Foto: Nastuh Abootalebi / Unsplash

Spaces for Scaleups: So können wachsende Startups passende Büroflächen finden

Das Münchner Startup-Ökosystem bietet jungen Unternehmen viele Vorteile wie die Nähe zu Universitäten und Corporates, hat aber auch einen gewichtigen Nachteil: einen angespannten Immobilienmarkt. Vor diesem Hintergrund hat die Stadt München unter der Federführung des Referats für Arbeit und Wirtschaft (RAW) das Programm 'Spaces for Scaleups' ins Leben gerufen. Was genau mit dem Programm erreicht werden soll und wie junge Unternehmen davon profitieren können, erfahren wir von Alexander Schmidbauer, Gründungs- und Startup-Berater im Referat für Arbeit und Wirtschaft und Projektleiter für Spaces for Scaleups.

Munich Startup: Was genau ist das Ziel dieses Programms?

Unser Interviewpartner: Alexander Schmidbauer, Gründungs- und Startup-Berater, Projektleiter „Spaces for Scaleups“, Referat für Arbeit und Wirtschaft (Foto: Alexander Schmidbauer, RAW)

Alexander Schmidbauer: Bei allen Vorteilen, die München als Startup-Standort bietet, sind und bleiben bezahlbare Flächen leider Mangelware. Dies wird auch in Studien immer wieder deutlich. So bewerteten im DSM 2020/2021 drei Viertel der befragten Startups den Punkt „bezahlbarer Büroraum“ in München mit „schlecht/sehr schlecht“, im Bundesschnitt waren es dagegen nur 35,9 Prozent.

Auch unsere Ende 2021 durchgeführte RAW-Umfrage unter Münchner Startups kam zu einem ähnlichen Ergebnis: Als größte Schwierigkeiten bei der Flächensuche wurden die Kriterien „angemessener Preis“ mit 90,6 Prozent, „Mangel an geeigneten Flächen“ mit 78,8 Prozent, „geeignete Lage“ 73,8 Prozent, „Mangel an verfügbaren Flächen“ und „Aufwand“ je 72,6 Prozent genannt. Auch die am Markt üblichen langfristigen Mietverträge sowie die mangelnde Flexibilität zum Beispiel bei der Flächengröße wird häufig bemängelt.

Mit dem kuratierten Netzwerk privater Flächenanbieter – also Spaces for Scaleups – möchten wir als städtische Wirtschaftsförderung daher durch eine effektive Vernetzung von Startups und Scaleups mit privaten Flächenanbietern einen möglichst nahtlosen Übergang in passende und erschwingliche Anschlussflächen ermöglichen. Durch verkürzte Suchprozesse und direkte Vermittlung sparen Startups wertvolle Zeit und Kosten, gleichzeitig wird ein häufig dringend erforderlicher Umzug in größere Flächen erleichtert.

„Im Bereich der zunehmenden Flächenbedarfe ab 200 bis 300 Quadratmeter besteht eine starke Nachfrage“

Dafür arbeiten wir mit geeigneten und zuverlässigen Partnern der Münchner Immobilienwirtschaft zusammen, die das Münchner Startup-Ökosystem mit attraktiven Flächenangeboten, zeitlich befristeten Preisnachlässen sowie weiteren Services für innovative Startups beziehungsweise Jungunternehmen unterstützen und somit einen Beitrag zu einem nachhaltig erfolgreichen Gründer- und Wirtschaftsstandort leisten.

Munich Startup: Warum richtet sich das Programm explizit an stark wachsende Startups, sogenannte Scaleups? Fällt es Unternehmen in dieser Wachstumsphase besonders schwer, in München passende Flächen zu finden?

Alexander Schmidbauer: Ja, die Flächensuche gestaltet sich tatsächlich gerade in dieser oftmals entscheidenden Wachstumsphase der Startups nicht einfach. Im Bereich der zunehmenden Flächenbedarfe ab 200 bis 300 Quadratmeter besteht eine starke Nachfrage, die am Markt bisher aber nur unzureichend befriedigt werden kann – das melden uns die Startup-Szene, die Gründerzentren wie MTZ und Werk1 sowie die Münchner Immobilienwirtschaft immer wieder übereinstimmend zurück. Die wenigen vorhandenen Angebote auf dem Markt sind für Startups beziehungsweise Scaleups oftmals nicht attraktiv – hohe Preise, der Suchaufwand sowie hohe Vermittlungskosten für beispielsweise Makler wirken abschreckend. Zudem geht es gerade für diese Zielgruppe in einem viel stärkeren Ausmaß als für „klassische“ Büromieter um das passende Umfeld wie Lage, Anbindung, Flair, Cafés, flexible Konditionen und den Community-Aspekt wie Begegnungsflächen, andere Startups oder Vernetzung.

Programm offen für alle wachsenden Startups und Scaleups

Munich Startup: Müssen Scaleups bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um an dem Programm teilnehmen zu können?

