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Numi Solutions: Firefighting für die Supply Chain

Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie fragil Lieferketten sind. Doch mit der richtigen Planung können Unternehmen auch trotz widriger Umstände noch viel aus ihrer Supply Chain herausholen. Das Münchner Startup Numi Solutions entwickelt genau hierfür eine Lösung. Im Interview erklären die beiden Gründer Stefan Gaubatz und Moritz Krol, was ihre Software alles kann.

Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Ihr?

Numi Solutions: Numi ist eine Supply-Chain-Software, die das kurzfristige Firefighting-Problem in der Supply Chain löst. Das heißt, wenn es externe Disruptionen auf der Demand- oder Supply-Seite gibt, stellt sich die Frage, welche Auswirkungen das auf meine Lieferkette hat. Steigt etwa meine Gefahr, Out of Stock zu gehen, kann ich Kunden-Aufträge nicht liefern oder muss ich Produktions-Aufträge verschieben. Und diese Probleme lösen wir mit Numi, indem wir transaktionelle Daten aus den bestehenden Systemen ziehen und diese mit externen verfügbaren Daten anreichern, also beispielsweise mit CRM-Systemen für ein besseres Marktsignal oder Lieferanten-Daten, um genauere Vorhersagen zu bekommen, wann eine Ware eintrifft.

Diese Kombination ist dann die Basis, auf der Numi tägliche Handlungsempfehlungen ausgibt. Muss ich beispielsweise eine Express Purchase Order erstellen, damit ich Stock Out vermeide, oder muss ich meinen Verkaufspreis erhöhen, damit der Demand etwas abgeschwächt wird? Der Nutzer kann diese Empfehlung dann über unsere Software validieren und direkt in das ERP System zurückspielen.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Numi Solutions: Die meisten Supply Chain Software Anbieter fokussieren sich auf die Erstellung mittelfristiger Pläne, wie Demand- oder Supply-Pläne. Wir hingegen versuchen Entscheidungen in der Supply Chain, die auf täglicher Basis anfallen, durch verknüpfte Daten und Algorithmen zu optimieren und im zweiten Schritt zu automatisieren.

Numi hilft bei der vorausschauenden Planung von Lieferketten

Dafür binden wir auch externe Events in unser Tool ein. Hierzu haben wir beispielsweise ein Salesforce angeschlossen, durch das wir Projekte schon im Voraus identifizieren und Wahrscheinlichkeiten abschätzen können, ob dieses Projekt kommt. Dann lassen sich dafür schon vorab bestimmte Produkte bereitstellen. Ein anderes Beispiel ist die Anbindung an die IoT-Geräte unserer Kunden. So können wir für jede Maschine auslesen, wo sie steht, wie viele Maschinenstunden sie gelaufen ist und so weiter. Das erlaubt es uns, zum Beispiel Wartungen abzusehen und dann proaktiv Vorschläge zu geben, welche Produkte auf Lager gelegt werden müssen. So binden wir Daten aus dem Unternehmen aber auch von extern in das Supply Management ein und erstellen Empfehlungen.

Für den User sieht das dann so aus, dass er von unserem System tagesaktuelle Empfehlungen erhält, sobald er sich einloggt. Zum Beispiel wenn sich zukünftig ein Stock Out einstellt, weil sich die Lieferzeit für ein Produkt drastisch verlängert hat. Oder auch in der Bestandsreduzierung, wenn etwa das ERP-System mit einer Lieferzeit von zwei Monaten rechnet, wir aber davon ausgehen, dass es nur einen Monat dauert. Wir geben dem User dann die Möglichkeit, das zu simulieren und die Ergebnisse in sein ERP-System zurückzuspielen. Damit wird Numi zu einem intelligenten Add-On zu ERP-Systemen, um die Supply Chain zu optimieren – und das Ganze natürlich mit so wenig manuellem Aufwand wie möglich für den Nutzer.

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Numi Solutions: Wir beide haben uns bei der Supply-Chain-Unternehmensberatung Barkawi Management Consultants in München kennengelernt. Da haben wir sechs Jahre lang Supply Chains optimiert und bei gemeinsamen Projekten gesehen, wie der jeweils andere arbeitet. Dabei ist uns aufgefallen, dass die großen Supply-Chain-Technologienbieter nur den mittel- bis langfristigen Planungshorizont abdecken. Aber wenn es darum geht, schneller agile Entscheidungen zu treffen, greifen die Anwender eigentlich immer auf ERP-Transaktionen und Excel zurück. Da haben wir beide gedacht, dafür muss es eigentlich eine smartere Lösung geben.

