsen. Da Startup-Gründer wissen, dass Ideen nur wenig wert sind und nur die Ausführung zählt (siehe Punkt 3), muss man eben schneller und besser als die anderen sein. Dies gilt besonders für Geschäftsmodelle, die auf den Netzwerkeffekt setzen: hier steigt der Nutzen eines Produkts mit der Zahl der Anwender. Dies gilt beispielsweise für soziale Netzwerke, Marktplatzportale und vieles mehr. Wer zuerst groß ist, gewinnt den ganzen Kuchen, oder anders: Man sollte jetzt kein neues Airbnb, Ebay Kleinanzeigen oder Facebook starten.

Hinter dem Wachstumsprimat steht auch ein kultureller Wandel: Für die „ehrbaren Kaufleuten“ von früher zählte ein tadelloser Leumund. Der Gründer zahlt seine Schulden, wirtschaftet solide und übernimmt sich nicht. Der Startup-Gründer sammelt dagegen Geld von Investoren ein, die einen möglichen Totalverlust in ihre Kalkulation fest einplanen. Was auch immer man moralisch davon halten mag – ein Blick auf die erfolgreichsten Unternehmen der vergangenen Jahrzehnte zeigt, dass dieses Modell überwältigend erfolgreich ist.