Alexander Schmidbauer: Nein, das Angebot ist offen für alle wachsenden Startups beziehungsweise Scaleups. Letztlich ist es aber natürlich von Vorteil, bereits einen gewissen Proof of Market und eine einigermaßen stabile Finanzierung mitzubringen, denn die Entscheidung zugunsten eines Mieters liegt ausschließlich bei den Anbietern der Flächen als Vermieter.

Wir als Referat für Arbeit und Wirtschaft treten in diesem Projekt lediglich als Vernetzungspartnerin auf und möchten aktiv dazu beitragen, die Flächenanbieter und attraktive Scaleups zusammenzubringen – in beiderseitigem Interesse. Denn die Immobilienentwickler und Vermieter sind zunehmend an attraktiven und vielseitigen Bürostandorten interessiert, zu denen auch eine interessante Mischung aus Corporates und Startups und Scaleups gehört – davon profitieren alle Seiten.

Munich Startup: Wie genau läuft der Prozess der Vermittlung ab? Und wo finden Scaleups aktuelle Angebote?

Alexander Schmidbauer: Eine aktuelle Übersicht über die verfügbaren Angebote finden interessierte Startups und Scaleups jederzeit auf dem Munich Startup Pinboard. Darüber kann der direkte Kontakt mit dem Flächenanbieter hergestellt werden. Zudem sind alle Gründerzentren in München über unsere Angebote informiert und können diese direkt an ihre interessierten Mieter weitergeben.

Sollte bei den Angeboten nichts Passendes dabei sein, können sich die Scaleups im nächsten Schritt gerne an unsere Firmenbetreuung im Referat für Arbeit und Wirtschaft wenden, die bei der Flächensuche aktiv unterstützt. Kontakt kann über firmenbetreuung@muenchen.de aufgenommen werden.

Netzwerk wird stetig erweitert

Munich Startup: Gibt es bereits Erfolgsbeispiele zu vermelden?

Alexander Schmidbauer: Das Programm befindet sich aktuell im Aufbau. Aufgrund der langen Vorlauf- und Bauzeiten von Immobilienprojekten gibt es noch ein relativ begrenztes Volumen von tatsächlich verfügbaren Angeboten – solche Flächen entstehen nicht im Handumdrehen. Das Programm ist bewusst auf die Zukunft gerichtet und will einen heute bekannten Mangel möglichst rasch beheben.

Ein Großteil der Spaces for Scaleups-Flächen wird erst in den kommenden Monaten und Jahren fertiggestellt und dann erst zugänglich sein. Daher gibt es noch keine große Anzahl an erfolgreichen Vermittlungen. Es gibt aber ein großes Interesse von Seiten der Startups. Auch die Immobilienanbieter reagieren sehr positiv auf unsere Initiative, was uns natürlich freut. Wir werden also weiter daran arbeiten, das Netzwerk auszubauen und weiterhin bei den Immobilienanbietern dafür werben, geeignete und attraktive Flächen für unser Programm zur Verfügung zu stellen.

Munich Startup: Viele Unternehmen behalten auch nach Corona ein hybrides Arbeitsmodell bei. Ist die Nachfrage nach Büroräumen trotzdem ungemindert groß oder erfährt der Münchner Immobilienmarkt in diesem Bereich etwas Entspannung?

Der Boom auf dem Münchner Gewerbeimmobilienmarkt wurde im ersten Corona-Jahr 2020 mit einem deutlichen Einbruch der Vermietungen um ein Viertel zwar zunächst beendet, dieser Rückgang war aber nicht – wie vielfach befürchtet – dauerhaft. Die Nachfrage nach Büroflächen steigt seit dem dritten Quartal 2021 wieder deutlich an. Somit ist es bislang lediglich bei einer „Corona-Delle“ geblieben: Im ersten Quartal 2022 stieg der Flächenumsatz um beachtliche 83 Prozent, der aussagekräftigere 10-Jahresschnitt wurde sogar um 4 Prozent getoppt. Auch im zweiten Quartal 2022 hält dieser stabile Trend auf hohem Niveau an, die Leerstandsquote bewegt sich auf einem niedrigen Level von 4,3 Prozent.

Großzügige Arbeitswelten für gesuchte Fachkräfte

Auch wenn hybride Arbeitsmodelle durch die Pandemie wohl endgültig zum „New Normal“ geworden sind, bedeutet das offenbar nicht, dass der Flächenbedarf abnimmt: Arbeitsplätze werden im Büro auch weiterhin benötigt, gerade für die Zusammenarbeit von Teams und für kreative Prozesse. Zudem stehen Unternehmen im Wettbewerb um gut ausgebildete Fachkräfte und möchten diesen modern ausgestattete und großzügige Arbeitswelten anbieten. Auch werden Begegnungsflächen und Zusatzangebote, wie eine attraktive Gastronomie, immer wichtiger, was einen höheren Flächenbedarf auslösen kann.