Fokus auf mittelständische Unternehmen mit geringem Implementierungsaufwand

Was dann noch hinzukam, war, dass diese großen Anbieter für kleinere und mittelständische Unternehmen wirtschaftlich oftmals nicht rentabel, oder ihr Time to Value sehr lange ist. Deswegen wollten wir von Beginn an den Fokus auf geringe Implementierungsaufwände legen und mittelständische Unternehmen adressieren.

Inzwischen arbeiten wir auch mit verschiedenen Unternehmensberatungen zusammen, die sich auf Supply Chain fokussiert haben. Sie profitieren vor allem von den Simulations-Fähigkeiten unserer Software. Das stellt für die Beratungen einen enormen Mehrwert dar.

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Numi Solutions: Unsere größte Herausforderung ist, wie bei den meisten B2B-Unternehmen, der Sales. Gerade wenn es um große Entscheidungen, mit vielen Stakeholdern aus dem Supply Chain Management, geht – das zieht sich meistens. Da haben wir alles erlebt, von einem Demo-Termin, bei dem direkt im Anschluss der Vertrag unterschrieben wurde, bis hin zu einem 3/4 Jahr, das wir gewartet haben, bis letztendlich die Unterschrift kam. Und als gebootstrapptes Startup mussten wir schnell erste Kunden gewinnen, so dass wir Numi aus unseren Umsätzen finanzieren konnten. Mittlerweile sind wir aber glücklicherweise an dem Punkt, wo wir genug Run Rate haben, so dass wir nicht auf externe Finanzierung angewiesen sind. Jetzt haben wir auch wieder ein bisschen mehr Zeit, das Tool nach unseren und den Vorstellungen unserer Kunden weiterzuentwickeln.

„Wir haben eigentlich nur positive Erfahrungen gemacht“

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Numi Solutions: Wir haben gerade unser Software Architektur nochmal umgestellt, sodass wir die Basis für eine weitere Skalierung gelegt haben. Dadurch können wir im kommenden Jahr fokussiert in die Kundenakquise angehen. Außerdem haben wir natürlich viele weitere Ideen für unsere Produktentwicklung. In fünf Jahren wollen wir ein nachhaltiges und profitables Unternehmen aufgebaut haben, in dem unser Team gerne arbeitet.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Numi Solutions: Wir haben eigentlich nur positive Erfahrungen gemacht. Es gibt jede Menge Angebote für junge UnternehmerInnen, junge GründerInnen. Das hat angefangen bei uns mit dem Exist-Gründerstipendium, das über die TU München gelaufen ist. Das hat uns am Anfang jede Menge Sicherheiten gegeben, auch das Produkt zu entwickeln, das wir entwickeln wollten. Dann waren wir in den TUM Venture Labs für Software und AI und auch hier war der Support vor allem durch Antoine Leboyer sehr gut, wodurch wir sofort an die richtigen Kontakte für uns kommen. Auch der SAP Accelerator SAP.iO hat uns, vor allem auf der Produktseite, nochmal guten Input geliefert. Und jetzt sind wir im Werk1.

„Das Ökosystem hier ist großartig“

Das Ökosystem hier im Allgemeinen ist großartig. Gefühlt kennt jeder jeden und man kann sich gut vernetzen. Oder man trifft sich auf dem Gang oder auf einen Kaffee. Es geht wahnsinnig schnell, hier an die Leute zu kommen, die einem weiterhelfen können, und man kann sich schnell mit ihnen austauschen. Das macht Spaß und dementsprechend sind wir froh, dass wir mit unserem Büro hier im Werk1 gelandet sind.

Munich Startup: Outsourcen oder selber machen?

Numi Solutions: Administrative Aufgaben, wie Lohnabrechnungen und Buchhaltung, sourcen wir aus. Aufgaben wie Produktentwicklung, Sales und Marketing oder die Kundenkommunikation machen wir natürlich selbst. So können wir uns auf die Aufgaben konzentrieren, die uns dann voranbringen, und das machen, was wir können, nämlich Supply Chains optimieren. Und damit fahren wir bisher ganz gut.